SFH-141819 RECHTSSTREIT VOR BGH Wer schuf die Karosserieform des Porsche 911?, KRONE 01.08.2021 13:00
Der 9. Dezember 2021 wird für Porsche kein Tag wie jeder andere. Wenn die Manager des Autoherstellers könnten, dann würden sie die mit diesem Datum verbundene öffentliche Aufmerksamkeit sicher gerne aus dem kollektiven Interesse streichen. Ganz sicher werden sie aber die Obercoolen geben und so tun, als hätte man alles im Griff - juristisch. Doch es könnte anders kommen.
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Denn an jenem Tag Anfang Dezember beginnt vor dem Bundesgerichtshof (BGH) ein Prozess gegen Porsche, dessen Ausgang womöglich eine Entschädigungszahlung von vielen Millionen Euro zur Folge hat.
Um elf Uhr wird an dem Tag in Karlsruhe in der Sache I ZR 222/20 vor dem 1. Zivilsenat verhandelt. Hinter dem Aktenzeichen verbirgt sich die Klage einer Ärztin aus Wien namens Dr. Iris Steineck. Frau Steineck ist die Tochter von Erwin Komenda, der als Designer die Karosserie-Konstruktionsabteilung Porsches von 1931 bis zu seinem Tod 1966 geleitet hat und der die Form des ersten Serien-Porsche, des Typs 356, entworfen hat. Die Dame ist der Ansicht, dass ihrem Vater nachträglich eine Beteiligung am weltweiten Megaerfolg des 356er-Nachfolgers Porsche 911 zustehe, der 1963 auf den Markt kam und der starke gestalterische Akzente des 356 enthalte. Überdies stamme überhaupt die Linienführung der Sportwagenikone 911 nicht vom Porsche-Sohn Ferdinand Alexander („Butzi“), sondern vielmehr von ihrem Vater.
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(Bild: Porsche)
In zwei Vorinstanzen (LG Stuttgart - Urteil vom 26. Juli 2018 - 17 O 1324/17, OLG Stuttgart - Urteil vom 20. November 2020 - 5 U 125/19 ) ist sie mit ihrer Sicht der Dinge zwar bereits gescheitert. Das muss aber für die erneute Verhandlung vor dem BGH nichts bedeuten. Denn dort werden nur Verfahren oder Revisionen von grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. So gesehen könnte das dann letztinstanzliche Urteil anders lauten als jene Entscheidungen von Landgericht und Oberlandesgericht.
Im juristisch-hölzern abgefassten Pressetext des Bundesgerichtshofes liest sich das Begehren von Frau Steineck so: „Die Beklagte ist die Porsche AG. Die Klägerin ist die Tochter des im Jahr 1966 verstorbenen früheren Leiters der Abteilung Karosserie-Konstruktion der Beklagten. Dieser war im Rahmen seiner Tätigkeit mit der Entwicklung des ab 1950 produzierten Fahrzeugmodells Porsche 356 und dessen seit 1963 gebauten Nachfolgemodells Porsche 911 befasst. Der Umfang seiner Beteiligung an der Gestaltung dieser Modelle ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin verlangt als Erbin ihres Vaters und aus abgetretenem Recht von der Beklagten gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG ab dem 1. Januar 2014 eine angemessene Beteiligung an den Erlösen aus dem Verkauf der ab 2011 produzierten Baureihe 991 des Porsche 911. Sie meint, bei den Fahrzeugen dieser Baureihe seien wesentliche Gestaltungselemente der unter maßgeblicher Beteiligung ihres Vaters entwickelten Ursprungsmodelle des Porsche 356 und des Porsche 911 übernommen worden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es hat angenommen, die Klägerin habe zwar bewiesen, dass ihr Vater die äußere Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 in seiner Urform, bei der es sich um ein Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG handele, geschaffen habe und er somit nach § 7 UrhG deren Urheber sei. Die Baureihe 991 des Porsche 911 sei aber jedenfalls gemäß § 24 Abs. 1 UrhG in freier Benutzung der äußeren Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 geschaffen worden, die allenfalls als Anregung für die neue Gestaltung gedient habe. Eine solche Nutzung begründe keinen Anspruch auf angemessene Beteiligung nach § 32a Abs. 1 Satz 1 UrhG. Hinsichtlich der äußeren Gestaltung der Karosserie des Porsche 911 in ihrer Urform sei der Klägerin schon nicht der Nachweis gelungen, dass ihr Vater deren Miturheber sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.“
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Porsche 911 Carrera S
(Bild: Porsche)
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