Kritische Anmerkungen Dr. Perterer zur Stellungnahme von Landeshauptfrau Mag. Burgstaller vom 09.05.2006
In der Sache selbst nichts Neues - der Entwurf zur Änderung des Salzburger Gemeindebeamtengesetz ein erster Schritt in die richtige Richtung ...
Die VIEWS des UNO Ausschusses für Menschenrechte werden mit "Auffassungen / Ansichten" ins Deutsche übersetzt. Es mag schon richtig sein, die VIEWS nicht mit "Entscheidung / Urteil" in die deutsche Sprache zu übersetzen. Der UN-Menschenrechtsausschuß ist Teil einer Weltorganisation und deshalb nicht so strukturiert wie man sich hierzulande ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde landläufig vorstellt. Aus diesem Umstand heraus jedoch ableiten zu wollen, dem Ausschuß komme keinerlei Kompetenz zu, ist bloße Wortklauberei und geht am Kern der Sache völlig vorbei. Dahinter verbirgt sich eine beliebte Wortspielerei von Bund und Land sich damit aus rein "formalrechtlichen Gründen" der Verantwortung entziehen zu können.
Welches Spiel wird hier von Bund und Land mit ihren Bürgern getrieben? Wozu das ganze Theater mit dem (Lippen-)Bekenntnis Österreichs, Menschenrechte zu beachten, sich für die Achtung von Menschenrechte innerhalb der EU und UNO einzusetzen und stark zu machen, dabei aber gleichzeitig dem UNO-Ausschuß für Menschenrechte jegliche Kompetenz abzusprechen? Waren es nicht die Österreichische Bundesregierung, die gewählten Volksvertreter zum Nationalrat, die 1978 beschlossen haben dem UNO Menschenrechtspakt beizutreten? Ein weiteres Mal haben 10 Jahre später - also 1988 - Bundesregierung und Nationalrat beschlossen, dem Fakultativprotokoll zum Menschenrechtspakt der Vereinten Nationen beizutreten. Damit wurde allen ÖsterreicherInnen ganz legal auf allerhöchster Ebene des Staates, die Möglichkeit zur Individualbeschwerde an den UNO Ausschuß für Menschenrechte eröffnet. Hat man vielleicht gehofft, dieses Instrument würde niemals schlagend werden?
Österreich hat damit die Kompetenz des UN-Menschenrechtsausschusses zur Überprüfung von Menschenrechtsverletzung nach rechtskräftigem Abschluß innerstaatlicher Verfahren ausdrücklich anerkannt. Da war noch keine Rede davon, dieses Gremium sei kein internationales Gericht im herkömmlichen Sinn, festgestellte Verletzungen des Menschenrechtspaktes seien für Österreich unbeachtlich, die Ausschußmitglieder seien keine Richter, hätten keine juristische Ausbildung. Erlaubt sei in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass in der Disziplinarkommission gegen Dr. Perterer auch keine Richter saßen und außer dem Vorsitzenden wohl niemand eine juristische Ausbildung hatte. Die von der Gemeinde entsandten Mitglieder waren ganz einfache Bauhofarbeiter. Dennoch wird die Entscheidung der Disziplinarkommission ohne jeglichen Vorbehalt oder Bedenken respektiert und wird deren Entscheidung überhaupt nicht in Frage gestellt.
Spätestens 1988 hätte der vom Nationalrat 1978 beschlossene Beitritt Österreichs zum Menschenrechtspakt der Vereinten Nationen per Gesetz in das System der österreichischen Rechtsordnung eingebunden werden müssen - oder wollte sich Österreich für den Fall festgestellter Paktverletzungen ganz bewußt ein Hintertürl offen lassen, um Aufforderungen des UNO Ausschusses für Menschenrechte als Vertragsstaat mit dem Hinweis auf mangelnde Verbindlichkeit der VIEWS zu entkommen, nicht entsprechen zu müssen?
Die ständigen Verweise, wann und unter welchen Voraussetzungen internationale Verträge / Vereinbarung innerstaatlich mit allen Rechten und Pflichten umsetzbar sind, ist eine akademische Diskussion, die sich aus den Bestimmungen der Bundesverfassung ergibt. Sich darauf zu beschränken, ist rechtlich einwandfrei, wenngleich rechts- und demokratiepolitisch in höchstem Maße bedenklich. Warum besitzt niemand so viel Zivilcourage, diese beliebte, beinahe schon zur Praxis gewordene Gewohnheit beim Abschluß von Staatsverträgen öffentlich an den Pranger zu stellen? Für wie dumm werden eigentlich die Staatsbürger gehalten? Warum werden dann überhaupt Staatsverträge abgeschlossen, wenn man das eigentliche Ergebnis daraus ja ohnehin nicht haben bzw. innerstaatlich umsetzen will? Geht es dabei nur darum, gegenüber der Staatengemeinschaft eine weiße Weise haben zu wollen und gut da zu stehen? Österreich kann sowohl international wie auch interstaatlich nach bisheriger Rechtsmeinung und Lehre nicht gezwungen werden, diese Praxis abzulegen. Betroffene Bürger können zwar ihrer Verärgerung Luft machen, aber wirklich helfen können Sie sich nicht.
Wenn schon politisch keine Bereitwilligkeit erkennbar ist, diesen Mißstand zu beenden, so sind nun im Fall PERTERER gegen ÖSTERREICH die Gerichte aufgerufen, ihre tatsächliche Unabhängigkeit von der Tagespolitik unter Beweis zu stellen und einen Schlußstrich unter diese grund- und menschenrechtsverletzende Praxis von Bundesregierung und Nationalrat zu ziehen.
Im Gegensatz zur Bundesregierung hat die Salzburger Landesregierung die VIEWS des Ausschusses vom 20.07.2004 immerhin zum Anlaß genommen, das Salzburger Gemeindebeamtengesetz 1968 zu novellieren und das Disziplinarverfahren für GemeindebeamtInnen völlig neu zu regeln, um ähnliche Rechtsverletzung wie im Disziplinarverfahren gegen Dr. Perterer in Zukunft zu verhindern. Ein durchaus erfreulicher Ansatz, dem seitens des Bundes hinsichtlich Beamtendienstrechtsgesetz keine vergleichbaren Schritte gefolgt sind.
Wenn - wie im geplanten Entwurf zum Salzburger Gemeindebeamtengesetz - vorgesehen, anstelle der bislang zwei Disziplinarkommissionen (I. Instanz und II. Instanz) nur mehr eine (dreiköpfige, paritätisch zu besetzende) Disziplinarkommission in erster und letzter Instanz berufen wird, so ist dies zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, jedoch durch die vorgesehene Verkürzung des Instanzenzuges gleichzeitig eine massive Verschlechterung, die zwangsläufig zu einer weiteren unnötigen Mehrbelastungen des Verwaltungsgerichtshofes führt, wenn nach jedem Erkenntnis der Disziplinarkommission sogleich das Höchstgericht angerufen werden muß, ohne dass ein zweite Instanz (bisher: Disziplinaroberkommission) dazwischen geschaltet ist.
- Vorsitzender - ein rechtskundiger Landesbeamter - noch besser wäre ein unabhängiger Richter - HINWEIS: Bei den Koalitionsverhandlungen der ÖVP nach den Nationalratswahlen 1999 wurde von der SPÖ die Forderung aufgestellt, dass als Vorsitzender in der Disziplinarkommission ein unabhängiger Richter bestellt wird.
- ein Bürgermeister einer Salzburger Gemeinde - warum von diesem keine Rechtskundigkeit verlangt wird, ist eigentlich nicht ganz verständlich. Rechtkundig wird man nicht kraft eines politischen Amtes sondern nur durch eine entsprechende juristische Ausbildung und damit dürfte es bei den meisten Bürgermeistern hapern.
- ein Mitglied der Gewerkschaft der Salzburger Gemeindebediensten - auch von diesem sollte Rechtskundigkeit verlangt werden. Was aber passiert, wenn ein im Disziplinarverfahren beschuldigter Beamter nicht Mitglieder der Gewerkschaft ist?
- wo bleibt im ganzen Verfahren die Öffentlichkeit?
In Zivil- und Strafverfahren sind öffentliche Verfahren eine Selbstverständlichkeit. Warum nicht auch in Disziplinarverfahren. Durch die Öffentlichkeit von Verfahren werden gewisse Mißbräuche von vorneherein verhindert und sind zugleich ein Schutz für den Beschuldigten.
|
|
|