SFH-0397 / Anmerkungen Dr. Perterer zu den Anfragebeantwortungen Bundeskanzler Dr. Schüssel vom 22.05.2006 und Außenministerin Dr. Plassnik vom 18.05.2006

BK Schüssel: Der von der Anfrage angesprochene Anlaßfall Dr. Perterer hatte die Entlassung eines Gemeindebebediensteten zum Gegenstand. Der UN-Menschenrechtsausschuß kritisiert in seinen diesbezüglich "views" die Vollziehungspraxis des betreffenden Landes (=Salzburg) und das einschlägige Gemeindebeamtengesetz, ...
BM Plassnik: Die in den Auffassungen des UN-Ausschusse für Menschenrechte zum Fall  Perterer festgestellten Verletzungen fallen nicht in die Zuständigkeit des Bundes, sondern in jene des Landes Salzburg und wären daher von dieem zu beheben. Dies wurde dem Land Salzburg seitens des Bundes wiederholt mitgeteilt.

Übereinstimmend kommen beide Anfragebeantwortungen zum Ergebnis, dass die im Disziplinarverfahren gegen Dr. Perterer vom UNO Ausschuss für Menschenrechte festgestellten Menschenrechtsverletzung dem Land Salzburg anzulasten sind, erfolgte doch die Durchführung des Disziplinarverfahrens auf Grund der Bestimmungen des Salzburger Gemeindebeamtengesetzes.

BM Plassnik: Die sich aus den Bestimmungen der internationalen Menschenrechtskonventionen ergebenden Verpflichtungen sind von Österreich einzuhalten. Die innerstaatliche Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs obliegt den jeweils zuständigen Gebietskörperschaften.

Immerhin eine klare und aufgrund der bundestaatlichen Organisation der Republik Österreich auch verständliche Aussage. Die allgemein gehaltene Formulierung "Bestimmungen der internationalen Menschenrechskonventionen" bezieht sich damit auch auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (CCPR) der Vereinten Nationen, der 1978 von Österreich ratifiziert wurde.

BM  Plassnik: Der anläßlich der Genehmigung des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte gefasste Beschluss des Nationalrates, dass "dieser Staatsvertrag ... im Sinne des Art. 50 Abs. 2. Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen" ist (sog. Erfüllungsvorbehalt) macht den Pakt nicht völkerrechtlich unverbindlich, sondern schließt nur sein unmittelbare Anwendbarkeit aus.

Allerdings ist ein zur Erfüllung dieses Staatsvertrages vom Nationalrat vorgesehenes Gesetz seit nunmerh 28 Jahren nicht erlassen worden.

BM Plassnik: Die Notwendigkeit eines generellen Erfüllungsgesetzes wurde bei der Ratifikation des Paktes offenbar nicht gesehen.

Eine bemerkenswerte Festellung, die immerhin die Forderung - ein seit 28 Jahren bestehendes Versäumnis des Nationalrates nach so vielen Jahrzehnten durch entsprechende legislative Maßnahmen einer klaren, der Rechtssicherheit dienenden Regelung zuzuführen, nicht absurd erscheinen läßt.

BK Schüssel: Die Tätigkeit des UN-Menschrechtsausschusses in Bezug auf Individualbeschwerden wird ausschließlich durch das Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte geregelt, das den "views" ganz bewußt keine rechtliche Verbindlichkeit zuordnet.
BM Passnik: ... die "Auffassungen" des Menschenrechtsausschusses unterscheiden sich grundsätzlich von den gem. Art. 46 EMRK verbindlichen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschrechte. Österreich ist jedoch schon aus menschenrechtspolitischen Gründen bemüht, den Auffassungen des UN-Ausschusses für Menschenrechte Rechnung zu tragen.

Das bisherige Verhalten Österreichs zum Fall PERTERER ist himmelschreiend, um nicht zu sagen schizophren. Auf der einen Seite wird bei allen möglichen Gelegenheiten auf die Vorreiterrolle Österreichs hingewiesen, wenn es um Menschenrechte geht. Wenn es dann allerdings an die innerstaatliche Umssetzung von Menschenrechten geht, bleibt oftmals nicht mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis übrig und bleiben Taten völlig aus.

Es ist zu wenig,  internationalen Menschenrechtskonventionen nur deshalb beizutreten, um in der internationalen Staatengemeinschaft gut dazustehen, wenn nicht gleichzeitig der Wille und die innerhliche Überzeugung besteht, solcherart eingegangene Verpflichtungen auch innerstaatlich anwendbar und durchsetzbar zu machen. Daher meine Forderung nach einer klaren Entscheidung:

  • Menschenrechte JA - dann möge die Bundesregierung die VIEWS des UNO Ausschusses vom 20.07.2004 vollziehen und sich nicht mehr länger hinter dem Vorwand verstecken, das Ganze sei für Österreich unverbindlich. Dann müssen eben die seit 28 Jahren ausstehenden legislativen Maßnahmen getroffen werden, damit VIEWS des Ausschusses verbindlich werden und umzusetzen sind.
  • Menschenrechte NEIN - dann möge die Bundesregierung gegenüber der UNO und der Staatengemeinschaft den Austritt / Rückzug Österreichs aus dem Menschenrechtspakt der Vereinten Nationen erklären.
  • Den vielzitierten und oft propagierten Goldenen Mittelweg gibt es in diesem Fall leider nicht. Da muß schon eine Entscheidung FÜR oder GEGEN Menschenrechte getroffen werden.
Bundeskanzler, Bundesregierung und Nationalrat sind damit aufgefordert, die zur Durchsetzbarkeit von VIEWS des UNO Ausschusses für Menschenrechte erforderlichen legislativen Maßnahmen zu treffen, damit die Zusicherung von Menschenrechten nicht bloß ein leeres Versprechen bleibt.



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