SFH-141282  Zu viel Verkehr in Tirol, zu wenig Lärmschutz: Blockade möglich,  Printausgabe der Tiroler Tageszeitung vom Di, 17.07.2018

Lärmgrenzwerte werden überschritten, 234.000 Tiroler betroffen: Fritz Gurgiser fordert niedrigere Grenzwerte und kündigt Autobahn-Proteste an.

Lärm macht krank: Nicht nur 2,2 Millionen Lkw im Jahr entlang der Transitrouten sorgen für einen dauerhaften Lärmpegel.

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Von Peter Nindler

Innsbruck – Bereits 2009 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO für Europa neue Leitlinien zum Schutz der Bevölkerung vor ständigen Geräuschpegeln eingeführt: und zwar 40 Dezibel in der Nacht und 50 Dezibel bei Tag. Denn jeder dritte EU-Bürger fühlt sich laut einer WHO-Studie tagsüber durch Lärm belästigt, jeder fünfte wird im Schlaf durch Straßen-, Schienen- und/oder Flugverkehr gestört. „Dadurch erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck", heißt es.

In Österreich gelten hingegen Grenzwerte von 60 Dezibel bei Tag und 50 in den Nachtstunden. Für den Obmann des Transitforums Fritz Gurgiser sind diese im transitgeplagten Tirol viel zu hoch. „Es braucht endlich einen Lärmgesundheitsschutz und eine neutrale Festlegung durch das Gesundheitsministerium", fordert er niedrigere Grenzwerte, die dem gesundheitlichen Vorsorgeprinzip der WHO-Vorgaben entsprechen. Schließlich gebe es eine besondere Situation in inner- und voralpinen Räumen wie Tirol.

Anlass für seinen Protest mit Betroffenen ist der Entwurf für einen „Umgebungslärm-Aktionsplan 2018". Jener aus dem Jahr 2013 wird überarbeitet, heute endet die Stellungnahmefrist. „Die nützen wir, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen", kündigt Gurgiser Bürgerversammlungen auf der Straße an, sollte sich nichts ändern. Das wichtigste Gut „Xundheit" sei nämlich in den Programmen wegen falscher Annahmen weit hinter den Verkehr gereiht. „Der Aktionsplan ist deshalb neu aufzustellen."

Die Situation in Tirol schaut schließlich nicht gerade rosig aus, das wird bereits in dem von Gurgiser kritisierten Aktionsprogramm deutlich. Allein durch die Überschreitung der bestehenden Lärmschutzgrenzwerte auf Autobahnen, Schnell-, Bundes-, Landes- sowie Gemeindestraßen von 60 sowie 50 Dezibel sind nicht weniger als 164.600 Tiroler betroffen; davon 86.260 in der Nacht. Zählt man noch die von den Bahnemissionen beeinträchtigten Personen dazu, dann kann man von 234.000 Lärmgeplagten im Land sprechen. Und noch einmal 140.000 schrammen mit einer ständigen Belastung von 55 bis 60 bzw. 45 bis 50 Dezibel knapp an den Höchstgrenzen vorbei.

Für Fritz Gurgiser ist deshalb Zeit zum Handeln. Dass die Landesregierung im November 2018 eine Lärm-Enquete durchführen möchte, um den Status des Lärmschutzes im Landesstraßennetz zu erläutern und mögliche Handlungsfelder und Spielräume der Politik auf Landesebene zu erarbeiten, kann er nicht nachvollziehen. „Es liegt alles auf dem Tisch, man muss nichts mehr verzögern."

Gerhard Steinlechner vom Transitforum in Vomp pflichtet ihm bei: „Denn um bis zu 260 Prozent werden schon heute in Vomp die Lärmgrenzwerte überschritten." So könne es nicht weitergehen.

Jedenfalls bereitet Gurgiser bereits Anzeigen für Bürgerversammlungen vor. „Spätestens im Frühjahr sind wir bereit, sollte es nicht in die von uns gewünschte Richtung gehen. Vielleicht versammeln wird uns auch schon im Herbst." Er möchte das nicht als Drohung verstanden wissen, „sondern wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen". Den geplagten Anrainern spricht er Mut zu, erwartet sich aber auch Engagement. „Entweder ihr wehrt euch oder ihr erstickt im Lärm."

Neben der Reduktion der Grenzwerte pochen Gurgiser und sein Stellvertreter Clemens Franceschinel (Schönberg) bei der Finanzierung von Lärmschutzmaßnahmen auf das Verursacherprinzip. „200 Millionen Euro verdient die Autobahngesellschaft Asfinag durch Lkw-Mautein- nahmen in Schönberg, sie soll dafür auch zahlen." Die Asfinag habe in Schönberg einen wahren Goldesel, fügte Franceschinel hinzu. Nur, warnt Gurgiser: Lärmschutz auf Grundlage viel zu hoher Lärmschwellenwerte führt dazu, dass Hunderttausende Euro und mehr in Lärmschutz investiert würden, „aber die Lärmentlastung entweder gar nicht oder nur marginal eintritt".

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