Text 105.
Der Nationalrat hat beschlossen:
Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages samt Vorbehalt wird genehmigt.
(Übersetzung)
» » FAKULTATIVPROTOKOLL» ZUM INTERNATIONALEN PAKT ÜBER BÜRGERLICHE UND POLITISCHE RECHTE
DIE VERTRAGSSTAATEN DIESES PROTOKOLLS,
IN DER ERWÄGUNG, daß es zur weiteren Verwirklichung der Ziele des Paktes über bürgerliche und politische Rechte *) (im folgenden als ,,Pakt' bezeichnet) und zur Durchführung seiner Bestimmungen angebracht wäre, den nach Teil IV des Paktes errichteten Ausschuß für Menschenrechte (im folgenden als ,,Ausschuß' bezeichnet) zu ermächtigen, nach Maßgabe dieses Protokolls Mitteilungen von Personen, die behaupten, Opfer einer Verletzung der in diesem Pakt anerkannten Rechte zu sein, entgegenzunehmen und zu prüfen,
haben folgendes vereinbart:
Artikel 1
Jeder Vertragsstaat des Paktes, der Vertragspartei dieses Protokolls wird, anerkennt die Zuständigkeit des Ausschusses zur Entgegennahme und Prüfung von Mitteilungen seiner Jurisdiktion unterstehender Personen, die behaupten, Opfer einer Verletzung der in diesem Pakt anerkannten Rechte durch diesen Vertragsstaat zu sein. Der Ausschuß darf keine Mitteilung entgegennehmen, die einen Vertragsstaat des Paktes betrifft, der nicht Vertragspartei dieses Protokolls ist.
Artikel 2
Vorbehaltlich des Artikels 1 können Personen, die behaupten, in einem ihrer im Pakt anerkannten Rechte verletzt zu sein, und die alle zur Verfügung stehenden innerstaatlichen Rechtsmittel erschöpft haben, dem Ausschuß eine schriftliche Mitteilung zur Prüfung einreichen.
Artikel 3
Der Ausschuß erklärt jede nach diesem Protokoll eingereichte Mitteilung für unzulässig, die anonym ist oder die er für einen Mißbrauch des Rechts auf Einreichung solcher Mitteilungen oder für unvereinbar mit den Bestimmungen des Paktes hält.
Artikel 4
(1) Vorbehaltlich des Artikels 3 bringt der Ausschuß jede ihm nach diesem Protokoll eingereichte Mitteilung dem Vertragsstaat dieses Protokolls, dem vorgeworfen wird, eine Bestimmung des Paktes verletzt zu haben, zur Kenntnis.
---------- *) Kundgemacht in BGBl. Nr. 591/1978
(2) Der betroffene Staat hat dem Ausschuß innerhalb von sechs Monaten in Bezug auf die Sache eine schriftliche Erklärung oder Stellungnahme zu übermitteln und die gegebenenfalls von ihm getroffenen Abhilfemaßnahmen mitzuteilen.
Artikel 5
(1) Der Ausschuß prüft die ihm nach diesem Protokoll zugegangenen Mitteilungen unter Berücksichtigung aller ihm von der Person und dem betroffenen Vertragsstaat unterbreiteten schriftlichen Angaben.
(2) Der Ausschuß prüft die Mitteilung einer Person nur, wenn er sich vergewissert hat, daß a) dieselbe Sache nicht bereits vor einer anderen internationalen Untersuchungs- oder Ausgleichsinstanz geprüft wird; b) die Person alle zur Verfügung stehenden innerstaatlichen Rechtsmittel erschöpft hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Rechtsmittelverfahren unangemessen lange gedauert hat.
(3) Der Ausschuß berät über Mitteilungen auf Grund dieses Protokolls in nichtöffentlicher Sitzung.
(4) Der Ausschuß teilt seine Auffassungen dem betroffenen Vertragsstaat und der Person mit.
Artikel 6
Der Ausschuß nimmt in seinen Jahresbericht nach Artikel 45 des Paktes eine Übersicht über seine Tätigkeit auf Grund dieses Protokolls auf.
Artikel 7
Bis zur Verwirklichung der Ziele der Entschließung 1514 (XV) der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1960 betreffend die Erklärung über die Gewährung der Unabhängigkeit an Kolonialgebiete und Kolonialvölker wird das diesen Völkern durch die Satzung der Vereinten Nationen und andere internationale Übereinkommen und Vereinbarungen im Rahmen der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen gewährte Petitionsrecht durch dieses Protokoll in keiner Weise eingeschränkt.
Artikel 8
(1) Dieses Protokoll liegt für jeden Staat, der den Pakt unterzeichnet hat, zur Unterzeichnung auf.
(2) Dieses Protokoll bedarf der Ratifikation, die von allen Staaten vorgenommen werden kann, die den Pakt ratifiziert haben oder ihm beigetreten sind. Die Ratifikationsurkunden sind beim Generalsekretär der Vereinten Nationen zu hinterlegen.
(3) Dieses Protokoll liegt für jeden Staat, der den Pakt ratifiziert hat oder ihm beigetreten ist, zum Beitritt auf.
(4) Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen.
(5) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen unterrichtet alle Staaten, die dieses Protokoll unterzeichnet haben oder ihm beigetreten sind, von der Hinterlegung jeder Ratifikations- oder Beitrittsurkunde.
Artikel 9
(1) Vorbehaltlich des Inkrafttretens des Paktes tritt dieses Protokoll drei Monate nach Hinterlegung der zehnten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen in Kraft.
(2) Für jeden Staat, der nach Hinterlegung der zehnten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde dieses Protokoll ratifiziert oder ihm beitritt, tritt es drei Monate nach Hinterlegung seiner eigenen Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft.
Artikel 10
Die Bestimmungen dieses Protokolls gelten ohne Einschränkung oder Ausnahme für alle Teile eines Bundesstaates.
Artikel 11
(1) Jeder Vertragsstaat dieses Protokolls kann eine Änderung des Protokolls vorschlagen und ihren Wortlaut beim Generalsekretär der Vereinten Nationen einreichen. Der Generalsekretär übermittelt sodann alle Änderungsvorschläge den Vertragsstaaten dieses Protokolls mit der Aufforderung, ihm mitzuteilen, ob sie eine Konferenz der Vertragsstaaten zur Beratung und Abstimmung über die Vorschläge befürworten. Befürwortet wenigstens ein Drittel der Vertragsstaaten eine solche Konferenz, so beruft der Generalsekretär die Konferenz unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen ein. Jede Änderung, die von der Mehrheit der auf der Konferenz anwesenden und abstimmenden Vertragsstaaten angenommen wird, ist der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur Billigung vorzulegen.
(2) Die Änderungen treten in Kraft, wenn sie von der Generalversammlung der Vereinten Nationen gebilligt und von einer Zweidrittelmehrheit der Vertragsstaaten dieses Protokolls nach Maßgabe der in ihrer Verfassung vorgesehenen Verfahren angenommen worden sind.
(3) Treten die Änderungen in Kraft, so sind sie für die Vertragsstaaten, die sie angenommen haben, verbindlich, während für die anderen Vertragsstaaten weiterhin die Bestimmungen dieses Protokolls und alle früher von ihnen angenommenen Änderungen gelten.
Artikel 12
(1) Jeder Vertragsstaat kann dieses Protokoll jederzeit durch schriftliche Notifikation an den Generalsekretär der Vereinten Nationen kündigen. Die Kündigung wird drei Monate nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam.
(2) Die Kündigung berührt nicht die weitere Anwendung dieses Protokolls auf Mitteilungen nach Artikel 2, die vor dem Wirksamwerden der Kündigung eingereicht worden sind.
Artikel 13
Unabhängig von den Notifikationen nach Artikel 8 Abs. 5 dieses Protokolls unterrichtet der Generalsekretär der Vereinten Nationen alle in Artikel 48 Abs. 1 des Paktes bezeichneten Staaten von a) den Unterzeichnungen, Ratifikationen und Beitritten nach Artikel 8; b) dem Datum des Inkrafttretens dieses Protokolls nach Artikel 9 und dem Datum des Inkrafttretens von Änderungen nach Artikel 11; c) Kündigungen nach Artikel 12.
Artikel 14
(1) Dieses Protokoll, dessen chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermaßen authentisch ist, wird im Archiv der Vereinten Nationen hinterlegt.
(2) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen übermittelt allen in Artikel 48 des Paktes bezeichneten Staaten beglaubigte Abschriften dieses Protokolls.
ZU URKUND DESSEN haben die von ihren Regierungen hiezu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Protokoll, welches am 19. Dezember 1966 in New York zur Unterzeichnung aufgelegt worden ist, unterschrieben.
Vorbehalt
Die Republik Österreich ratifiziert das » » Fakultativprotokoll» zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte mit der Maßgabe, daß - über die Bestimmungen des Artikels 5 Absatz 2 dieses Protokolls hinaus - der mit Artikel 28 des Paktes eingerichtete Ausschuß für Menschenrechte eine Mitteilung einer Person nur dann behandelt, wenn klargestellt ist, daß dieselbe Angelegenheit nicht bereits von der durch die europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten eingerichteten Europäischen Kommission für Menschenrechte geprüft worden ist.
Die vom Bundespräsidenten unterzeichnete und vom Bundeskanzler gegengezeichnete Ratifikationsurkunde wurde am 10. Dezember 1987 beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt; das Protokoll tritt gemäß seinem Art. 9 Abs. 2 für Österreich mit 10. März 1988 in Kraft.
Nach Mitteilungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen haben folgende weitere Staaten das Protokoll ratifiziert bzw. sind ihm beigetreten:
Äquatorialguinea, Argentinien, Barbados, Bolivien, Dänemark, Dominikanische Republik, Ekuador, Finnland, Frankreich, Island, Italien, Jamaika, Kamerun, Kanada, Kolumbien, Kongo, Kostarika, Luxemburg, Madagaskar, Mauritius, Niederlande (einschließlich Niederländische Antillen), Niger, Nikaragua, Norwegen, Panama, Peru, Portugal, Sambia, San Marino, St. Vincent und die Grenadinen, Schweden, Senegal, Spanien, Suriname, Trinidad und Tobago, Uruguay, Venezuela, Zaire und Zentralafrikanische Republik.
Anläßlich der Hinterlegung ihrer Ratifikations- bzw. Beitrittsurkunden haben folgende Staaten Vorbehalte erklärt:
Zu Art. 5 Abs. 2: Dänemark, Frankreich, Island, Italien, Luxemburg, Norwegen, Schweden, Spanien.
Frankreich hat überdies erklärt, daß es Art. 1 des Protokolls derart auslegt, daß der Ausschuß zur Entgegennahme und Prüfung von Mitteilungen der Jurisdiktion Frankreichs unterstehender Personen zuständig ist, die behaupten, Opfer einer Verletzung der in diesem Pakt anerkannten Rechte durch Frankreich zu sein, sei es, daß sich eine solche aus Handlungen, Unterlassungen, Entwicklungen oder Ereignissen ergibt, die eintraten, nachdem das Protokoll für Frankreich in Kraft getreten ist oder aus einer Entscheidung betreffend Handlungen, Unterlassungen, Entwicklungen oder Ereignissen nach diesem Datum.
Zu Art. 7 hat Frankreich erklärt, daß der Beitritt zum Protokoll keine Änderung in seiner Haltung zu der in diesem Artikel angeführten Entschließung bedeutet.
Venezuela hat erklärt, daß der in bezug auf Art. 14 Abs. 3 lit. d des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte erklärte Vorbehalt *) auch auf das » » Fakultativprotokoll zu diesem Pakt Anwendung findet.
Vranitzky
---------- *) Kundgemacht in BGBl. Nr. 591/1978
» » » Dokumentnummer BGBL/OS/19880218/0/0105&&
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