SFH-0640 / "Kein Land ist sicher vor Korruption" (WIENER ZEITUNG vom 14.07.2007)

Rechnungshof-Präsident Josef Moser im "Wiener Zeitung"-Interview zur mangelnden Transparenz in Österreich

(Wiener Zeitung vom 14.07.2007



Illustration  - Josef Moser (51) ist seit drei Jahren oberster Kontrollor der Republik, sein Mandat endet Mitte 2016.  Foto: WZ/Strasser

Josef Moser (51) ist seit drei Jahren oberster Kontrollor der Republik, sein Mandat endet Mitte 2016. Foto: WZ/Strasser

Von Walter Hämmerle

Aufzählung ÖBB und Asfinag: Moser warnt vor Unvereinbarkeit.
Aufzählung RH sieht sich durch U-Ausschüsse bestätigt.
Aufzählung Plädoyer für mehr Transparenz bei Parteispenden.

"Wiener Zeitung": Angesichts der Schlagzeilen der letzten Monate – Stichwort Bawag-/ÖGB-Skandal, Banken-Ost-Aktivitäten, Hypo-Alpe-Adria-Bank und natürlich die Gerüchte rund um den Eurofighter-Vertrag – könnte man meinen, Österreich hat ein Problem mit Transparenz und Korruption.

Josef Moser: Kein Land ist sicher vor Korruption, aber laut Transparency International liegt Österreich unter den Top 10 von 116 Ländern.

In welchen Bereichen sehen Sie Handlungsbedarf?

Es gibt Bereiche und Branchen, die laut internationalen Studien besonders gefährdet sind. Dazu zählen sämtliche Förderungs-, Investitions-, Vergabe- und Abgabenbereiche, aber auch Personaladministration. Hier unternimmt der Rechnungshof sehr viel, um Transparenz und Kontrolle sicherzustellen.

Die Regierung hat die Aufsichtsratsgremien von ÖBB und Asfinag neu besetzt. ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker war bis vor kurzem Chef des Bauunternehmens Porr, das zu den größten Auftragnehmern der Bahn gehört. Dem Asfinag-Gremium sitzt nun der Linzer Anwalt Eduard Saxinger vor, dessen Kanzlei das Acor-Konsortium beim Kampf um Bauaufträge bei der Nordautobahn vertritt. Die Optik könnte besser sein.

Ich sehe ein Problem, wenn Personen in einem Aufsichtsrat sitzen, die zugleich mit dem selben Unternehmen in Geschäftsbeziehungen stehen. Das haben wir auch bei unseren Prüfungen immer gesagt, etwa bei der ÖBB.

Es ist problematisch, wenn Aufsichtsratsmitglieder zugleich auch Auftragsnehmer des Unternehmens sind. Man muss alles tun, um auch nur den Anschein von Unvereinbarkeit zu vermeiden. Das soll aber nicht so weit gehen, dass dadurch Know how verloren geht, nur weil zu einem früheren Zeitpunkt jemand einmal in einer Funktion war.

Demnach wäre die Aufsichtsratsfunktion Pöchhackers ok, weil er nicht mehr Porr-Chef ist, jene Saxingers hingegen problematisch?

Wir beurteilen nur Fälle, die wir geprüft haben. Ich formuliere die Position des Rechnungshofes generell: Es geht darum, mögliche Interessenskonflikte erst gar nicht entstehen zu lassen.

Wie fällt Ihr Resumee der beiden U-Ausschüsse zu Banken und Eurofighter aus?

Beim Eurofighter ist herausgekommen, dass der Rechnungshof in seinen insgesamt vier Berichten hervorragende Arbeit geleistet hat. Das ist eine Bestätigung, dass die öffentliche Finanzkontrolle in Österreich funktioniert. Und die Finanzmarktaufsicht haben wir schon vor Einsetzung des Banken-Ausschusses geprüft – und unser gerade vorgelegtes Ergebnis deckt sich mit den Feststellungen des U-Ausschusses. Beide Ausschüsse haben gezeigt, dass sich das Parlament auf eine funktionierende Kontrolle verlassen kann.

In den letzten Jahren konnten Sie sicher sein, dass die Kritik des Rechnungshofes an der Regierung aufgrund der starken Opposition öffentlich Wellen schlug. Fürchten Sie nicht, dass Kritik an einer großen Koalition eher abtropft?

Die Arbeit des Rechnungshofes ist nicht tagespolitisch angelegt, es kommt auf das Kontrollklima an – und das ist in Österreich gut. So hat etwa gerade erst der Finanzminister auf das Einsparungspotenzial von 200 Millionen Euro durch mangelnde Pensionsreformen in einzelnen Ländern verwiesen – ein Ergebnis unserer Prüfung der Landespensionssysteme.

Das führt nur leider nicht dazu, dass die säumigen Länder, etwa Wien, die Pensionsreform des Bundes nachvollziehen.

Aber wir haben das Sparpotenzial aufgezeigt – und wir werden am Thema dranbleiben!

Dieses Motto scheint auch beim Thema Parteispenden zu gelten, wo Sie eine Verschärfung einfordern, die ÖVP diese jedoch ablehnt.

Hier ist auf alle Fälle mehr Transparenz notwendig, darauf habe ich hingewiesen. Der Rechnungshof hat hier nur eine notarielle Funktion.

Lebenslauf
Der Lienzer Josef Moser (51) war 2004 von der damaligen FPÖ als Rechnungshofpräsident nominiert worden. Er gilt als Entdeckung des Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider, der den Umweltaktivisten in die Politik holte. Seine Sporen verdiente sich der Ost-Tiroler als Büroleiter Haiders und freiheitlicher Klubdirektor. Auch galt Moser als Kandidat für die Volksanwaltschaft. Vor seiner Tätigkeit als RH-Präsident war Moser zwei Jahre lang Generaldirektor bei den Bundesbahnen.

Warum legen Sie kein Konzept vor?

Es ist nicht die Aufgabe des Rechnungshofes, Politik und Gesetze zu machen. Wir zeigen aufgrund unserer Prüfungen Handlungsbedarf auf, die Kompetenz nach dem Parteiengesetz ist eine Sonderaufgabe.

Wenn es ums Prinzip geht, kann man auch über rechtliche Schatten springen.

Ich will den Rechnungshof nicht in tagespolitische Diskussionen führen. Der Rechnungshof hat die Aufgabe unabhängig und überparteilich zu agieren.

Sie fordern im Zuge der Verfassungsreform zusätzliche Prüfkompetenzen für Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern und Unternehmen, die mit 25 Prozent oder mehr im öffentlichen Eigentum stehen. Werden Ihre Wünsche erhört?

Ich wünsche mir gar nichts, es geht darum, bestehende Lücken in der parlamentarischen Kontrolle zu schließen. Gemeinden sind längst ein enormer Wirtschaftsfaktor, die mehr als 15 Milliarden Euro verwalten. Von diesen werden 11 Milliarden von keiner externen Kontrolleinrichtung geprüft. Und auch bei ausgegliederten Unternehmen der Daseinsvorsorge haben die Bürger ein Recht darauf zu wissen, was mit ihrem Steuergeld passiert. Diese Argumente fallen zunehmend auf fruchtbaren Boden – im Herbst wird man sehen, wie es weitergeht.


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