Das Airship ist eine Kunstinstallation mit Pflanzen und Bänken, die nun
die SPÖ auf den Plan gerufen hat. – (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Wien. Die » Klimaerwärmung
ist das dominierende politische Thema in diesem Sommer – wenige Wochen
vor der kommenden Nationalratswahl. Und das sorgt für eine spannende
Situation in der rot-grünen Wiener Stadtregierung. Nicht nur im
anlaufenden Nationalratswahlkampf, sondern (vor allem) für die Wien-Wahl
im nächsten Jahr. Die zentrale Frage: Wer kann Klima- und Umweltschutz
besser? Und wer kann sich (für die Wahlen) damit besser vermarkten?
Rot-grüner Öko-Wettkampf
In der öffentlichen Wahrnehmung würden die meisten Menschen
naturgemäß den Grünen hier den Vorzug geben. Die SPÖ verweist in diesem
Wettstreit allerdings gern darauf, dass sie mit der
Ex-Global-2000-Aktivistin Ulli Sima die Wiener Umweltstadträtin stellt.
Also klimaschützende Maßnahmen (Klimaschutzprogramm KliP) seit etlichen
Jahren umsetzt. Die Grünen dagegen pochen darauf, dass sie sowieso öko
und seit jeher Umweltschützer sind.
In diesem rot-grünen
Öko-Wettkampf forciert SPÖ-Klubobmann Josef Taucher das Klima-Thema.
„Die große Frage in der Klimapolitik ist die Frage der Solidarität.“
Denn beispielsweise würden Bewohner eines Gemeindebaus nicht so viel
Geld haben wie reiche Menschen, und könnten sich daher weniger vor den
Folgen des Klimawandels schützen, so Taucher. Deshalb möchte er, dass
sogenannte Airships in den Gemeindebauten landen.
Airship ist
eine Kunstinstallation, die derzeit im Wiener Museumsquartier zu
bewundern ist. In einem Zelt wurde eine dichte Jungwald-Vegetation
aufgebaut, die durch eine Sprüh- und Vernebeltechnik ergänzt wird. Eine
Holzbank lädt dabei zum Verweilen ein. Mit dieser Installation können
Besucher an heißen Tagen in diesem Zelt Abkühlung finden und
gleichzeitig ein Waldgefühl genießen. „Das Airship stellt einen mobilen
Prototypen eines Klima- und Atemraums für Städte zur Reduktion des
Urban-Heat-Island-Effekts dar“, so wird das Projekt vom MQ auf dessen
Internetseite beschrieben.
Taucher kann sich vorstellen, diese
biologischen Abkühlzelte in den Gemeindebauten unter dem Titel
„Tröpferlbad 2.0“ aufstellen zu lassen. Als Tröpferlbad wurden früher
städtische Brausebäder bezeichnet, die ab 1910 in Wien entstanden. Für
die Arbeiter waren diese Volksbäder jahrzehntelang die einzige
Möglichkeit zur gründlichen Körperreinigung. „Das Airship kann man als
Weiterentwicklung der Wärmestuben sehen, die wir nach dem Krieg
brauchten, um Menschen ohne Heizung zu versorgen“, so Taucher. Heute
brauche es als soziale Maßnahme nun „Abkühlstuben“, also Orte, an denen
sich Menschen ohne Klimaanlage von der Hitze erholen könnten.
Wo landet das Airship?
Derzeit geht es für Taucher um grundsätzliche Überlegungen. Details
zu Anzahl der Zelte, Kosten und Aufstellungsorten gibt es noch nicht.
Aber man müsse gegen die Auswirkungen der Klimakrise auch ungewöhnliche
Wege gehen, meint dazu der SPÖ-Klubchef. Denn die Zelte, in denen die
Bewohner sich abkühlen können, hätten auch eine soziale Funktion. Man
käme dort ins Gespräch, erklärt Taucher.
Dass nun der rote Klub
plötzlich voll in die Klimadiskussion einsteigt, hat einen logischen
Grund: Die SPÖ will sich ökologisch breiter aufstellen – für die
Nationalratswahl und die Wien-Wahl 2020. Dafür will Taucher, der von
Hainburg politisiert wurde, stehen. Er war 2001, am Anfang seiner
politischen Karriere, auch im Umweltausschuss einer Bezirksvertretung
tätig, jahrelang bei der Lokalen Agenda 21 aktiv und im Bundesrat und
(später) im Gemeinderat im Umweltausschuss. Nebenbei hat er für das
Umweltministerium einst die Österreichische Nachhaltigkeitsstrategie mit
Bund und Ländern koordiniert.
Die SPÖ will nun aktiv in grünen
Revieren wildern. Was die Sache spannend macht: Grünen-Chefin Birgit
Hebein hat im Gegenzug angekündigt, den Klimaschutz mit der sozialen
Frage zu verbinden. Und damit aktiv in roten Revieren zu wildern – was
dann eine rot-grüne Klimakrise auslösen könnte.