SFH-141184  Bundesverwaltungsgericht (BVwG)  Entscheidungstext W208 2016899-1 , Beiden Beschwerden wird gem. § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG teilweise stattgegeben und der Spruch wie folgt abgeändert:

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Vorsitzender sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Dr. Tomas BLAZEK und Mag. Renate LANZENBACHER als Beisitzerinnen über die Beschwerde der Disziplinaranwältin des Rechnungshofes, sowie des Ministerialrates Mag. Dr. XXXX vertreten durch Rechtsanwalt XXXX, gegen das Disziplinarerkenntnis der DISZIPLINARKOMMISSION BEIM RECHNUNGSHOF; SENAT II, vom 06.11.2014, GZ 101/20 Dis/14 nach Durchführung einer mündlicher Verhandlung am 18.03.2015 zu Recht erkannt:

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Bundesverwaltungsgericht (BVwG)

Entscheidungstext W208 2016899-1

Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Erkenntnis

Geschäftszahl

W208 2016899-1

Entscheidungsdatum

24.03.2015

Norm

BDG 1979 §44 Abs1
BDG 1979 §46 Abs1
BDG 1979 §92 Abs1 Z3
BDG 1979 §93 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch

W208 2016899-1/4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER als Vorsitzender sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Dr. Tomas BLAZEK und Mag. Renate LANZENBACHER als Beisitzerinnen über die Beschwerde der Disziplinaranwältin des Rechnungshofes, sowie des Ministerialrates Mag. Dr. XXXX vertreten durch Rechtsanwalt XXXX, gegen das Disziplinarerkenntnis der DISZIPLINARKOMMISSION BEIM RECHNUNGSHOF; SENAT II, vom 06.11.2014, GZ 101/20 Dis/14 nach Durchführung einer mündlicher Verhandlung am 18.03.2015 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Beiden Beschwerden wird gem. § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG teilweise stattgegeben und der Spruch wie folgt abgeändert:

 

Ministerialrat Mag. Dr. XXXX ist schuldig. Er hat am 11.01.2010 einen ihm anvertrauten und noch nicht approbierten Entwurf des Prüfungsergebnisses, betreffend die Gebarungsprüfung des Landes XXXX hinsichtlich des Veranlagungsmanagements der Erlöse aus der Verwertung der WBF-Darlehen und dem Verkauf der Beteiligungen des Landes an die XXXX, bei einer Besprechung mit dem Geschäftsführer der XXXX in den dortigen Räumlichkeiten für ca. 10 Minuten während einer Besprechungspause ungeschützt liegen gelassen und dem Geschäftsführer der XXXX - obwohl diesem mit Ausnahme der Zahlen und Tabellen keine amtliche Mitteilung zu machen war - grob fahrlässig ermöglicht, den noch nicht approbierten Entwurf des gesamten Prüfberichtes kopieren zu lassen und damit zur Kenntnis zu nehmen, obwohl die Entscheidung über den konkreten Inhalt und die Formulierungen in der Hierarchie des Rechnungshofes noch nicht getroffen worden war und durch das vorzeitige Bekanntwerden die Entscheidung erschwert werden hätte können.

 

Dies trotz der Weisung seines Vorgesetzten, Punkt 13.1. des Qualitätsstandards für Gebarungsüberprüfungen - Prozessschritte zum Prüfungsergebnis, Kap. 5 des Prüfungshandbuches des Rechnungshofes vom 01.01.2009, GZ 102.692/004-S5-3/08, die lautete:

 

"13.1 Gesicherte Verwahrung der Unterlagen

 

Alle mit dem Prüfungsergebnis befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in ihrem jeweiligen Bereich verantwortlich, die Unterlagen im Zusammenhang mit der Erstellung des Prüfungsergebnisses der Schutzwürdigkeit entsprechend sicher zu verwahren.

 

Das Prüfungsergebnis und entsprechend vertrauliche Dokumente dazu sind als Verschlussstück laut den Verschlussbestimmungen und den Sicherungsmaßnahmen der Büroordnung (BO-RH 2008, §§ 19-26) zu behandeln."

 

Er hat dadurch seine Dienstpflicht zur Amtsverschwiegenheit nach § 46 Abs. 1 BDG und seine Dienstpflicht gem. § 44 Abs. 1 BDG, die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen, gem. § 91 BDG schuldhaft verletzt.

 

Daher wird gem. § 92 Abs. 1 Z 3 iVm § 93 BDG eine Geldstrafe in Höhe von zwei Monatsbezügen verhängt.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschuldigte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Prüfungsleiter im Rechnungshof (RH). Im verfahrensgegenständlichen Fall war er nicht Prüfungsleiter, sondern als Gastprüfer Mitglied des dreiköpfigen Prüfungsteams, dass neben ihm aus XXXX(M.) und dem Prüfungsleiter Mag. XXXX (HE.) bestand.

 

2. Am 13.01.2010 erstattete die Dienstbehörde Disziplinaranzeige gegen den Beschuldigten. Darin wird diesem im Wesentlichen vorgeworfen, er habe einen ihm vom zuständigen Prüfungsleiter am 07.01.2010 zu Kontrolle und zum Korrekturlesen übergebenen Entwurf eines Prüfberichtes am 11.01.2010 zur geprüften Stelle XXXX(im Folgenden F.) mitgenommen. Der Beschuldigte habe bei einer Befragung am 13.01.2010 zugegeben, einer Mitarbeiterin der geprüften Stelle einen kurzen Einblick in den noch nicht genehmigten Prüfungsberichtsentwurf gewährt und in der Folge den Bericht für kurze Zeit unbeaufsichtigt im Büro der Mitarbeiterin liegen gelassen zu haben. Während dieser Zeit hätte sich diese eine Kopie des Berichtentwurfes machen können. Jedenfalls habe sich am 12.01.2010 ein Exemplar dieses Berichtsentwurfes bei der geprüften Stelle befunden, als M. dort eine telefonische Abklärung durchgeführt habe.

 

3. Am 15.01.2010 wurde der Beschuldigte gem. § 112 Abs. 1 BDG vorläufig vom Dienst suspendiert.

 

4. Am 20.04.2010 erließ der Senat 2 der Disziplinarkommission beim RH (DK) einen Suspendierungsbescheid.

 

5. Ebenfalls am 20.04.2010 fasste der Senat 2 der DK einen Einleitungsbeschluss (AS 192) dem er den oa. Sachverhalt zu Grunde legte und damit den Verdacht von Dienstpflichtverletzungen gem. § 43 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 46 Abs. 1 BDG i.V.m Art 127 Abs. 6 B-VG, §§ 5 u. 15 Abs. 8 RHG sowie der sicheren Verwahrung von Unterlagen nach den Qualitätsstandards des RH, TZ 13, begründet sah.

 

6. Ein am 30.05.2010 gestellter Antrag des Beschuldigten auf Verringerung der mit der Suspendierung verbundenen Bezugskürzung gem. § 112 Abs. 4 BDG wurde von der DK mit Bescheid vom 15.07.2010 abgewiesen (AS 247 - 250).

 

7. Am 29.07.2010 berichtete die Tageszeitung "XXXX" von einer undichten Stelle im RH, von der Suspendierung und der Einleitung eines Disziplinarverfahrens, woraufhin die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption am 19.08.2010 ein Verfahren gegen einen unbekannten Mitarbeiter im RH (dem Beschuldigten) gem. StPO einleitete (AS 259), wodurch das Disziplinarverfahren gem. § 114 Abs. 2 BDG unterbrochen wurde.

 

8. Mit Schreiben vom 20.12.2011 teilte die nunmehr Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKSTA) mit, dass gegen den Beschuldigten ein Strafantrag wegen § 310 StGB beim Landesgericht für Strafsachen in WIEN (LG) zu GZ 113 Hv 165/11d anhängig gemacht worden sei.

 

9. Am 28.02.2012 fand am LG eine Verhandlung in der Causa statt, bei der der Beschuldigte freigesprochen wurde, der Richter begründete den Freispruch erstens damit, dass der Beschuldigte mit der Weitergabe nicht vorsätzlich ein "Geheimnis" verraten und damit ein "öffentliches Interesse" verletzt habe, weil der Bericht ohnehin inhaltlich schon fertig gewesen sei und am 14.01.2010 der geprüften Stelle offiziell übermittelt wurde, sowie die Zahlen ohnehin von der geprüften Stelle stammten. Zweitens, sei der Beschuldigte zwar dienstrechtlich Beamter, nicht jedoch in strafrechtlicher Sicht, da sei er "Hilfsorgan des Nationalrates" und damit kein Teil der Verwaltung. Dem Urteil ist ua. zu entnehmen, dass der Beschuldigte dem Geschäftsführer der geprüften Stelle, vorsätzlich Einsicht in das noch nicht approbierte Prüfungsergebnis nehmen ließ und während der etwa eine Stunde dauernden Besprechung, einmal - etwa für 10 Minuten - den Besprechungsraum verlassen habe, um die Toilette aufzusuchen und sich einen Kaffee aus der Kaffeeküche zu holen. In seiner Abwesenheit habe der Geschäftsführer den Entwurf des Prüfungsergebnisses kopieren lassen, ohne dass der Beschuldigte dazu sein Einverständnis erklärt oder es bemerkt habe, dies habe er nicht gewollt.

 

Die WKSTA legte gegen dieses freisprechende Urteil Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld ein.

 

10. Am 29.10.2012 hob das Oberlandesgericht WIEN (OLG) als Berufungsgericht das Urteil des LG auf und wies die Strafsache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschuldigte mit der Gebarungsprüfung funktional als Beamter im Sinne des § 74 Abs. 1 Z 4 StGB und damit als Tatbestandssubjekt des § 310 StGB tätig geworden sei. Für die Beantwortung dieser Frage spiele die Zuordnung des RH als Organ der Legislative keine Rolle. Es sei entscheidend, dass der Beschuldigte im Rahmen der Vollziehung des § 15 RHG tätig geworden sei.

 

Das Erstgericht gehe richtig davon aus, dass von den in Art. 20 Abs. 3 B-VG angeführten Verletzungseignungen im Gegenstand nur jene der Eignung zur "Beeinträchtigung der Vorbereitung einer Entscheidung" in Betracht komme. Der Entwurf des RH-Berichts sei jedenfalls ein Geheimnis, dessen Offenbarung geeignet sei, das öffentliche Interesse an der Vorbereitung einer Entscheidung zu verletzen. Der wesentliche Grund für die Verpflichtung zur Verschwiegenheit liege gerade darin, dass die geprüfte Stelle nicht vorzeitig von dem in Aussicht genommenen Prüfungsergebnis Kenntnis und damit nicht die Möglichkeit einer (allenfalls auch politischen) Einflussnahme erlangen solle. Es möge zwar zutreffen, dass das Prüfungsergebnis auf Zahlenmaterial der geprüften Stelle beruhe, inhaltlich bestehe es jedoch hauptsächlich aus Feststellungen, Folgerungen und Vorschlägen. Diese in Aussicht genommenen Darlegungen des RH seien geeignet, dass bei ihrem vorzeitigen Bekanntwerden jedenfalls die geprüfte Stelle noch allenfalls Einfluss zu nehmen versuche. Alleine der Anlass des Strafverfahrens (Artikel im Wirtschaftsteil eines Printmediums vom 29.07.2010) zeuge davon, dass gerade gegenüber der geprüften Stelle der Entwurf des Prüfungsergebnisses ein strikt zu wahrendes Geheimnis sei, zumal in der medialen Berichterstattung beinahe ausschließlich die Frage aufgeworfen worden sei, ob versucht worden sei, auf den Rohbericht nicht vor dessen Fertigstellung Einfluss zu nehmen. Der Entwurf des Berichtes bestehe gerade nicht nur aus Zahlen, die der geprüften Stelle allenfalls bekannt seien, sondern nahezu ausschließlich aus Feststellungen, Folgerungen und Vorschlägen, die der geprüften Stelle naturgemäß noch nicht bekannt gewesen seien.

 

Die Argumentation, die Auffassung des Beschuldigten sei im Hinblick auf die Wahrung des Parteiengehörs nicht widerlegbar, sei nicht haltbar, weil das Parteiengehör erst nach der Zustellung zur Äußerung einzuräumen sei und erst dadurch das Parteiengehör gewahrt werde, dessen Ergebnisse dann in den Endbericht einfließen. Die Aufgaben des RH bestünden jedenfalls nicht darin, den in Aussicht genommenen Rohbericht mit der geprüften Stelle gleichsam gemeinsam zu erarbeiten. Vielmehr solle diese mit dem Rohbericht konfrontiert werden, um sich danach zu äußern und allfälligen Verbesserungsvorschläge nachzukommen, die wiederum Niederschlag im Endbericht finden würden.

 

Selbst nach Überzeugung des Erstgerichtes habe der Beschuldigte gewusst, dass er in Bezug auf den Entwurf des RH-Berichtes zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet gewesen sei. Dass er in seiner Vorstellung davon ausgegangen sein soll, von seiner Pflicht zur Amtsverschwiegenheit ausgerechnet (und nur) gegenüber der geprüften Stelle "entbunden" zu sein, sei schwer vorstellbar. Zudem sei es durch mehrere Umstände indiziert, dass der Angeklagte sogar gewusst habe, er dürfe den Rohbericht niemanden auch nicht der geprüften Stelle zeigen. Das ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass der Entwurf - abgesehen von seiner Führung als Verschlusssache - handschriftliche interne Bemerkungen enthalten habe (Seiten 1, 8, 26 und 48) und auch aus den Bestimmungen der Prüfungsstandards des Rechnungshofes über die vertrauliche Behandlung. Der Beschuldigte habe sich im gesamten Ermittlungsverfahren nie damit verantwortet, er sei davon ausgegangen, die geprüfte Stelle dürfe Einsicht in den Entwurf des RH-Berichts nehmen.

 

Konkret habe der Beschuldigte am 13.01.2010 vor der Dienstbehörde deponiert, dass es nach Besprechungen des Entwurfes des Prüfungsergebnisses mit dem Prüfungsleiter am 11.01.2010 zu einem Treffen mit einer Angestellten der F., zu der er ein persönliches Naheverhältnis habe, in deren Büro gekommen sei. Diese habe ihn schon vor dieser Zusammenkunft gefragt, ob sie ein "Exemplar des Prüfungsergebnisses" haben könne, was er zunächst verneint habe. Nach heftigem Drängen ihrerseits habe er zugestimmt, dass sie einen kurzen Einblick in das Prüfungsergebnis nehmen können. Der Grund hierfür sei gewesen, dass der Geschäftsführer der F. in Kürze einen längeren Erholungsurlaub antreten und davor noch Einblick in das Prüfungsergebnis habe nehmen wollen. Daher habe er zu diesem Treffen den ihm vorliegenden Entwurf des Prüfungsergebnisses mitgenommen, ihr in dieses einen kurzen Einblick gewährt und es in weiterer Folge unbeaufsichtigt für kurze Zeit in ihrem Büro liegen lassen. Während dieser Zeit hätte die Angestellte eine Ablichtung des Prüfungsergebnisses erstellen können. Dass zu diesem Zeitpunkt das Prüfungsergebnis vom RH noch nicht genehmigt gewesen sei, sei ihm bewusst gewesen. Seine unbesonnene Handlung, die durch eine schwierige persönliche Situation ausgelöst worden sei, tue ihm sehr leid (AS 75 ff in ON 10).

 

Demgegenüber habe der Beschuldigte in seiner schriftlichen Stellungnahme 11.02.2010 erklärt, er habe am 07.01.2010 vom Prüfungsleiter einen Entwurf des Prüfungsergebnisses zur Kontrolle und Korrektur bzw. zur Klärung insbesondere der Tabellen und der umfangreichen Änderungen seines (des Beschuldigten) Entwurfes erhalten. Der von ihm bis dahin erarbeitete Sachverhalt sei seitens des Prüfungsleiters erheblich erweitert, in seiner Berichtsausführung sprachlich mit von ihm selbst oder einem anderen Prüfer erhobenen Feststellungen vermengt bzw. damit verbunden dargestellt worden. Es habe sich daher für ihn (den Beschuldigten) die Notwendigkeit einer entsprechenden Abklärung vor Ort ergeben. Dies habe sich bereits bei einem zuvor geführten längeren Telefongespräch mit einem Mitarbeiter der geprüften Stelle gezeigt, bei dem diese Abstimmungen und Zahlenkontrollen telefonisch, wegen der erforderlichen Einsicht in Unterlagen und Datengrundlagen und wegen Unterbrechungen aufgrund seiner Rückfragen bei anderen Mitarbeitern, nur sehr schleppend vor sich gegangen waren und daher schließlich mit der Vereinbarung eines Vororttermins abgebrochen worden seien.

 

Daher habe er sich am 11.01.2010 zu F. begeben und mit deren Geschäftsführer begonnen, die entsprechenden Abklärungen vorzunehmen. Im Zuge seiner Tätigkeiten habe er das Klosett aufsuchen müssen, auf dem er sich für einen Zeitraum von ca. 5 Minuten aufgehalten habe. Am Rückweg sei ihm im Foyer Kaffee angeboten worden, so dass nach insgesamt 10 - 12 Minuten samt der Kaffeetasse wieder das Besprechungszimmer betreten habe. Er könne nicht bestreiten, dass er seine Arbeitsunterlagen nicht auf die Toilette mitgenommen, sondern diesem Besprechungstisch liegen lassen habe. Er habe nicht davon ausgehen können, dass allenfalls Arbeitsunterlagen in der Zeit seiner Abwesenheit kopiert würden, weil die Mitarbeiter der geprüften Stelle immer kooperativ gewesen seien und kein Anlass zu einem Misstrauen in irgendeiner Richtung gegeben gewesen sei.

 

In seiner ersten Vernehmung als Beschuldigter [16.02.2011, AS 44] habe der Angeklagte betont, er sei am 11.01.2010 um ca. 17:00 Uhr mit dem internen Arbeitspapier zur Firma F. gekommen und habe sich in das Besprechungszimmer, indem nur der Geschäftsführer H. anwesend gewesen sei, begeben. Er habe sein "Arbeitspapier" geöffnet und H. die klärenden relevanten Inhalte, insbesondere Tabellen und Zahlenwerke gezeigt. Während dieser Besprechung habe. H. gesagt, "er müsse sich das anschauen". Er (der Beschuldigte) habe sinngemäß gesagt, "ja, schauen sie sich das an, ich muss sowieso auf das WC und hole mir auch einen Kaffee".

 

Noch vor dem 11.01.2010 sei er gefragt worden, ob die F. in das noch interne Arbeitspapier Einsicht nehmen könne, worauf er (der Angeklagte) geantwortet habe, "grundsätzlich nicht, aber wenn es darum geht, Zahlen und Tabellen abzuklären, komme ich zu ihnen". Dies habe er dann auch am 11.01.2010 getan (AS 31 in ON 13).

 

Bei seiner zweiten Vernehmung [05.05.2011] als Beschuldigter habe er diese Äußerung wiederholt, wonach er H. mitgeteilt habe, dass er grundsätzlich nicht in das Arbeitspapier Einsicht nehmen könne, wenn es aber darum gehe, Zahlen und Tabellen abzuklären, komme er vorbei und er habe auch angegeben, es sei nicht üblich, vorläufig nicht approbierte Prüfungsergebnisse der geprüften Stelle zukommen zu lassen. Dies sei auch im vorliegenden Fall nicht üblich und auch so nicht gemacht worden (AS 27 in ON 15).

 

Seine gesamte Verantwortung im Strafverfahren habe bis zuletzt darauf basiert, dass er mit H. lediglich "die Zahlen und Tabellen abgestimmt habe" (AS 9 in ON 31), der gesamte Bericht jedoch während seiner toiletten- und kaffeebedingten Abwesenheit unerlaubt kopiert worden sei.

 

Die Zeugin XXXX(P.), eine der beiden Sekretärinnen habe wiederum deponiert, dass der Angeklagte nach ihrer Erinnerung am späten Vormittag des 11.01.2010 zur F. gekommen und sogleich in das Besprechungszimmer geleitet worden sei. Nach einiger Zeit sei H. zu ihr gekommen und habe ihr einen Stoß Papier zum Kopieren übergeben. Sie habe sich gedacht, dass diese Unterlagen jener Bericht sein könne, auf den schon gewartet worden sei. Beide Stöße habe sie unmittelbar nach dem Kopiervorgang in das Besprechungszimmer getragen, wo nur H. und der Beschuldigte anwesend gewesen seien.

 

Die den Einlassungen im Strafprozess krass widerstreitenden Behauptungen des Angeklagten im Disziplinarverfahren, insbesondere zum Anlass des in Rede stehenden Vororttermins sowie des Ortes des Zurücklassens des Entwurfs des Rohberichts würden zunächst schon fraglich erscheinen lassen, ob die P. (oder die zweite Sekretärin) mit der dem Angeklagten laut seiner ersten Verantwortung nahestehenden Angestellten ident sei.

 

Gleichermaßen spräche, bei den dargestellten widersprüchlichen Verfahrensergebnissen, das Verhalten des Beschuldigten, nämlich das ungesicherte Zurücklassen des als Verschlusssache geführten Entwurfes während einer Pause im Besprechungsraum, in welchem H. zurückgeblieben sei, gegen die Gutgläubigkeit des Angeklagten, der ein langjähriger, erfahrener nunmehr bereits den Rang eines Ministerialrats bekleidenden Mitarbeiter des RH gewesen sei, der mit den ihn treffenden Berufspflichten bestens vertraut sein habe müssen.

 

Wegen der zusätzlichen nicht ausreichend abgeklärten Fragen, aus welchen Gründen der Angeklagte seine spätere auf Hintergehung lautende und demgemäß jeden Vorsatz auf Geheimnisverrat bestreitende Verantwortung, nicht sogleich anlässlich seiner ersten Einvernahme vor dem RH deponiert worden sei, weiteres er zu Besprechung bei der F. nicht bloß das Zahlenwerk, sondern bereits den Entwurf des Rohberichts mitgenommen habe, ebenso warum er, bei offensichtlich nur mehr notwendigen Redigierungsarbeiten (Kontroll-und Korrekturlesen!) bezüglich der eingewendeten Hinzufügungen und sprachlichen Unklarheiten nicht ein anderes Mitglied des Prüfungsteam einband und von der Vornahme der angeblich für nötig gehalten Nachforschungen, deren konkrete Zielrichtung bislang im Dunkeln geblieben sei, informierte, stehe fest dass das Urteil aufzuheben und die Verhandlung in erster Instanz zu wiederholen sei.

 

In dieser Verhandlung werde zu klären sein, warum der Beschuldigte trotz des Wissens um das Interesse des H. am Prüfungsbericht diesen dennoch dort habe liegen lassen. Weiters durch Einvernahme des Leiters des Prüfungsteams, ob vor endgültiger Fertigstellung des Rohberichts - trotz des Stadiums - tatsächlich noch vor Ort Abklärungen notwendig gewesen seien. Sowie, ob tatsächlich ein erheblicher Zeitdruck bestanden habe und das Einschreiten nur eines Mitgliedes des Prüfungsteams üblich bzw. zweckmäßig gewesen sei.

 

Unerlässlich erscheine auch die zeugenschaftliche Einvernahme der Sekretärin P. sowie die Einvernahme der den Beschuldigten am 13.01.2000 befragenden Beamten des Rechnungshofes über die Einzelheiten und Inhalte des Verlaufes des Gespräches mit dem Beschuldigten.

 

11. Die vom OLG aufgetragene Wiederholung der Hauptverhandlung fand am 08.01., 05.02. und 12.03.2013 statt.

 

Wesentliche Aussagen des Beschuldigten dabei waren, dass er seine Aussagen am 13.01.2010 in der Aufregung wahrscheinlich so getätigt habe, er wisse nicht mehr warum er das so gesagt habe. Er habe kein persönliches Naheverhältnis zur Sekretärin Fr. XXXX(N.), lediglich oft mit ihr telefoniert. Das Drängen sei terminlicher Natur gewesen, weil der Geschäftsführer H. auf Urlaub habe gehen wollen. Dieser habe öfter urgiert, wann der Bericht endlich fertig sei. Er habe damals familiärere Probleme gehabt und beruflichen Druck. Er habe den ganzen Rohbericht mitgenommen, weil es um 10 - 15 Tabellen gegangen sei und diese herauszunehmen wäre unüblich gewesen. Verschluss bedeute, dass die Inhalte nicht Dritten kommuniziert werden dürften, dies sei aber nicht der Geschäftsführer der geprüften Einrichtung. Das Parteien nicht Einsicht nehmen dürften und sich die Vertraulichkeit auch auf diese beziehe, sei ihm nicht bewusst gewesen. Es sei bei ihm üblich gewesen, dass er mit dem Rohbericht zur geprüften Stelle fahre. Es sei ihm bis heute nicht klar, warum im Rechnungshof so eine Aufregung darüber geherrscht habe, wo doch die geprüfte Stelle den Bericht ohnehin bekäme. Er sei der Meinung, dass er zwar den Rohbericht nicht herzeigen dürfe, aber der eigentliche fertige Rohbericht dem Endbericht gleichzusetzen gewesen sei und die geprüfte Stelle die Ergebnisse ohnehin schon mündlich verkündet bekommen habe (Schlussbesprechung hatte schon stattgefunden). Er wisse, dass die Qualitätsstandards eine Dienstanweisung seien und wo diese zu finden wären. Verschluss sei hinsichtlich Medien und politische Opposition zu verstehen, die sich für RH-Berichte interessiere. Im Bericht seien positive und negative Aspekte für die geprüfte Stelle gewesen. Er habe die F. schon einige Male geprüft und nie Auffälligkeiten feststellen können.

 

Er habe kein Naheverhältnis zur geprüften Stelle oder zu deren Mitarbeitern. Er habe dem Geschäftsführer gesagt, dass er den approbierten Rohbericht nicht hergeben dürfe, nur den noch nicht approbierten. Die Herausgabe der Prüfungsergebnisse würde nicht den Verfahrensgrundsätzen entsprechen, wenn das Prüfungsergebnis approbiert sei, unterliege es im höheren Maß der Vertraulichkeit und Verschwiegenheit (S. 9 - Verh. 05.02.2013). Im Rahmen der Schlussinformation oder am Ende, werde der geprüften Stelle in der Regel mitgeteilt, dass die meisten oder überwiegenden Zahlen nur mehr sprachlichen Formulierungen und keinen inhaltlichen Änderungen mehr unterliegen würden. Zum damaligen Zeitpunkt habe es noch kein Verschlusskuvert gegeben, nur am Bericht sei Verschluss gestanden. Ein Verschlussstück werde zum Verschlussstück, wenn es den entsprechenden Status und Inhalt habe. Für ihn liege ein Verschluss erst vor, wenn das Prüfungsergebnis approbiert sei und/oder ins Verschlusskuvert komme, weil es erst dann ein sprachlich ausformuliertes offizielles Ergebnis darstelle (S. 12 u. 14 - Verh. 05.02.2013). Das Kopieren der Unterlagen sei aber verboten, weil die Kopien möglicherweise an die Medien gehen und irgendwo unsachgemäß verwendet würden. Schlussfolgerungen bekäme die geprüfte Stelle bei der Schlussbesprechung mündlich präsentiert (S. 16 u. 17 - Verh. 05.02.2013).

 

Die Zeugin P. , sagte im Wesentlichen aus, sie habe den Beschuldigten nur flüchtig gekannt, ihre Kollegen N. habe öfter mit ihm telefoniert, weil diese schon länger in der F. wäre. H. sei aus dem Besprechungszimmer gekommen, habe ihr - das nehme sie an, weil RH oben gestanden sei und alle auf den Bericht gewartet hätten, den Bericht zum Kopieren gegeben, als der Beschuldigte im Haus war. Sie habe den Bericht und die Kopien ins Zimmer zurück gebracht, das habe der Beschuldigte gesehen. Man müsse nicht bei ihr vorbei, wenn man vom Besprechungszimmer auf die Toilette oder ins Kaffeezimmer gehe. Von ihrem Büro aus hätte man auch nicht gesehen, wenn jemand das Besprechungszimmer verlasse. Über das Verhältnis ihrer Kollegin N. mit dem Beschuldigten könne sie nichts sagen. Sie habe kein Naheverhältnis zu ihm. Mag. LAHNER (L.) von der Tochtergesellschaft habe nicht gewusst, dass sie den Bericht eigentlich nicht hätten haben sollen.

 

Der Zeuge Mag. HE., zuständiger Prüfungsleiter des RH, gab zusammengefasst bei der Verhandlung am 05.02.2012 (S. 19 ff) an, dass bei der Schlussbesprechung mit der geprüften Stelle die Ergebnisse präsentiert würden, ohne die Kritikpunkte und ohne die Empfehlungen. Die Schlussbesprechung sei im Juni oder Juli dieses Jahres durchgeführt worden. Es seien keine Unterlagen aus der Hand gegeben worden, nur Positionen dargelegt, nicht ausformulierter Text.

 

Der Beschuldigte habe den Auftrag gehabt den von ihm (dem Zeugen) fertig gestellten Entwurf zu lesen, speziell seinen Teil (die Auszahlungen zwischen der F. und dem Land), an einen Auftrag noch einmal Kontakt mit der F. aufzunehmen, könne er sich nicht erinnern. Gefragt, ob es einen Auftrag gegeben habe, die Zahlen bei der F. noch einmal zu überprüfen bzw. die Richtigkeit der Quellen, gab er an, dass die Zahlen von der F. stammen würden, er habe sie nicht verändert, sondern eine andere Darstellungsweise gewählt. Es sei ihm darum gegangen zu schauen, ob eben diese Stelle, in dieser Spalte, die Aussagekraft nicht verändert habe. Eine zwingende Notwendigkeit Rücksprache mit der F. zu halten, habe es nicht gegeben, weil die Tabellen beibehalten worden seien. Wenn der Prüfer es für notwendig erachte, könne er Rücksprache halten, das sei seine Entscheidung, er sei für seinen Beitrag verantwortlich. Gefragt, ob es eine Möglichkeit gegeben habe, einzelne Teile (etwa die Tabellen) aus dem Rohbericht herauszukopieren, anstatt mit den gesamten Rohbericht zur F. zu gehen, bejahte er dies.

 

Von dem Rohbericht habe es drei Exemplare gegeben, zwei davon habe er bei sich gehabt, so bleibe nur das Exemplar des Beschuldigten über, das hinausgegangen sei.

 

Es habe danach 2 - 3 Gespräche mit dem Beschuldigten gegeben, der habe immer verneint, dass er das Exemplar hinausgegeben habe. An die genauen Inhalte der Gespräche könne er sich nicht mehr erinnern. Die Aussagen vom 13.01. seien so gefallen, wie von Mag. XXXX (AC.) niedergeschrieben (S. 30ff), an die einzelnen Worte könne er sich jetzt nicht mehr erinnern. Als Erklärung habe der Beschuldigte angegeben, er habe dem Geschäftsführer - möglichst vor dessen Urlaub - Gelegenheit geben wollen zum Entwurf Stellung zu nehmen. Es sei nicht üblich, dass der geprüften Stelle, das Prüfungsergebnis hingelegt und gesagt werde, dass sich diese das Ergebnis anschauen solle, das widerspräche den Bestimmungen.

 

Das persönliche Naheverhältnis des Beschuldigten hätte zu einer Sekretärin bestanden.

 

Der Zeuge Mag. XXXX (A.), damals zuständiger Sektionschef im RH und nunmehr im Ruhestand, gab an (S. 36 ff), er sei bei der Schlussbesprechung nicht anwesend gewesen. HE. habe ihn informiert, dass etwas hinausgegangen bevor es approbiert worden sei. Das sei ein Problem, weil Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse und Qualitätsmängel vorhanden sein könnten. Man wisse ja nicht wer was bekomme. Nach den internen Vorschriften dürfte der der noch nicht approbierte Bericht nicht ausgefolgt werden und keine Einschau gewährt - auch nicht dem Geschäftsführer der geprüften Stelle. Es könne sein, dass es im konkreten Fall notwendig gewesen sei, bestimmte Tabellen abzulichten und dem Geschäftsführer zu zeigen, dies würde er für unbedenklich halten, wenn noch Nachforschungen oder Adaptierungen notwendig seien. Es sei nicht üblich mit einem Rohbericht zur geprüften Stelle zu fahren. Der Beschuldigte habe am 13.01. gesagt, er habe mit einer Angestellten der F. gesprochen, diese hätte gewollt, dass er ihr den Bericht gäbe. Er habe ihr den Bericht aber nicht überreicht, sondern nur zugesagt, dass sie hineinschauen könne und dann habe er den Raum verlassen, dann könne es sein, dass sich diese eine Ablichtung gemacht habe. Ein Geschäftsführer habe einen Urlaub antreten wollen und man habe Missverständnisse aufklären bzw. Sachen im Vorfeld dringend klären wollen. Er habe auch beschrieben, dass er ein gewisses Naheverhältnis zu dieser Mitarbeiterin gehabt habe. Er (der Zeuge) habe da nicht weiter nachgefragt. Ein gewisser Zeitdruck sei ihm Rechnungshof immer vorhanden.

 

Der Zeuge Mag. AC (S. 42 ff), führte aus, er habe am 13.01.2010 bei der Befragung des Beschuldigten eine Niederschrift abgefasst. Er bestätigte die Inhalte der Niederschrift und ergänzte, dass es ein offenes Gespräch gewesen, bei dem kein Druck gemacht worden sei und der Beschuldigte seines Erachtens auch durchaus gewusst habe, dass er gegen interne Vorschriften des Rechnungshofes verstoßen habe. Der Vermerk "Verschluss" löse aus, dass das jeweilige Geschäftsstück nur von den zuständigen Personen im Prüfungsteam und von jenen Personen die im Genehmigungsweg befasst seien, eingesehen werden dürfe. Das Kontroll- und Korrekturlesen diene der Zahlenkontrolle und ob Formulierungen, Satzstellungen, Rechtschreibung richtig sei. Auch die geprüfte Stelle dürfe den Rohbericht erst nach der Approbation sehen, weil dies sonst den internen Genehmigungen und gesetzlichen Bestimmungen widersprechen würde.

 

Der Zeuge Dipl. Ing. M., Rechnungshofbeamter und im Prüfungsteam, gab im Wesentlichen an (S. 48), er habe im Auftrag des Prüfungsleiters telefonische Nacherhebungen bei der F. gemacht. Er habe nachdem er erfahren habe, dass die F. ein Berichtsexemplar habe, den HE. informiert, weil er selbst unsicher gewesen sei, ob nicht die geprüfte Stelle auch zu den "unbefugten Dritten" gehören würde. Wenn Verschluss drauf stehe, dann sei es jedenfalls ein Verschlussakt. Er sei vor dem Vorfall auf Urlaub gewesen, es habe aber Zeitdruck bestanden. Bei heiklen Dingen würden sie immer zu zweit zur geprüften Stelle fahren.

 

Der Zeuge Mag. L., Angestellter der F. führte im Wesentlichen aus (S. 54 ff) er sei damals bei der "XXXX beschäftigt gewesen, diese sei der "Asset-Manager" des Landes und des Fonds gewesen und von der F. gegründet worden. Dkfm. H. habe ihn damals gerufen, ihm den RH-Bericht übergeben und beauftragt sich Zahlen, Tabellen, Graphiken anzusehen, damit nichts Falsches hinausgehe. Er sei zur Vertraulichkeit verpflichtet gewesen. Bei der Übergabe seien Fr. P. und Fr. N., die beiden Sekretärinnen anwesend gewesen, den Beschuldigten habe er nicht gesehen.

 

Bei der Verhandlung am 12.03.2013 gab der Zeuge Dkfm. H. (Pensionist und ehemaliger Geschäftsführer der F.) zu Protokoll, er habe insgesamt fünf Rechnungshofprüfungen miterlebt. Zur gegenständlichen Prüfung habe es zwar Besprechungen aber keine Schlussbesprechung gegeben, wo man die Daten und Fakten auf den Tisch gelegt habe. Er sei damals nicht über den Inhalt, sondern über Umfang und Fülle des Berichtes überrascht gewesen. Ein RH-Bericht sei nie ganz positiv. Die Eckpunkte seien aus den zitierten Besprechungen schon bekannt gewesen. Es sei das Schlussbesprechung genannt worden, bevor der Prüfer die Firma verlasse, danach habe es weitere Besprechungen gegeben. Das eigentlich Interessante seien die Rohberichte, diese seien auch immer wieder in den Medien aufgetaucht, er wisse nicht wie der gegenständliche Rohbericht seinen Weg in die Medien gefunden habe. Er habe seit Juli monatlich gedrängt den Bericht zu bekommen.

 

Der Beschuldigte habe angerufen und gesagt, er wolle insbesondere den Ziffernaufbau (die Tabellen) nocheinmal abstimmen. Er habe geplant gehabt, Mag. L. mit der Prüfung der Zahlen zu beauftragen. Näher befragt, könne er sich nicht erinnern, ob die umfangreichen Papiere der Bericht gewesen wären, er habe eine Kopie machen lassen, entweder von L. oder P. er wisse es nicht mehr. Er könne nicht mehr sagen, ob der Beschuldigte da gewesen sei. Er habe alles kopieren lassen, weil er in der Geschwindigkeit nicht gesehen habe, wo überall Ziffern oben gewesen seien. Er habe nicht wahrgenommen, dass das Wort "Verschluss" oben gestanden sei. Er glaube er habe gebeten nocheinmal einen Blick auf die Zahlen zu werfen bevor er auf Urlaub fahre (S. 13). Ca. 10 Tage danach habe er den Urlaub angetreten. Die Zahlen die Mag. L. verglichen habe, ob diese richtig abgeschrieben seien, hätten teilweise nicht gestimmt. Er habe einen großen Unterschied zwischen dem Entwurf des Rohberichtes und dem Rohbericht festgestellt (S. 16).

 

Sinngemäß gab er weiters an, es sei wichtig, dass der Rohbericht der zur Stellungnahme ausgesendet werde stimme, weil dieser meistens seinen Weg in die Medien oder zur Opposition (konkret hier zu den Grünen) finde, während die Stellungnahmen die die geprüfte Stelle zum Rohbericht abgäben, nie erscheinen würden. Er habe bei dem Bericht den er bekommen habe, gewusst, dass dies nicht der endgültige Rohbericht gewesen sei (S. 18).

 

Nach Einsicht in den Bericht glaube er, dass es darin Schlussfolgerungen gäbe, die auch schon im Entwurf gewesen wären. Ein Großteil der Schlussfolgerungen sei mit Erscheinen des Berichts erledigt gewesen. In den Medien sei immer nur die "Kurzfassung" gewesen. Es sei eine Binsenweisheit kritisiert worden, dass das Portfolio nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 nicht den Wert hatte. Das Portfolio habe einen Wert von minus 70 % gehabt. Ihn hätten die Schlussfolgerungen im Prinzip nicht interessiert, sondern nur die Tabellen und Zahlen, die von der F. gekommen wären (S. 20). Er habe aber nie einen der fünf Berichte geschrieben, geändert oder beeinflusst. Zum konkreten Bericht habe die Pressesprecherin des RH in Reaktion auf den Artikel in der Zeitung gesagt, es sei keinerlei Einflussnahme erfolgt. Er habe nirgends angerufen, es sei nichts gemacht worden.

 

Abschließend äußerte sich der Beschuldigte (S. 21) noch dahingehend, dass es ein beiderseitiges Interesse gegeben habe die Dinge abzuklären. Er habe immer die Rohberichte mitgenommen aber nie liegen lassen und sei auch in diesem Fall nicht extra auf die Toilette gegangen, damit der Entwurf unbeaufsichtigt sei. Kopien/Ausdrucke der Tabellen und Zahlen habe er deshalb nicht angefertigt, weil er - so glaube er - den Bericht nicht elektronisch gehabt habe und diese über den ganzen Bericht verstreut gewesen seien. Wenn er etwas Unerlaubtes hätte tun wolle, hätte er dies sicher nicht so gemacht. Auf die Toilette sei er vielleicht gegangen, weil er unter Druck (privat/dienstlich) gewesen sei. Auf Frage der StA wie die Besprechung geendet habe, gab er wörtlich an (S. 23): "Er hat die Punkte genannt, die er sich anschauen möchte.

Ich habe gesagt: ‚Ok, schau dir an, ich gehe derweil auf die Toilette und hole mir dann draußen noch einen Kaffee.' Genau so ist es passiert. Wir haben dann noch ein-, eineinhalb Stunden lang einzelne Teile der Zahlen und des Aufbaus besprochen. Er hat gesagt, wenn ihm etwas einfällt, meldet er sich."

 

Der Verteidiger beantragte im Folgenden ein diversionelles Vorgehen, die StA hatte im Hinblick auf das lange Zurückliegen der Tat und die Verantwortungsübernahme keine Einwände.

 

12. Das Strafverfahren wegen § 310 StGB wurde mit Beschluss des LG vom 22.04.2013 gem. §§ 198 Abs. 1 iVm 199 StPO (Diversion) eingestellt, nachdem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und der Beschuldigte € 1.200,- entrichtet hatte (AS 327). Die Einstellung des Strafverfahrens langte am 03.05.2013 bei der DK ein und diese setzte das Disziplinarverfahren fort.

 

13. Mit Bescheid vom 15.10.2013 erließ die DK/Senat 2 einen Verhandlungsbeschluss (AS 562) gegen den Beschuldigten. Der Vorwurf lautete, er habe den genannten Entwurf des Prüfungsergebnisses für mehrere Minuten unbeaufsichtigt liegen gelassen die Herstellung einer Kopie dieses Schriftstückes durch Mitarbeiter der geprüften Stelle ermöglicht und dadurch gegen die Pflichten zur Amtsverschwiegenheit gemäß § 46 Abs. 1 BDG und die Pflicht zur gesicherten Verwahrung von Unterlagen gemäß Punkt 13.1 Abs. 1 des Qualitätsstandards für Gebarungsüberprüfungen - Prozessschritte zum Prüfungsergebnis, Kap. 5 des Prüfungshandbuches des Rechnungshofes vom 01.01.2009, GZ 102.692/004-S5-3/08, verstoßen.

 

14. Dagegen erhob der BF am 30.10.2013 Berufung bei der damaligen Berufungskommission im Bundeskanzleramt (BK), welche dort am 19.11.2013 einlangte und inhaltlich vor allem damit begründet war, dass durch die Geschäftsverteilungen das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt worden sei.

 

15. Am 20.12.2013 langte die Entscheidung der BK vom 19.12.2013, GZ 84/11-BK/13, bei der DK ein. Der Berufung wurde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt (AS 621).

 

16. Mit Schriftsatz vom 30.01.2014 erhob der Beschuldigte Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG beim Verfassungsgerichtshof (VfGH), welche am 19.02.2014 bei der DK einlangte. Bekämpft wurde im Wesentlichen die Geschäftsverteilung der DK für das Jahr 2013 in Bezug auf die Senatszuweisung (gesetzwidrige Verordnung) sowie eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet.

 

17. Am 17.10.2014 langte bei der DK der Beschluss des VfGH vom 06.07.2014, B 164/2014 (AS 715) ein, mit der dieser die Behandlung der Beschwerde ablehnte, weil keine hinreichende Aussicht auf Erfolg zu erwarten war. Der VfGH sah hinsichtlich der Rüge der Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nur die Folge einer allenfalls unrichtigen Anwendung des Gesetzes und führte zur Frage der Behauptung der Rechtwidrigkeit der Verordnung über die Geschäftsverteilung unter Hinweis auf seine Rechtsprechung (VfGH 26.02.2014, B 1058/2013;

VfSlg. 13.606/1993; VfGH 07.06.2013, B 172/2013) aus:

 

"Die Geschäftsverteilung knüpft für die Senatszuständigkeiten in bereits vor Inkrafttreten der Geschäftsverteilung anhängigen, aber noch nicht beschlossenen Rechtssachen, an die Geschäftsverteilungen der Vorjahre an. Die Geschäftsverteilungen für die - innerhalb der Funktionsperiode der DK von 2008 - 2012 gelegenen - Kalenderjahre 2011 und 2012 regelten wiederum ausschließlich die Verteilung der im betreffenden Kalenderjahr einlangenden Fälle und ließen die Zuständigkeit in dem bereits anhängigen Rechtssachen erkennbar unberührt. Für die Senatszuständigkeiten im vorliegenden Fall maßgeblich ist daher die Geschäftsverteilung für das Kalenderjahr 2010. Die Geschäftsverteilung wurde am 05.08.2010 kundgemacht. Für den VfGH besteht kein Zweifel, dass der erkennende Disziplinarsenat für die vorliegende Rechtssache spätestens mit dieser Kundmachung zuständig war."

 

18. Am 28.10.2014 fand eine mündliche Verhandlung vor der DK statt. Inhaltlich blieb der Beschuldigte bei seiner Verantwortung. Zur konkreten Situation führte er im Wesentlichen aus, er habe einen Termin mit H. ausgemacht, um das aufwendige und astrukturell neu formierte Zahlenwerk (15 Tabellen) noch einmal zu besprechen. Er sei gegen 11:00 Uhr hingegangen und habe das Gesamtwerk (Entwurf, seine verfassten Berichtsbeitrag, die von der F. übermittelten Tabellen) mitgehabt, weil auch Fragen zur Herleitung der Zahlen in den Tabellen nachzuvollziehen gewesen seien und der Auftrag gelautet habe "schau dir alles an". Bei der F. müsse man sich unten anmelden. Bei der Besprechung sei nur H. anwesend gewesen. Mit den anderen Personen habe es höchstens eine Begrüßung gegeben.

 

Er und H. hätten sich wechselseitig Tabellen gezeigt und die Zahlenwerke immer wieder mit Zwischenfragen abgeklärt. Die Prüfung sei mehr als ein halbes Jahr zuvor abgeschlossen worden und es habe mögliche Entwicklungen gegeben, die zu diskutieren gewesen seien, um zu einer Schlussfolgerung zu kommen, wenn dies ein mehrere Monate alter Status sei.

 

Er habe den Raum ein- oder zweimal verlassen, er wisse nicht mehr genau, es sei nicht unüblich, den Raum zum Zweck des Toilettenbesuches oder um sich einen Kaffee zu holen, zu verlassen. Er sei dann zurückgekommen und könne sich an keine Auffälligkeiten erinnern, wie etwa einen Durcheinander. Sie hätten ganz normal weitergesprochen. Die Möglichkeit, dass eine Kopie durchgeführt worden sei, sei ihm nicht in Erinnerung. Er erinnere sich, dass zwischendurch irgendwer in dem Besprechungsraum gekommen sei, aber ob dies die Sekretärin P. oder etwa Frau N. oder Mag. L. gewesen seien, könne er weder ausschließen noch bestätigen. Er wisse nur, dass er und H. sicher nicht die volle Stunde oder 1,5 Stunden gänzlich alleine dort gesessen seien. Wann und wer sich dort im Besprechungsraum bewegt habe, könne er nicht mit Bestimmtheit sagen. Er sei dann gegangen, es habe die eine oder andere Anmerkung die sich auf formale Fragen bezogen habe, gegeben. An die Verabschiedung mit H. könne er sich nicht erinnern, dieser habe das Prüfungsergebnis aber schon mehrfach vorher urgiert gehabt und habe auch hier wieder wissen wollen, wann das Ergebnis komme. H. sei dann in den nächsten Tagen in einem längeren Urlaub gewesen. Vom Zeitablauf her sei an diesem Tag nicht mehr passiert. An eine vorher stattgefundene definierte Schlussbesprechung könne er sich nicht erinnern; es habe nur einmal im August 2009 eine größere Besprechung mit dem Landesrat gegeben. Daran, dass die Sekretärin noch in die Besprechung gekommen sei und eine Kopie des Prüfungsergebnisses dem H. übergeben hätte, könne er sich nicht erinnern. Ihm habe sie definitiv nichts in die Hand gedrückt.

 

Als Rechtfertigung für sein Tun führte er an, er sei in der Zeit sehr angespannt gewesen, beruflich habe er keinen Fehler machen wollen und privat habe seine Frau eine Krebs-Therapie gehabt. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er eine Verletzung des Amtsgeheimnisses oder eine dienstrechtliche Verfehlung getätigt hätte, mit H. habe es immer einen kritischen und sachlichen Austausch gegeben. Wenn er der F. den Bericht hätte zukommen lassen wollen, wäre er ins Kaffeehaus gegangen oder hätte ihn mit der Post oder mit Boten geschickt, aber wäre sicher nicht hingegangen. Für ihn sei der Bericht noch ein internes Arbeitspapier gewesen, die handschriftlichen Anmerkungen seien nicht vom Sektionschef oder Präsidenten gewesen. Die Anmerkungen des Prüfungsleiters seien nur in zwei Fällen zu Ausschüttungen/Auszahlungen erfolgt, der Rest sei von ihm gewesen. Der approbierte Prüfungsbericht sei zwei bis drei Tage nach dem 11.01.2010 an die F. geschickt worden.

 

Der Zeuge H. (AS 758) - der gleich zu Beginn angab, sich nur an das erinnern zu können, was im Gerichtsverfahren und in der Presse gewesen sei - führte im Wesentlichen an, er habe nie etwas Verbotenes darin gesehen einen Entwurf des Prüfungsberichtes zu sehen. Rohbericht - Stellungnahme - Endbericht so laufe das in der Praxis nicht. Wenn der Rohbericht im Internet sei, sei die Sache erledigt. Die Stellungnahmen der Geprüften würden in Wahrheit keinen mehr interessieren. Die Verantwortung werde in der Politik gesucht, der Geprüfte habe ein Interesse, dass klare Objektiva vorlägen und vor allem die Zahlen stimmen würden. Der Prüfer und der Geprüfte würden gemeinsam die Verantwortung für die Richtigkeit des Rohberichtes tragen. Er sehe auch kein Problem darin, dass der Geprüfte auch die Beurteilungen des RH sehe und nicht nur die Zahlen, weil diese ohnehin nach außen vertraulich behandelt würden.

 

Zur Frage, wer den Bericht kopiert habe, könne er das nicht sagen, ob die Sekretärin oder Mag. L., er sei es nicht gewesen. Die Kopie sei aber von ihm gekommen, für ihn sei das ein offener Vorgang gewesen. Er sei der Meinung gewesen, dass er das Ergebnis sehen dürfe, alles andere sei eine rechnungshofinterne Sache. Ob der Beschuldigte draußen oder drinnen bei der Übergabe der Kopien gewesen sei, an das könne er sich nicht mehr erinnern, er wisse es nicht. Er wisse auch nicht, ob der Beschuldigte nur den Bericht mitgehabt habe oder noch andere Unterlagen. Den Bericht habe er selbst nicht gelesen, in einer Stunde könne man nicht 73 Seiten lesen, der sei an Mag. L. zur Überprüfung gegangen, der bei der Besprechung nicht dabei gewesen sei. Er wisse nicht wo das Geheimnis sei. Wenn der Ziffernteil eines Bericht so umfangreich sei, dass man die ad hoc nicht prüfen könne, mache man eben eine Kopie. Ob er dies gegen den Willen des Beschuldigten gemacht habe, könne er nicht sagen. Für ihn sei wichtig, dass er zu einem Bericht des RH Stellung nehmen könne, bevor dieser im Internet und bei den Zeitungen sei. Er habe schon viele Prüfungen gehabt und immer sei alles besprochen worden, warum dies der Prüfungsleiter hier nicht gemacht habe, wisse er nicht. Er habe dem Beschuldigten nicht gesagt, dass Mag. L. den Bericht bekommen solle, um die Zahlen zu prüfen.

 

Die Zeugin P. (AS 762) gab an, H. sei zu ihr gekommen, habe ihr ein Konvolut in die Hand gedrückt, mit dem Auftrag es einfach zu kopieren, das habe sie getan und es ins Besprechungszimmer zurückgebracht, wo auch der Beschuldigte anwesend gewesen sei. Sie könne nicht beschwören, ob es der RH-Bericht gewesen sei, es sei jedenfalls eine Rechnungshofunterlage gewesen, von der Stärke her könne es stimmen, sie habe es aber nicht durchgeschaut.

 

Der Zeuge Mag. L. (AS 763) führte aus er habe im vierten Stock des Gebäudes bei einer Tochterfirma der F. gearbeitet. H. habe ihn am 11.01.2010 angerufen und ihn in den dritten Stock des selben Gebäudes gebeten, wo die F. ihrer Räumlichkeiten habe. Er sei in das Sekretariat gegangen und neben H. seien auch die zwei Sekretärinnen anwesend gewesen. H. habe ihm die Unterlagen gegeben und ihn gebeten er möge sich das ansehen, vor allem Tabellen, Zahlen, Grafiken. Auf den Unterlagen sei "Rechnungshofbericht" gestanden. Er habe nur ein paar Teile heraus kopiert und den Bericht am selben Tag wieder hinunter in den dritten Stock getragen und auf das Pult in das Sekretariat gelegt. Er habe an dem Tag an dem Dipl.Ing. M. ihn angerufen habe [12.01.2010], H. angerufen und ihm gesagt, dass alles in Ordnung gewesen sei.

 

Die Disziplinaranwältin plädierte auf Entlassung, weil der Beschuldigte den ihm anvertrauten Entwurf des Prüfungsergebnisses der F. wissentlich zum Kopien überlassen habe. Der Entwurf habe noch handschriftliche Korrekturen enthalten und sei vom Prüfungsleiter, dem Abteilungsleiter, dem Sektionsleiter und vom Präsidenten noch nicht genehmigt gewesen. Das bedeute, dass vertrauliche Informationen die der Vorbereitung einer Entscheidung im Rechnungshof gedient hätten, nach außen kommuniziert worden seien. Dadurch seien § 46 Abs. 1 BDG und der Punkt 13 der Qualitätsstandards für Gebarungsüberprüfungen, Prozessschritte zur Erstellung des Prüfungsergebnisses, der vorsehe, dass Unterlagen im Zusammenhang mit der Erstellung des Prüfungsergebnisses sicher zu verwahren und eine Erörterung von Prüfungsaussagen gegenüber Dritten zu unterlassen seien, solange das Prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, verletzt. Dies auch im Zusammenhang mit Art. 127 B-VG und dem RHG, das Vorschriften über die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses enthalte und die Veröffentlichung der Berichte regle. Gleichzeitig seien auch die §§ 43 Abs. 1 und 2 BDG verletzt worden.

 

Die Verteidigung verwies im Wesentlichen auf den rechtskräftigen Verhandlungsbeschluss, an dessen Inhalt die DK gebunden sei, man bewege sich allenfalls im Bereich der Fahrlässigkeit. Es sei nicht sicher, dass die von der Sekretärin kopierten Unterlagen überhaupt der RH-Bericht gewesen sei. Es sei lebensnah, dass die Kopien, die durch H. veranlasst worden seien - in einer kurzen Abwesenheit des Beschuldigten erfolgt seien. Es sei hingegen nicht gesichert, dass das was die Sekretärin zurückgebracht habe, tatsächlich der RH-Bericht gewesen sei. Man habe nicht den geringsten Hinweis, dass der Beschuldigte oder die F. den RH-Bericht den Medien zugespielt habe, man sei im internen Bereich "Prüfer-Geprüfter". Dass der Beschuldigte den Bericht absichtlich liegen lassen habe, damit er kopiert werden könne, dafür gäbe es keinen Beweis. Was man dem Beschuldigten vorwerfen könne ist, dass er nicht dafür gesorgt habe, dass die F. nicht an den RH-Bericht herankam, er hätte ihn aufs Klo mitnehmen müssen. Dafür habe es aufgrund des Vertrauensverhältnisses keinen Anlass gegeben und sei dies wohl auch nicht zumutbar, das Verschulden äußerst gering. Auch eine Diversion könne nur stattfinden, wenn das Verschulden gering sei. H. sei von der StA überhaupt nicht verfolgt worden. Der Beschuldigte sei nicht so dumm, Mitwisser durch ein Kopieren bei der F. zu schaffen, dies spräche gegen einen Eventualvorsatz. Milderungsgründe seien, dass der Beschuldigte eingestanden habe mehr Sorgfalt hätte aufwenden sollen, sowie die Unbescholtenheit und die lange Verfahrensdauer. Sogar im Falle eines Schuldspruches, könne sich die Strafe auch vor dem Hintergrund der Spezial- und Generalprävention im unteren Bereich bewegen.

 

Das Handeln habe keine Folgen gehabt, weil ein paar Tage danach der RH-Bericht ohnehin offiziell zugestellt worden sei.

 

18. Mit Disziplinarerkenntnis vom 06.11.2014 wurde der BF schuldig gesprochen, er habe sich am 11.01.2010 mit den ihm anvertrauten Entwurf des Prüfungsergebnisses betreffend die Gebarungsüberprüfung des Landes XXXX hinsichtlich des Veranlagungsmanagements der Erlöse aus der Verwertung der WBF-Darlehen und dem Verkauf der Beteiligungen des Landes an die XXXX in die Räumlichkeiten der Land XXXXzu einem Gespräch begeben und dort die Anfertigung einer Ablichtung des Prüfungsergebnisses durch Vertreter der F. wahrgenommen und damit zumindest in Kauf genommen. Er habe dadurch gegen die Pflichten zur Amtsverschwiegenheit gemäß § 46 Abs. 1 BDG und zur Wahrung der Vertraulichkeit gemäß Punkt 13.2 des Qualitätsstandards für Gebarungsüberprüfungen -Prozessschritte zum Prüfungsergebnis, Kap. 5 des Prüfungshandbuches des Rechnungshofes vom 01.01.2009, GZ 102.692/004-S5-3/08, verstoßen und damit schuldhaft eine Dienstpflichtverletzung begangen. Punkt 13.2 der Qualitätsstandards laute:

 

"13.2 Wahrung der Vertraulichkeit

 

In jedem Fall ist eine Erörterung von Prüfungsaussagen gegenüber Dritten zu unterlassen, solange das Prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, d.h. solange der betreffende Bericht an den (die) allgemeinen Vertretungskörper noch nicht vorgelegt wurde.

 

Eine Veröffentlichung von Prüfungsergebnisses ist geeignet, die notwendige Vertrauensgrundlage zwischen RH und überprüfter Stelle zerstören."

 

Die DK beim Rechnungshof verhängte gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG eine Geldstrafe i.H.v. € 20.000,-. Kosten wurden gemäß § 117 Abs. 2 BDG für das Disziplinarverfahren nicht auferlegt.

 

Begründend führte die DK im Wesentlichen aus, der Beschuldigte habe am 07.01.2010 von seinem Prüfungsleiter einen Entwurf des Prüfungsergebnisses für letzte Korrekturen und Kontrollen übergeben bekommen. Dieser Entwurf sei mit einer Geschäftszahl des RH versehen gewesen und habe noch handschriftliche Korrekturen enthalten. Die Genehmigungen durch den zuständigen Sektionschef und durch den Präsidenten des Rechnungshofs hätten gefehlt.

 

Am 11.01.2010 habe sich der Beschuldigte ua. mit dem Entwurf in die Räumlichkeiten der F. begeben, um etliche Tabellen zu besprechen, ohne diesen Termin mit dem Prüfungsleiter vorher abzuklären. Gesprächspartner sei der Geschäftsführer der F., Dkfm. H. gewesen. Nach Beendigung dieser Unterredung habe der Vertreter der F. über eine Kopie des Entwurfes des Prüfungsergebnisses verfügt. Der Beschuldigte habe bei einer Befragung am 13.01.2010 zugegeben, dass er den Entwurf des Prüfungsergebnisses für kurze Zeit unbeaufsichtigt liegen gelassen habe, um die Toilette aufzusuchen und um Kaffee zu trinken. Während dieser Zeit könnte eine Ablichtung angefertigt worden sein.

 

Mit 23.08.2010 habe die WKSTA mitgeteilt, dass ein Verfahren nach der StPO eingeleitet worden sei und der folgende Prozess vor dem LG, wegen des Vorwurfes des §§ 310 Abs. 1 StGB (Verletzung des Amtsgeheimnisses), habe mit Diversion (Geldbuße von € 1000,- und einer Beteiligung an den Prozesskosten von € 200,-) geendet. In der Hauptverhandlung des LG am 12.03.2013 habe der Beschuldigte ausgesagt, dass er den Bericht zu F. mitgenommen habe, diesen nicht richtig transportiert und ihn aus Unachtsamkeit unbeaufsichtigt habe liegen lassen. Die allfällige Anfertigung einer Kopie sei ohne sein Wissen und Zutun erfolgt.

 

Die DK sei zur Ansicht gelangt (VwGH 22.04.1993, 92/09/0315), dass der Beschuldigte zumindest in Kauf genommen habe, dass Vertreter der S. den Entwurf des Prüfungsergebnisses kopiert haben. Die Zeugin P. habe ausgesagt, dass sie während der Besprechung am 11.11.2010 vom Geschäftsführer H. ein Konvolut erhalten habe, um es zu kopieren. Sie könne nicht mit Bestimmtheit sagen, ob es der Berichtsentwurf gewesen sei, es sei jedoch "Rechnungshof" draufgestanden. Als sie die Unterlage und die Kopie in das Besprechungszimmer zurückgebracht habe, seien dort H. und der Beschuldigte anwesend gewesen. Der Beschuldigte müsse daher wahrgenommen haben, dass die Zeugin eine Ablichtung angefertigt habe.

 

Rechtlich führte die DK aus, dass der Begriff "Vorbereitung einer Entscheidung" (§ 46 Abs. 1 BDG) sich auch auf Entwürfe von Prüfungsergebnissen des RH erstrecke (OLG Wien 29.10.2012, 19 Bs 242/12 W [Seite 297 ff. Seite 492 ff.]). Ein derartiger Entwurf sei ein Geheimnis, dessen Offenbarung geeignet sei, das öffentliche Interesse an der Vorbereitung einer Entscheidung zu verletzen. Der wesentliche Grund für die Verpflichtung zur Verschwiegenheit liege darin, dass die geprüfte Stelle nicht vorzeitig von dem in Aussicht genommenen Prüfungsergebnis Kenntnis und damit nicht die Möglichkeit einer Einflussnahme erlangen solle. Das Prüfungsergebnis beruhe zwar auf Zahlenmaterial der geprüften Stelle, inhaltlich bestehe es jedoch hauptsächlich aus Feststellungen, Folgerungen und Empfehlungen des RH selbst, die auch der geprüften Stelle gegenüber geheim zu halten seien. Diese in Aussicht genommenen Darlegungen seien dazu geeignet, dass bei ihrem vorzeitigen Bekanntwerden die geprüfte Stelle versuchen könnte, Einfluss auf den Inhalt des Prüfungsergebnisses zu nehmen. In der Berichterstattung der Medien zu dieser Angelegenheit sei auch die Frage aufgeworfen worden, ob es den Versuch gegeben habe, auf das Prüfungsergebnis vor dessen Fertigstellung Einfluss zu nehmen (z.B. Tageszeitung [...] 29.07.2010, Seite 15, [Seite 510]).

 

Zum Verstoß gegen Punkt 13.2 der Qualitätsstandards für Gebarungsüberprüfungen - Prozessschritte zum Prüfungsergebnis, Kap. 5 des Prüfungshandbuches vom 01.01.2009 sei anzumerken, dass mit Schreiben des Präsidenten des RH vom 30.12.2008 die Mitarbeiter über das Inkrafttreten und die verbindliche Anwendbarkeit des Prüfungshandbuches mit 01.01.2009 informiert worden seien. Das Prüfungshandbuch sei zudem im Intranet des RH abrufbar. Rechtlich seien die Qualitätsstandards für Gebarungsüberprüfungen als Weisung (§ 44 BDG) anzusehen. Auch die geprüfte Stelle sei in diesem Sinne als Dritte gemäß Punkt 13.2. anzusehen, der gegenüber Erörterungen von Prüfungsaussagen zu unterlassen seien.

 

Gemäß Punkt 7.2. der Qualitätsstandards, Kap. 4 hätten die Prüfer im Rahmen des so genannten "Vorhalteverfahren" den Organen der überprüften Stelle während der Einschau an Ort und Stelle ausreichend Gelegenheit zu geben, sich zu den überprüften Sachverhalten mündlich oder schriftlich zu äußern.

 

Gemäß Punkt 7.5. der Qualitätsstandards fände vor der Fertigstellung des Prüfungsergebnisses die Schlussbesprechung statt, deren Ziele die Abklärung zwischen der überprüften Stelle und dem Prüfungstermin bezüglich der erhobenen Sachverhalte, die Erzielung von Übereinstimmung bezüglich der Beurteilung der Sachverhalte bzw. bei unterschiedlichen Auffassungen, die beiderseitige Darlegung der Einflussfaktoren und der daraus abgeleiteten Ergebnisse der Beurteilung, die die Schaffung von Akzeptanz für die Umsetzung der Empfehlungen des RH seien. Das Prüfungsteam präsentierte dabei den voraussichtlichen Inhalt des Prüfungsergebnisses, insbesondere dessen Hauptkritikpunkte und die Stoßrichtung der Empfehlungen. Die geprüfte Stelle erhalte damit einen Eindruck von der Beurteilung durch den RH, wie es im Prüfungsergebnis seinen Niederschlag finde. Allerdings halte Punkt 7.5 ausdrücklich fest, dass die Übergabe von Präsentationsunterlagen und ausformulierten Texten zu unterlassen sei, ausgenommen Unterlagen, die zur Abklärung erhobener Sachverhalte erforderlich seien.

 

Aus der Sicht der DK sei eine Konfrontation der geprüften Stelle mit der Meinung des Rechnungshofes und die Diskussion darüber zulässig, nicht zulässig sei dagegen die Überlassung der Kopie eines Berichtsentwurfes zur weiteren Verwendung. Die endgültige Beurteilung der geprüften Stelle erfolge erst in dem vom Präsidenten des RH approbierten Prüfungsergebnis, dass ihr gemäß § 5 RHG zur Stellungnahme übermittelt werde.

 

Aus Sicht der DK habe der Beschuldigte vorsätzlich gegen die Bestimmungen des § 46 Abs. 1 BDG und des Punktes 13.2. Qualitätsstandards, Kap. 5 des Prüfungshandbuches des Rechnungshofes verstoßen. Dafür genüge es, dass der Beschuldigte die Verwirklichung eines Sachverhaltes ernstlich für möglich halte und sich damit abfinde. Wie dargestellt habe der Beschuldigte von der Anfertigung einer Kopie des Prüfungsergebnisses gewusst und diese damit zumindest in Kauf genommen. Die Verantwortung des Beschuldigten hingegen, dass ein Vertreter der F. die Kopie ohne sein Wissen und Zutun angefertigt habe, habe die DK verworfen.

 

Im Rahmen der Durchführung einer Diversion habe der Beschuldigte eingeräumt, dass er das Prüfungsergebnis aus Unachtsamkeit in dem Besprechungsraum habe liegen lassen. Auch dieses Eingeständnis spräche aus der Sicht des DK für eine vorsätzliche Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 310 Abs. 1 StGB durch den Beschuldigten. Die Durchführung einer Diversion setze voraus, dass die Staatsanwaltschaft nach den §§ 198 ff. StPO vorzugehen und von der Verfolgung einer Straftat zurückzutreten habe, wenn aufgrund eines hinreichend geklärten Sachverhaltes feststehe, dass eine Einstellung des Verfahrens nach dem §§ 190 - 192 StPO nicht in Betracht komme (§ 198 Abs. 1 StPO). Das Gesetz verlange nicht nur einen Tatverdacht, der ausreiche, um Anklage erheben zu müssen, vielmehr sei eine hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit gefordert, schuldentscheidende Tatsachen dürften beim Diversionsangebot nicht mehr zweifelhaft sein (Schroll in WK-StPO § 198 Rz. 3). Ein Geständnis des Beschuldigten sei grundsätzlich nicht erforderlich, das Gesetz verlange von ihm jedoch die Bereitschaft, für die Tat einzustehen und sich mit deren Ursachen auseinanderzusetzen (§§ 201 Abs. 1 und 204 Abs. 1 StPO). Die Bereitschaft zum diversionellen Vorgehen indiziere somit zumindest in der Regel eine solche Verantwortungsübernahme (Schroll in WK-StPO § 198 Rz. 36).

 

§ 310 Abs. 1 StGB vordere eine vorsätzliche Tat. Der Beschuldigte habe lediglich die fahrlässige Verletzung der Verschwiegenheitspflicht zugestanden und wäre - hätte sich das Gericht dieser Ansicht angeschlossen - mangels Vorsatzes freizusprechen gewesen. Die Inanspruchnahme der Diversion lasse darauf schließen, dass der Beschuldigte selbst seine Version des Geschehens, er sei lediglich unachtsam gewesen, nicht als Erfolg versprechend angesehen habe, um vom strafgesetzlichen Vorwurf der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht freigesprochen zu werden.

 

Zur Strafbemessung führte die DK nach Wiedergabe der rechtlichen Rahmenbedingungen des § 93 Abs. 1 BDG aus, dass der Beschuldigte im Monat Oktober 2014 einen Bruttobezug i.H.v. € 8046,11 erhalten habe. Bei der Strafbemessung seien auch die Unterhaltspflichten für zwei Kinder und als mildernd die Verfahrensdauer von mehr als vier Jahren sowie die disziplinäre Unbescholtenheit des Beschuldigten gewertet worden. Nachdem auch die fahrlässige Verletzung der Amtsverschwiegenheit disziplinarrechtlich zu ahnden sei, habe der Senat die vorsätzlichen Begehung als erschwerenden Umstand gewertet.

 

Die DK sei der Meinung, dass die vorsätzliche Weitergabe des Entwurfes von Prüfungsergebnis eine gravierende Dienstpflichtverletzung darstelle, und die Verhängung einer Geldstrafe im erwähnten Ausmaß daher schuld- u. tatangemessen sei. Die Bestrafung sei auch geboten, um ihn von weiteren Verfehlungen und andere Beamte von gleichartigen Verfehlungen abzuhalten. Im Rahmen von Prüfungen des RH seien den Prüfern alle erforderlichen Informationen zu geben und alle erforderlichen Unterlagen zugänglich zu machen. Verschwiegenheitspflichten aufgrund von datenschutzrechtlichen Bestimmungen, aufgrund von Bestimmungen zur Wahrung von Betriebsgeheimnissen oder aufgrund von Bestimmungen über den Schutz der äußeren und inneren Sicherheit, könnten diesem Begehren nicht entgegengehalten werden. Gleichzeitig sei der RH gesetzlich zur Wahrung dieser Rechte verpflichtet, indem er im Rahmen seiner Berichterstattung eine Interessenabwägung zwischen diesen Geheimhaltungsinteressen und dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe von Kontrollergebnissen vorzunehmen habe (VfSlg. 17.065/2003).

 

Der RH verstehe die überprüften Stelle als Partner, die er im Rahmen seiner Kernaufgabe, der Prüfung und Beratung auf mögliche Einnahmen und Einsparungen, auf quantitative und qualitative Verbesserungen sowie auf vermeidbaren Nachteile und realisierbare Vorteile aufmerksam mache (Punkt 4.5. Qualitätsstandards). Für Gebarungsüberprüfungen - insbesondere die Vornahme von Prüfungshandlungen vor Ort - sei somit die Herstellung einer nachhaltigen Vertrauensgrundlage zu den überprüften Stellen ein entscheidender Erfolgsfaktor. Das vorzeitige "Durchsickern" vom Berichtsinhalten, die Weitergabe von vertraulichen Informationen an Dritte - dazu zähle wie oben ausgeführt auch die geprüfte Stelle selbst, solange das Prüfungsergebnis nicht offiziell übermittelt worden sei - sei geeignet, dieses Vertrauen zu erschüttern und die Bereitschaft der geprüften Stellen, mit den Prüfern des Rechnungshofes zu kooperieren, zu beeinträchtigen. Im Falle einer Prüfungsverweigerung könne der RH zwar gemäß Art. 126a B-VG den Verfassungsgerichtshof anrufen, Prüfungsverweigerungen würden jedoch jedenfalls die Arbeit der Gebarungskontrolle erschweren und sollten daher tunlichst vermieden werden.

 

19. Mit Schriftsatz vom 04.12.2014 (zugestellt am 06.11.2014) brachte die Disziplinaranwältin eine Beschwerde gegen die Strafbemessung ein und beantragte die Entlassung, in eventu die höchstmögliche Geldstrafe zu verhängen.

 

Begründend führte sie im Wesentlichen, nach Wiedergabe der Verfahrensergebnisse aus, dass der Entwurf des Prüfungsergebnisses in der Folge im Auftrag des damaligen Geschäftsführers der F. an einen Mitarbeiter einer Tochtergesellschaft der F. zur Kontrolle weitergegeben worden sei. Auf Basis der Zeugenaussagen sei davon auszugehen, dass die Tat vorsätzlich begangen worden sei.

 

Mit der Ermöglichung der Ablichtung des Entwurfes des Prüfungsergebnisses, habe der Beschuldigte gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gemäß § 46 Abs. 1 BDG verstoßen, insbesondere über die Pflicht zur Verschwiegenheit über alle ausschließlich aus der amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung zur Vorbereitung einer Entscheidung geboten sei.

 

Weiters gegen den Punkt 13 der Qualitätsstandards des Rechnungshofes, wonach alle mit dem Prüfungsergebnis befassten Mitarbeiter in ihrem Bereich verantwortlich seien, Unterlagen im Zusammenhang mit der Erstellung des Prüfungsergebnisses der Schutzwürdigkeit entsprechend sicher zu verwahren und in jedem Fall eine Erörterung von Prüfungsaussagen gegenüber Dritten zu unterlassen, solange das Prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei.

 

Der Beschuldigte habe auch gegen § 43 Abs. 1 und 2 BDG der generellen Verpflichtung zur treuen, gewissenhaften und unparteiischen Aufgabenerfüllung sowie der generellen Verpflichtung zu einem Verhalten, das darauf Bedacht nähme, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe, verstoßen.

 

Die Strafhöhe von etwa 2,5 Bruttomonatsgehältern reflektiere nicht ausreichend den Unrechtsgehalt der Tat.

 

Art. 127 B-VG, dass RHG und die darauf aufbauenden Qualitätsstandards des RH würden dazu verpflichten die Ergebnisse der Prüfungen bis zur Vorlage der Berichte an den Nationalrat bzw. Landtag streng vertraulich zu behandeln.

 

Das Thema der vorzeitigen Veröffentlichung von Prüfungsergebnissen sei für die Reputation des RH ein essenzielles. Ein vorzeitiges Veröffentlichen von Prüfungsergebnissen des RH, sei ein in der Öffentlichkeit oft geäußerter Vorwurf. Der RH läge daher höchstes Augenmerk darauf, sicherzustellen, dass aus dem RH keine Prüfungsergebnisse vorzeitig nach außen gelangen. Der RH verwende seit Jahren konsequent Verfahren zur Kennzeichnung jeder Ausfertigung seiner Prüfungsergebnisse und kommuniziere konsequent an seine Mitarbeiter (unter anderem auch über die Qualitätsstandards) die Wichtigkeit jedes Verhalten zu unterlassen, das geeignet sei, einer vorzeitigen Veröffentlichung Vorschub zu leisten.

 

Im Sinne des Ansehens des RH und des Schutzes des Vertrauens der Öffentlichkeit in die rechtmäßige unparteiischen Aufgabenerfüllung, sei es unabdingbar, dass mit Blick auf allfällige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie Datenschutzverpflichtungen, rechnungshofintern im Prüfungsteam, mit dem Prüfungsleiter und der Hierarchie geklärt werde, ob und in welcher Form Detailinformationen in einem Prüfungsergebnis auch abgebildet werden; weiters dass als Prüfungsaussagen des RH nur rechnungshofintern im Prüfungsteam, mit dem Prüfungsleiter und der Hierarchie abgestimmte Beurteilungen und Empfehlungen, an die geprüften Stellen kommuniziert werden; sowie dass keinesfalls Vorentwürfe eines Prüfungsergebnisses - die im Zuge des rechnungshofinternen Approbationsprozesses noch Änderungen erfahren könnten und keine offizielle Meinung des RH darstellen würden - nach außen gegeben würden.

 

Im vorliegenden Fall sei die Beachtung dieser Punkte von besonderer Relevanz gewesen, da es sich um eine Prüfung zweier Stellen (der Landesregierung und der F.) und damit um Daten, Beurteilungen und Empfehlungen von zwei unterschiedlichen Stellen gehandelt habe.

 

Zur Frage der Weitergabe von Vorentwürfen werde auch das Erkenntnis des OLG vom 20.10.2012 (19 Bs 242/12w) in der parallelen Strafsache zitiert: "Der wesentliche Grund für die Verpflichtung zur Verschwiegenheit liegt gerade darin, dass die geprüfte Stelle nicht vorzeitig vom in Aussicht genommenen Prüfungsergebnis Kenntnis erhält und damit nicht die Möglichkeit einer (allenfalls auch politischen) Einflussnahme erlangen soll. Es mag zwar zutreffen, dass das Prüfungsergebnis auf Zahlenmaterial der geprüften Stelle beruht, inhaltlich bestehe es jedoch hauptsächlich aus Feststellungen, Schlussfolgerungen und Vorschlägen. Diese in Aussicht genommenen Darlegungen des Rechnungshofes sind dazu geeignet, dass bei ihrem vorzeitigen Bekanntwerden jedenfalls die geprüfte Stelle noch allenfalls Einfluss zu nehmen versucht. Alleine der Anlass des Strafverfahrens (Artikel in Wirtschaftsbereiches Printmediums, [...] vom 29.07.2010) zeugt davon, dass gerade gegenüber der geprüften Stelle der Entwurf des Prüfungsergebnisses ein strikt zu wahrendes Geheimnis ist, zumal in der medialen Berichterstattung beinahe ausschließlich die Frage aufgeworfen wurde, ob versucht worden sei, auf den Rohbericht vor dessen Fertigstellung Einfluss zu nehmen."

 

Entscheidend sei es eine klare Trennlinie zwischen der Weitergabe eines nicht approbierten schriftlichen Entwurfes eines Prüfungsergebnisses und dem notwendigen intensiven Kontakt des Prüfers mit den geprüften Stellen im Prüfungsprozess zu ziehen. Nur durch diese klare Unterscheidung sei zu vermeiden, dass unterschiedliche Versionen von Prüfungsergebnissen in Umlauf geraten, die abseits des Approbationsweges entstanden seien und die abseits des im B-VG und dem RHG vorgesehenen Weges der Mitteilung des Ergebnisses der Gebarungsprüfung - einschließlich der Einräumung der Möglichkeit der Stellungnahme - weitergegeben wurden.

 

Der sorgsame vertrauliche Umgang mit Prüfungsergebnissen (von den Entwürfen zu diesen) zähle zum Kernbereich der Dienstpflichten eines Prüfers und sei eine Voraussetzung für die Glaubwürdigkeit der Institution. Das Fehlverhalten des Beschuldigten sei in hohem Maße geeignet das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zu beschädigen. Für die Dienstbehörde stellte die Weitergabe des nicht approbierten schriftlichen Entwurfes des Prüfungsergebnisses einen schweren Vertrauensbruch und eine Verletzung wesentlicher Interessen des Dienstes dar, so dass eine weitere Dienstleistung untragbar geworden sei. Deshalb sei auch mit Bekanntwerden der Tat eine Suspendierung vom Dienst verfügt worden.

 

Die Gefährdung des Ansehens des Amtes und die schwerwiegende Verletzung wesentlicher dienstlicher Interessen des RH sei durch die mediale Berichterstattung untermauert.

 

Um dem Unrechtsgehalt einer Weitergabe eines nicht approbierten schriftlichen Entwurfes eines Prüfungsergebnisses "nach außen" Rechnung zu tragen, sei - auch aus generalpräventiven Gründen - eine deutliche höhere Strafe erforderlich.

 

20. Mit Schriftsatz vom 05.12.2014 brachte der Beschuldigte gegen das oben angeführte Disziplinarerkenntnis (zugestellt am 10.11.2014), innerhalb offener Frist Beschwerde gegen den Schuld- und Strafausspruch wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ein.

 

Zur Unzuständigkeit der Behörde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 101 Abs. 4 BDG der Vorsitzende der DK jeweils zum Jahresschluss für das folgende Kalenderjahr die Senate zu bilden und die Geschäfte unter diesen zu verteilen habe. Aus dieser Bestimmung folge, dass der nach dem Anfall einer Rechtssache bei der DK einsetzende Vorgang der Ermittlung des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senates und die Weiterleitung der Akten an diesen, keines Willensaktes eines Organwalters mehr benötigen dürfe (VfGH 08.06.2010, GZ B 54/09). Der zeitliche Anwendungsbereich dieser einzelnen Geschäftsverteilungen reiche längstens bis zum 31. Dezember eines jeden Kalenderjahres, für die Folgezeit müsse eine neue Geschäftsabteilung erlassen werden. Die Regelungen früherer Geschäftsverteilungen seien folglich außerhalb dieses Geltungszeitraumes nicht mehr den Rechtsbestand zugehörig.

 

Unbestritten habe der Senat 2 in der damaligen personellen Zusammensetzung auf der Grundlage der Geschäftsverteilung für das Jahr 2010 den Einleitungsbeschluss gefasst. In den Jahren 2011 und 2012 seien dann keine nach außen erkennbaren Verfahrenshandlungen der DK erfolgt. Im Jahr 2013 habe der Senat 2 am 15.10.2013 einen Verhandlungsbeschluss gefasst, wobei seine Zuständigkeit offenbar von der folgenden Bestimmungen der Geschäftsverteilung der DK für das Jahr 2013 abgeleitet worden sei: "Für die vor dem 23.01.2013 angefallenen Rechtssachen, die vor diesem Datum noch nicht beschlossen worden sind, gilt die neue Geschäftsverteilung mit der Maßgabe, dass keine Änderung in der Senatszuständigkeiten eintritt."

 

Schließlich habe der Senat 2 am 28.10.2014 eine Disziplinarverhandlung abgehalten, auf deren Grundlage am 06.11.2014, das mit der gegenständlichen Beschwerde bekämpfte Disziplinarerkenntnis ergangen sei. Die oben angeführten Verfahrenshandlungen seien daher im Geltungszeitraum der Geschäftsverteilung für das Jahr 2014 erfolgt, diese Geschäftsverteilung enthalte jedoch keine Bestimmung für die Zuteilung von Geschäftsstücke an Senate die schon vor dem 01.01.2014 anhängig gewesen seien. Diese Geschäftsverteilung halte lediglich fest: "Die einlangenden Geschäftsstücke werden in der zeitlichen Reihenfolge des Einlangens auf die Senate beginnend mit dem Senat 1 verteilt, wobei auf den Senat 1 der Senat 2 folgt."

 

Durch das Außerkrafttreten der Geschäftsverteilung für 2013 und das Inkrafttreten des Geltungszeitraum des der Geschäftsverteilung für das Jahr 2014 liege daher eine Regelungslücke vor und mangle es ab diesem Zeitpunkt im gegenständlichen Verfahren an einer rechtsgültigen Zuteilungsbestimmung an einen bestimmten zuständigen Senat. Das werde dadurch verdeutlicht, dass den in diesen Geschäftsverteilungen in Bezug auf die bei der DK bereits anhängigen Verfahren teilweise enthalten Verfahrensbestimmungen (auf nach früheren Regelungen erfolgte Senatszuteilungen; siehe oben zur Geschäftsverteilung 2013) ansonsten jeder Anwendungsbereich entzogen wäre.

 

Zur Beschwerde gegen die Schuld wurde ausgeführt, der Beschuldigte habe sich am 11.01.2010 mit dem gegenständlichen Entwurf des Prüfungsergebnisses in die Räumlichkeiten der F. begeben, um noch Tabellen auszugleichen. Dies sei dadurch bedingt gewesen, dass der damalige Geschäftsführer der F. einen Urlaubsantritt vor sich gehabt habe und die Prüfung abgeschlossen werden sollte. Insofern sei Druck vorhanden gewesen. Unbestritten sei, dass sich eine Kopie des Entwurfes des Prüfungsergebnisses nach der Besprechung bei der F. befunden habe.

 

Die Behörde übergehe jedoch wesentliche Verfahrensergebnisse. Bereits im Strafverfahren habe der damalige Geschäftsführer der F. (H.) angegeben, dass Zweck der Besprechung gewesen sei Tabellen abzuklären, wobei der Entwurf des Prüfungsergebnisses am Besprechungstisch gelegen sei. Während der Abwesenheit des Beschuldigten habe er einen Mitarbeiter, der sachlich mit der Angelegenheit vertraut gewesen sei, ersucht eine Kopie herzustellen, um eine entsprechende Abklärung vorzunehmen. Auch wenn sich der Zeuge nunmehr im Disziplinarverfahren - offensichtlich aufgrund der verstrichenen Zeit - nicht mehr so genau erinnern habe können, hätte die DK feststellen müssen, dass der Kopiervorgang ohne das Wissen und ohne die Zustimmung des Beschuldigten durchgeführt worden sei. Dagegen spräche auch nicht, dass eine Sekretärin die Kopien angefertigt habe. Die DK habe nicht mit Sicherheit feststellen können, dass es sich bei der Kopie um den gegenständlichen Entwurf gehandelt habe. Die Sekretärin habe auch nicht angeben können, dass der Beschuldigte sich bei der Übergabe dieser Unterlagen überhaupt im Raum befunden habe. Die Sekretärin habe nur aussagen können, dass - als die Kopie und die Unterlagen zurückgebracht worden seien - er anwesend gewesen sei. Nach der Lebenserfahrung könne davon ausgegangen werden, wenn einer Sekretärin Unterlagen zum Kopieren übergeben werden, diese zumindest einen Blick darauf werfe. Diesbezüglich habe sie aber nichts Konkretes angeben können, so dass nicht habe festgestellt werden können, ob die übergebenen Unterlagen tatsächlich der Entwurf des Prüfungsergebnisses gewesen seien. Die Beurteilung der belangten Behörde, dass er vorsätzlich gehandelt habe, sei daher nicht haltbar. Er habe es nicht in Kauf genommen, dass missbräuchlich eine Kopie hergestellt worden sei. Er habe keine Zweifel an der Redlichkeit der Gesprächspartner gehabt und habe nicht davon ausgehen müssen, dass während seiner Abwesenheit eine Kopie hergestellt werde. Wenn es tatsächlich in seiner Intention gelegen wäre, dann hätte er diese nicht nachvollziehbar in den Räumlichkeiten der F. übergeben, sondern vielmehr ohne entsprechende Zeugen an einem unverfänglichen Ort.

 

Selbst wenn man vom festgestellten Sachverhalt ausgehe, wonach er bei der Übergabe der Kopien an den Geschäftsführer anwesend gewesen sei, könne daraus noch nicht abgeleitet werden, dass er mit der Erstellung einverstanden gewesen wäre. Ein Vorwurf könne ihm nur gemacht werden, diese Kopie nicht an sich genommen zu haben, was jedoch nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens sei. Selbst die Dienstbehörde sei bei ihrer Anzeige von einem fahrlässigen Verhalten ausgegangen. Die zitierte Rechtsmeinung des OLG zur Geheimnisqualität der Berichterstattung des Rechnungshofes stelle ebenfalls auf eine vorsätzliche Vorgehensweise ab, weil diese nicht vorliege, müsse darauf nicht näher eingegangen werden.

 

Die Qualitätsstandards des RH (Punkt 13.2.) seien unvollständig zitiert worden. Vollständig würde der entsprechende Absatz wie folgt lauten: "In jedem Fall ist eine Erörterung von Prüfungsaussagen gegenüber Dritten zu unterlassen, solange das Prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, d.h. solange der betreffende Bericht an den (die) allgemeinen Vertretungskörper noch nicht vorgelegt wurde. Eine Veröffentlichung von Prüfungsergebnissen ist geeignet, die notwendige Vertrauensgrundlage zwischen dem Rechnungshof und der überprüften Stelle zu zerstören. Zu beachten sind weiters die Bestimmungen über die Kommunikation laut GO-RH 2008 TZ 17."

 

Diese Bestimmung beziehe sich auf Verfahrensdritte und den Schutz von geprüften Stellen vor beispielsweise medialer Kritik oder anderer sie betreffenden möglichen Nachteilen, infolge solcher Informationen an Dritte. Für die Kommunikation mit den geprüften Stellen (und damit in dieser Phase Verfahrensbeteiligten) würden andere interne Vorschriften des Rechnungshofes gelten. Das werde auch aus den nachfolgenden Ausführungen des Erkenntnisses im Punkt

1.3. selbst deutlich, wo die dafür maßgeblichen Bestimmungen des Punktes 7 der Qualitätsstandards für Gebarungsüberprüfungen - Einschau an Ort und Stelle, Kap. 4 des Prüfungshandbuches, auszugsweise behandelt würden.

 

Die Argumente der DK zu erfolgten Diversion sind rein formalrechtlich orientiert und erscheinen im Ergebnis geradezu lebensfremd. Abgesehen davon, dass die Beweggründe des Beschuldigten in der Verhandlung mit keinem Wort zur Sprache gekommen seien, bleibe völlig außer Acht, dass alleine die psychische und familiäre Belastungen der weiteren Prozessführung, die damalige Frage des weiteren Prozessrisikos und der weiteren Prozesskosten, bei einem um 1/3 gekürzten Bezug, jemanden bewegen könnten eine diversionelle Zahlung von € 1.000,- anzunehmen und - unbescholten - eine sofortige Beendigung des Verfahrens zu erreichen. Alleine ein Monat an kürzerer Suspendierungsdauer (bei Verkürzung der Verfahrensdauer), würde die gesamten Diversionskosten aufwiegen. Weiters habe der Beschuldigte bereits Prozesskosten in ca. zehnfacher Höhe der Diversion zahlen zu tragen gehabt. Die gesamte Faktenlage sei daher schlicht unvollständig gewürdigt worden und unzutreffend. Ein nicht erwiesener Vorsatz bei der Tat, könne vom der DK, nach einer mehr als dreijährigen Verfahrensdauer, nicht mit einer von ihm getroffenen verfahrensbeendenden Entscheidung untermauert werden.

 

Bei der Strafbemessung sei die Behörde unrichtig von einem vorsätzlichen Verhalten ausgegangen, dabei sei mildernd zu berücksichtigen, dass er - zugestandener Maßen - fahrlässig gehandelt habe. Die Ausführungen der belangten Behörde zur Spezialprävention seien nicht geeignet die Höhe der über ihn verhängten Disziplinarstrafe zu rechtfertigen. Die allgemeinen Ausführungen seien allenfalls in Bezug auf die Generalprävention zu sehen.

 

Er habe sein fahrlässiges Verhalten von Vornherein zugestanden und schon die Dauer der über ihn verhängten Suspendierung verbunden mit den Gehaltseinbußen würden eine entsprechende Gewähr bieten, dass derartiges in Zukunft nicht mehr geschähe. Es sei zwar im ersten Rechtsgang ein Freispruch erfolgt, jedoch im zweiten Rechtsgang nicht mit Sicherheit mit einem Freispruch zu rechnen gewesen. Eine Risikoabwägung in Richtung der Annahme der Diversion könne daher nicht zu seinen Lasten ausgelegt werden. Dies umso weniger, weil bei einer Diversion lediglich verlangt werde, die Verantwortung für das Handeln zu übernehmen. Dies habe er grundsätzlich von Vornherein getan. Des Weiteren dürften keine schwerwiegenden Folgen und kein schwerwiegendes Verschulden vorliegen; auch Derartiges sei nicht der Fall gewesen. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass das Prüfungsergebnis nur wenige Tage nach dem 11.01.2010 der geprüften Stelle offiziell zugegangen sei.

 

Die DK habe zwar die lange Verfahrensdauer als mildernd gewertet, dies jedoch nicht im ausreichenden Ausmaß. Er sei nunmehr nahezu fünf Jahre suspendiert und habe Gehaltseinbußen im Ausmaß von insgesamt € 70.000,- zu tragen gehabt. Gemessenen an den Nettobezügen - von denen eine Disziplinarstrafe letztlich zu bestreiten sei - übersteige die verhängte Strafe die Höhe von 6 Monatsbezügen deutlich, sie sei daher überhöht.

 

Der Beschuldigte beantrage daher die Stattgebung der Beschwerde, insofern als er freizusprechen wäre, in eventu festzustellen wäre, dass er lediglich fahrlässig gehandelt habe und die Disziplinarstrafe auf ein wesentlich geringeres schuldangemessenes Maß zu verringern wäre. Weiters beantrage er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Beischaffung des Aktes des LG, 113 Hv 165/11d, in eventu das angefochtene Erkenntnis aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

 

21. Mit Schreiben vom 08.01.2015 (eingelangt beim BVwG am selben Tag) wurden die Beschwerden und das umfangreiche Aktenkonvolut - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - von der DK dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt.

 

22. Am 18.03.2015 fand eine Verhandlung vor dem BVwG statt, bei der neben den Parteien auch vier Zeugen befragt wurden.

 

Zur Person des Beschuldigten wurde dabei geklärt, dass dieser nach wie vor suspendiert ist (seit 15.01.2010) und seit diesem Zeitpunkt einen gekürzten Bruttomonatsbezug von € 5.346,33 erhält. Sei ungekürzter Bezug hätte zum Zeitpunkt des Disziplinarerkenntnisses €

8.046,11 betragen. Er besitzt die Hälfte des Eigentums an seinem Wohnhaus, für das er Kreditrückzahlungen in Höhe von € 500,- /mtl. leistet. Seine Frau ist berufstätig (Teilzeit) und er ist obsorgepflichtig für 2 Töchtern im Alter von 18 Jahren (Schülerin) und 21 Jahren (Studentin). Vor der Suspendierung bekam er Weihnachtsbelohnungen die mehr oder weniger alle erhalten haben. Beschwerden, Belehrungen, Ermahnungen oder sonstige Strafverfahren gab und gibt es nicht.

 

Zur Sache gab er zusammengefasst an, er sei damals am späten Vormittag zur F. mit seinem Entwurf mit handschriftlichen Anmerkungen zu H. gegangen sei. Er habe den Auftrag gehabt, sich den ganzen Berichtsentwurf anzusehen, speziell die Zahlen. Es sei üblich gewesen den Berichtsentwurf mitzunehmen. Verschluss sei oben gestanden, in einem Kuvert sei der Berichtsentwurf nicht gewesen, das herauskopieren der Tabellen/Zahlen sei ihm zu mühsam gewesen. Der Termin sei mit H. vereinbart gewesen, der immer wieder telefonisch den Bericht urgiert hätte. Er habe ihm gesagt, dass noch einige Zahlen/Tabellen abzuklären seien. Nachdem das am Telefon zu mühsam gewesen sei, sei er hingegangen. Er habe unten angeläutet, die Türe sei elektronisch geöffnet worden. Er sei dann in den 3. Stock gegangen, dort sei eine Glastür, dort habe er nochmals geläutet. Danach sei er in das Sekretariat gegangen und habe sich angemeldet. Er habe dann im Sitzungszimmer auf H. - mit dem er nicht per "Du" gewesen wäre - gewartet und in der Zwischenzeit seine Unterlagen ausgebreitet, die nicht nur aus dem Entwurf bestanden hätten, sondern auch aus weiteren Unterlagen.

 

Er und H. hätten dann die Zahlen und Tabellen im Einzelnen durchgesprochen. Ob jemand hereingekommen sei, wisse er nicht mehr, seiner Erinnerung nach wären sie die ganze Zeit alleine gewesen. Er habe dann irgendwann gesagt, dass er auf das WC müsse und sich auch einen Kaffee hole. Er habe den Hausbrauch von vorhergehenden Prüfungen gekannt. Das WC sei gleich neben der Kaffee-Küche. Er sei ca. 10 - 12 Minuten weg gewesen. Er könne jetzt nicht mehr sagen, wann während der Besprechung das gewesen wäre. Sie seien dann so verblieben, wenn es noch irgendetwas gäbe, zu telefonieren. Er habe alle seine Unterlagen eingepackt und sei gegangen. An die Verabschiedung könne er sich nicht mehr erinnern. Möglicherweise habe ihn H. zur Tür gebracht. Er weiß auch nicht mehr, ob es noch hell gewesen wäre. Er sei jedenfalls zum RH zurückgegangen. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass der H. den Bericht hätte haben wollen und in seiner Abwesenheit eine Kopie habe anfertigen lassen.

 

Auf Vorhalt seiner Aussagen bei der ersten Einvernahme (Uhrzeit 17.00 Uhr, Naheverhältnis zu einer Mitarbeiterin - Fr. N.) sei er vermutlich verwirrt gewesen, er habe auch private Probleme gehabt.

 

Er habe die Bestimmungen zum Amtsgeheimnis (§ 46 BDG) und auch die Pkt 13.1. und 13.2. des Qualitätshandbuches gekannt. Dem H. sei über alles was er im gezeigt habe, amtliche Mitteilung zu machen gewesen. Die Einblicke in die Zahlen und Tabellen seien unstrittig zulässig gewesen. Die Besprechung habe sich auch um die Formulierung der Begrifflichkeiten zu den dargestellten Zahlen, insbesondere aus den Fondsergebnissen, wie etwa die Unterschiede Ergebnis, Ausschüttung, Auszahlung etc. gedreht. Es seien im Berichtsentwurf verschiedenste Zahlen - die alle von der F. gekommen wären - zusammengeführt und neu dargestellt worden. Ob das Problem des H., dass die Zahlen nur mit Hilfe eines Spezialisten überprüft werden könnten, zur Sprache gekommen sei, an das könne er sich nicht mehr erinnern.

 

Seiner Erinnerung nach seien in der Vergangenheit auch nicht approbierte Rohberichte der geprüften Stelle zugänglich gemacht worden. (Die DA und der Vorsitzende der DK wiesen darauf hin, dass spätestens seit dem Inkrafttreten des Qualitätshandbuches, diese Praxis abgestellt worden sei, aber auch bereits seit 2000 jedem Mitarbeiter des RH bewusst gewesen sein müsse, dass dies nicht mehr ginge.)

 

Er könne sich nicht erinnern, dass H. ihn direkt um eine Kopie gebeten habe oder jemand hineingekommen sei und Kopien übergeben habe. Eine Kopie hätte sich dieser nicht machen dürfen und er hätte ihm auch keine gemacht. Hätte er mitbekommen, dass sich dieser eine Kopie gemacht hätte, hätte er ihn darauf hingewiesen und den Prüfungsleiter informiert.

 

Die Gefahr einer Kopie hätte darin bestanden, dass Unbefugte diese in die Hände bekämen. Für ihn sei H. nicht unbefugt gewesen, weil er nach dem Qualitätshandbuch ohnehin damit zu konfrontieren gewesen sei. Grundsätzlich würde es keinen Unterschied machen, ob man jemanden hineinsehen lasse oder ihm eine Kopie gäbe. Eine Kopie gäbe man deshalb nicht her, weil man nie wisse, wo diese dann letztlich lande. Auf die Frage, ob er H. vertraut habe und ihm eine Kopie gegeben hätte, gab er an, dass das keine Frage des Vertrauens sei, sondern er sie ihm verweigert und ihn an den Prüfungsleiter verwiesen hätte.

 

Hinsichtlich der Schutzwürdigkeit zwischen einem approbierten und nicht approbierten Bericht, liege der Unterschied darin, dass der nicht approbierte lediglich ein Arbeitspapier, eine Prüfermeinung sei, während der approbierte Rohbericht der des RH sei. Mit dem approbierten im Verschlusskuvert befindlichen Rohbericht hätte er jedoch nicht mehr zu H. gehen dürfen. Mit dem nicht approbierten Entwurf allerdings schon. Auf Vorhalt, dass er in einer vorhergehende Befragung gesagt habe, den dürfe er "hergeben", gab er an, er habe damit gemeint, dass er die Inhalte besprechen, aber nicht das eine Kopie angefertigt werden dürfe.

 

Die Schutzwürdigkeit gelte nicht gegenüber dem Geprüften. Die Begrifflichkeit "Dritter" sei nicht so eindeutig, für ihn sei nicht nachvollziehbar gewesen, dass der Geprüfte auch darunter falle. (Die DA stellte dazu klar, dass im konkreten Fall das Bundesland und die F. geprüft worden seien und das Bundesland für F. jedenfalls als Dritter anzusehen gewesen sei.)

 

Auf den Vorhalt, dass der Präsident des RH auf Grund der frühzeitigen Herausgabe der noch nicht approbierten Berichtsentwurfes "gezwungen" gewesen sei, einen davon nicht mehr abweichenden Rohbericht zu approbieren, führte der BF aus, dass dieser auch ein geänderte Version approbieren hätte können. Zur Bemerkung der DA replizierte er, dass ihm noch nie untergekommen sei, dass ein 100 % - Eigentümer (das Bundesland) einen anderen Rohbericht bekommen hätte wie die in deren Besitz befindliche geprüfte Stelle. Das Bundesland sei daher so wie die F. kein außenstehender "Dritter". Dritte seien z.B. bei Prüfung von Vergabefällen, Unternehmen die geboten hätten und deren Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu schützen seien.

 

Das durch das Kursieren einer nicht approbierten Version eine unbeeinflusste Entscheidung des RH-Präsidenten beeinträchtigt worden wäre und es zu Interventionen kommen könne, sei ihm jetzt nachvollziehbar. Der Hierarchie stehe es aber jederzeit frei, eine Version einem Prüfer zuzuordnen und zu argumentieren, warum man eine andere Meinung vertrete. Das Prüfungsergebnis könne daher jederzeit korrigiert werden. Mit seinem jetzigen Wissen, würde er keinen Prüfbericht mehr im Ganzen mitnehmen, einen Kollegen zur Besprechung mitnehmen und der geprüften Stelle allenfalls Überschriften zur Stellungnahme übermitteln. Zu Interventionen (auch im positiven Sinn, dass etwa mehr geprüft werde) könne es ab dem ersten Tag der Prüfung kommen. Ihm sei in 25 Jahren keine einzige Intervention, etwas nicht zu prüfen oder anders darzustellen, untergekommen. Der Rohbericht (mit den Querstreifen) der hinausgegangen sei, sei nicht die Version gewesen, mit der er zur F. gegangen sei.

 

Der Zeuge H. (Geschäftsführer der F.) gab an, der Termin am 11.01.2010 habe am Vormittag stattgefunden, vom wem die Initiative ausgegangen sei, wisse er nicht mehr. Die Besprechung habe unter 4-Augen stattgefunden und ca. 1 Stunde gedauert. Er sei überrascht gewesen wie umfangreich der Bericht gewesen sei. Es sei für ihn klar gewesen, dass ihm das Recht zugestanden sei, eine Kopie zu machen, das habe er von früheren Prüfungen gewusst. Er könne nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob er gesagt habe, dass er die Zahlen jetzt nicht überprüfen könne und er lasse jetzt eine Kopie machen oder ob er es einfach getan habe. Für ihn sei das ein offener Vorgang gewesen. Er habe niemanden überreden müssen. Es könne sein, dass der Beschuldigte anwesend gewesen sei, dass müsse aber nicht sein, möglich wäre es. Er wisse die Details nicht mehr so genau.

 

Der Rohbericht sei so wichtig, weil dieser in der politischen Diskussion sofort verwendet werde; auch in den Medien. Obwohl er eigentlich gar nicht hinausgehen hätte dürfen, sei der Rohbericht trotzdem auf der Homepage einer Partei gelandet.

 

Er sei der Meinung, dass der materielle Inhalt des Rohberichtes richtig sein müsse. Einfluss darauf hätten sie nur mehr über den Entwurf, weil der approbierte Rohbericht, wie oben beschrieben, verwendet werde. Das sei sowohl im Interesse der überprüften Stelle, als auch des RH-Prüfers. Die nochmalige Kontaktaufnahme durch Herrn M. (der sei der Hauptprüfer gewesen), nach dem Gespräch mit dem Beschuldigten, zeige wie wichtig es auch für den Prüfer wäre, dass die Daten stimmen. Auch die Formulierungen hätte man mit ihm abklären sollen, aber dazu habe man sich nicht herabgelassen. Für ihn sei von Anfang an klar gewesen, dass er die richtige Zusammenführung Zahlen - die zwar von der F. gestammt, die sie aber nie gesehen hätten - im Detail nicht überprüfen könne. Daher habe er Herrn L. eingebunden und dazu habe er den Bericht kopieren lassen. Hätte er damals gewusst, was das auslöse, hätte er nur die Tabellen kopiert. Er habe aber den Bericht, außer an L., an niemanden außerhalb der F. gegeben. Mit dem Beschuldigten sei er so verblieben, dass er das prüfen lasse und wenn es etwas gäbe, würde er Kontakt aufnehmen. Diese RH-Prüfung sei durch die politische Stimmung brisanter gewesen als die vorhergehenden.

 

Der Zeuge L. sagte im Wesentlichen aus, dass er an diesem Tag um die Mittagszeit zu H. gerufen worden und ihm von diesem im Vorzimmer eine Kopie des als vertraulich bezeichneten RH-Rohberichts übergeben worden sei, um das Zahlenwerk zu überprüfen. Er habe, nachdem der Bericht in zwei Teile gegliedert gewesen sei, Kopien gemacht, damit er nicht immer blättern müsse. Die Überprüfung habe etwa 3 Stunden gedauert, er sei relativ schnell gewesen, da er die Zahlen gekannt habe und nur deren Zusammenstellung und Aufbereitung nicht. Es sei mit Sicherheit der Rohbericht des RH gewesen, weil er sich ein paar Tage später (3 - 4) inhaltlich denselben Bericht (versehen mit Querstreifen) von der Homepage der Grünen heruntergeladen habe. Ob das Exemplar, dass er von H. bekommen habe, auch Querstreifen gehabt habe, wisse er nicht mehr genau, er glaube es aber. Er habe den Bericht am Nachmittag - er wisse nicht mehr, ob am selben oder am nächsten Tag - wieder ins Vorzimmer gebracht und dort auf das Pult gelegt, weil keine Sekretärin mehr anwesend gewesen sei. Am nächsten Tag habe ihn M. vom RH angerufen und habe er diesem mitgeteilt, dass er die Zahlen schon geprüft hätte, weil er noch seine Kopien gehabt, die er später vernichtete habe.

 

Die Zeugin P. (zum Tatzeitpunkt Mitarbeiterin der F. und Assistentin von H.) gab an, sie sei vor dem 11.01.2010 auf Urlaub gewesen und ihre Kollegin N. habe ihr mitgeteilt, dass der Beschuldigte einen Termin mit H. hätte. H. hätte ihr einen Bericht des RH zum kopieren gegeben. Ob dies der ihr nunmehr gezeigte sei, könne sie nicht mehr sicher sagen, er habe jedenfalls das RH-Logo getragen und die Dicke passe ungefähr. Es sei später Vormittag gewesen. Sie und ihre Kollegin seien vom Beschuldigten nicht begrüßt worden, sie könne auch nicht sagen wie lange die Besprechung gedauert habe, da das Besprechungszimmer einen eigenen Ausgang ins Foyer gehabt habe. Sie habe niemanden gesehen.

 

Als sie die Kopien und das Original zurückgebracht und dem H. gegeben habe, sei der Beschuldigte im Besprechungszimmer anwesend gewesen. Ob etwas und was gesagt worden sei, wisse sie nicht mehr.

 

Fr. N. kenne, aufgrund ihrer längeren Tätigkeit, den Beschuldigten schon länger. Ihr sei weder bei den Telefonaten noch sonst etwas aufgefallen, dass auf eine Beziehung außerhalb des beruflichen hingedeutet hätte.

 

Sie habe den Bericht nicht urgiert. Sie wisse nur, dass sie relativ lange auf den Bericht gewartet hätten, es sei politisch brisant gewesen und immer die Frage, was drinnen stehen werde. Sie habe keine Übergabe des Berichts wahrgenommen. Sie wisse nur noch, dass sie L. am nächsten Tag angerufen habe, weil H. ihn sprechen habe wollen. Später habe sie mitbekommen, dass sie den Bericht gar nicht hätten haben sollen.

 

Sie habe auch keinen Kaffee angeboten. Normalerweise mache das der Kollege im Foyer. Prüfer, wie der Herr M. die tagelang da gewesen seien, hätten sich den Kaffee selbst geholt. Der Beschuldigte sei nicht tagelang da gewesen. Sie habe auch nicht wahrgenommen, dass sich dieser mit H. "geduzt" hätte. In der F. gäbe es zwei Kaffeeküchen jeweils gleich neben den WC's.

 

Die Zeugin N. (zum Tatzeitpunkt und auch dzt. noch Mitarbeiterin der F.) gab an, sie kenne den Beschuldigten beruflich, sie hätten mehrfach miteinander telefoniert. Ein privates Verhältnis gab und gäbe es nicht. Sie könne sich nicht erklären, warum der Beschuldigte eine Naheverhältnis behauptet habe. Sie habe auch den Bericht nicht urgiert oder ihn um Einsicht oder eine Kopie ersucht. Sie wisse auch nicht, ob P. eine Kopie habe anfertigen müssen. Sie könne sich nicht mehr erinnern, ob sie den Termin am 11.01.2010 ausgemacht habe, es könne sein. Sie glaube, dass er am Vormittag gekommen sei. Wie lange er geblieben sei wisse sie nicht. Sie sei der Besprechung nicht beigezogen worden und sei ihr auch sonst niemand aufgefallen, sie sei mit ihren Angelegenheiten beschäftigt gewesen. Dass sich der P. und der Beschuldigte "geduzt" hätten, habe sie nicht wahrgenommen.

 

Die DA führte in ihrem Schlusswort aus:

 

"Ich möchte auf die Beschwerde verweisen und aus dieser ein paar wesentliche Punkte herausheben, die ich nochmals unterstreichen möchte. Aus der Verhandlung heute ist klar geworden, dass es sich um ein Vorsatzdelikt handelt. Einerseits auf Grund der Urgenzen des Geschäftsführers und andererseits auf Grund der Tatsache, dass dem Beschuldigten klar sein musste, dass das Zahlenwerk nicht in einem 4-Augen-Gespräch mit dem H. überprüft werden konnte. Es ging ihm um die Mitteilung der Wertungen des RH und die Überlassung des Berichtes zur Abklärung der Zahlen.

 

Spätestens seit 2000 musste dem Beschuldigten klar sein, dass Prüfungsergebnisse und Entwürfe dazu vertraulich, auch gegenüber der geprüften Stelle, zu handhaben sind. Einerseits aus den Qualitätsstandards, andererseits auch aus Art. 127 B-VG. Es wird im RH ein hoher Aufwand betrieben, um sicher zu stellen, dass nichts nach außen gelangt. Entwürfe dürfen deshalb nicht hinausgehen, weil Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse gewahrt werden müssen, Prüfungsergebnisse im Team mit der Hierarchie abgestimmt; es darf nur eine Meinung des RH geben und nicht verschiedene Versionen. Der sorgsame und vertrauliche Umgang mit Prüfungsergebnissen und Entwürfen dazu, ist eine Kernpflicht eines RH-Beamten und die Verletzung als schwer zu sehen. Der Unrechtsgehalt wird durch die Strafe weder im spezialpräventiven Bereich, noch hinsichtlich der Generalprävention ausreichend abgedeckt. Ich beantrage daher, meiner Beschwerde stattzugeben."

 

Der Vorsitzende der DK schloss sich den Ausführungen der DA an, hielt die Strafhöhe jedoch für angemessen.

 

Der Verteidiger des Beschuldigten führte abschließend wörtlich aus:

 

"Frau DA versucht, die Angelegenheit so darzustellen, als hätte der Beschuldigte aktiv einen Entwurf "hinausgegeben". Das trifft nicht auf ihn zu, sondern höchstens auf derzeit nicht identifizierbare Personen, denen der approbierte Rohbericht zugegangen ist und von dort den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat. Der gegenständliche, noch nicht approbierte, Rohbericht hat seinen Weg nicht in die Öffentlichkeit gefunden. Es liegen Beweise vor, nämlich die Aussagen der Personen, die dafür in Betracht kommen, Dkfm. H und Mag. L. Insofern wird aus diesem Grund auf den Falschen hingeprügelt.

 

Gegenstand des Disziplinarverfahrens ist, da noch die alte Rechtslage anzuwenden ist, was im Verhandlungsbeschluss vom 16.10.2013 geschrieben wurde. Dadurch wird der Umfang, hinsichtlich der sachverhaltsmäßigen Richtung und auch der Dienstpflichtverletzungen umschrieben und darf darüber hinaus ohne ergänzende DA-Anzeige oder Einleitung eines Disziplinarverfahrens nicht hinausgegangen werden. Der gegenständliche Vorwurf lautet, der Beschuldigte hätte am 11.01.2010 den ihn anvertrauten Entwurf des Prüfungsergebnisses in den Räumlichkeiten der F. für mehrere Minuten unbeaufsichtigt liegen gelassen und die Herstellung einer Kopie dieses Schriftstücks der geprüften Stelle ermöglicht und dadurch § 46 Abs. 1 verletzt bzw. Pkt. 13. 1. Qualitätsstandards verletzt. Die Ausführungen über ein Herausgeben dieses Entwurfs gehen daher ins Leere, da nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens. Dies betrifft insbesondere die Ausführungen, der Beschuldigte hätte sich schon zum Zweck einer nicht ordnungsgemäßen Besprechung in die F. begeben. Dies ist auch durch das Beweisergebnis widerlegt, wonach Mag. H. einen Abstimmungsbedarf hinsichtlich des Rohentwurfes gesehen hat und erst bei Vorliegen entsprechender Informationen erkannte, dass dies durch einen mit der Prüfung betrauten Mitarbeiter vorzunehmen war.

 

Entscheidungswesentlich ist daher die Frage, wie das für mehrere Minuten unbeaufsichtigte Liegenlassen der Unterlage zu bewerten ist. Beweisergebnisse für zumindest einen bedingten Vorsatz liegen nicht vor. Es ist nicht hervorgekommen, dass Dkfm. H. den Beschuldigten ersucht hätte, eine Kopie herstellen zu dürfen oder sich in dieser Richtung erkennbar geäußert hätte. Es ist auch nichts hervorgekommen, dass der Beschuldigte an der Korrektheit des Dkfm. H. Zweifel hätte haben müssen, dies insbesondere auf Grund seiner vorhergehenden Erfahrungen, wonach immer eine vollkommen korrekte Vorgehensweise seitens F. gepflogen wurde.

 

Die Verantwortung, den Besprechungsraum für eine gewisse Zeit verlassen zu haben, um das WC aufzusuchen oder einen Kaffee einzunehmen, kann zweifelsfrei nicht widerlegt werden.

 

Dkfm. H. hat angegeben, dies auch schon unter Wahrheitspflicht im Strafverfahren, dass es durchaus möglich war, dass er die Kopien in Abwesenheit des Beschuldigten erstellen hat lassen. Die Überlegungen hinsichtlich des Anbietens eines Kaffees sind insofern irrelevant, als sich neben dem WC eine Möglichkeit befand, sich selbst einen Kaffee herzustellen und es durchaus nicht lebensfremd ist, sich bei dieser Gelegenheit selbst zu versorgen.

 

Zu prüfen ist weiters, ob fahrlässiges Verhalten vorliegt. Dies ist an Hand einer qualifizierten Maßfigur vorzunehmen. Der Umstand, dass ein vertrauensvoller Umgang mit Mag. H. schon in der Vergangenheit da war, legt es auch durchaus nahe, Unterlagen während einer relativ kurzen Abwesenheit im Besprechungsraum liegen zu lassen, ohne befürchten zu müssen, dass hiervon - wie inkriminiert - eine Kopie hergestellt wird. Eine derartige Befürchtung wäre nur dann gegeben, wenn eine längerdauernde Abwesenheit vorhersehbar gewesen wäre. Die von der DA herangezogene Kenntlichmachung über die Tabellen hinausgehender Umstände, ist nicht vom Verhandlungsbeschluss umfasst und somit nicht Verfahrensgegenstand. Wäre dies zu verfolgen gewesen, hätte dieser Umstand in den Verhandlungsbeschluss aufgenommen werden müssen.

 

Das Verfahrensergebnis zeigt eindeutig, dass zu keinen Personen der F. ein über das dienstlich hinausgehendes Verhältnis vorlag und auch keine Motivation ersichtlich ist, in unkorrekter Weise vorzugehen. Dies wäre auch nicht lebensnah. Hätte wirklich eine Kopie des Rohberichts weiter gegeben werden sollen, dann wäre dies an einem unverfänglichen Ort ohne in Betracht kommende Zeugen vorgenommen worden.

 

Es liegt daher maximal fahrlässiges Verhalten vor.

 

Zur Beschwerde der DA ist festzuhalten, dass sich diese ausdrücklich gegen die Strafhöhe, nicht aber hinsichtlich Schuld richtet. Damit scheiden auch Überlegungen hinsichtlich eines Verstoßes nach Pkt. 13. 2. des Qualitätsstandards aus, da zugunsten des Beschuldigten das Verschlechterungsverbot besteht und überdies kann von einer Erörterung von Prüfungsaussagen gegenüber Dritten nicht gesprochen werden. Es kann nach dem Verfahrensergebnis nicht davon ausgegangen werden, dass Umstände erörtert wurden, die das Land [...] betrafen, sondern nur Tabellen und Zahlen der F. Überdies wurde die Prüfung gegen 2 geprüfte Stellen mit einer thematischen Einheit vorgenommen.

 

Zur Strafhöhe verweise ich auf die schriftlichen Ausführungen, auf die extrem lange Verfahrensdauer. Im ersten strafrechtlichen Verfahren kam es zu einem Freispruch. Das Strafgericht hat sich dabei nicht nur auf formale Tatbestände bezogen, sondern auch auf beweismäßige inhaltliche. Auf Grund der Entscheidung des OLG Wien konnte eine Verurteilung nicht ausgeschlossen werden, sodass auch aus diesen Überlegungen der Weg der Diversion gewählt wurde. Unverständlich sind die Ausführungen des OLG und auch der DA hinsichtlich der Intervention. Es bedarf weder der Weitergabe eines Rohberichtes, noch einer medialen Berichterstattung, um Interventionen zu provozieren. Ab Prüfungsbeginn besteht diese Möglichkeit einer Intervention, um eine Prüfung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Wesentlich im gegenständlichen Fall ist, dass weder der Versuch einer Einflussnahme, noch einer Intervention vorgelegen ist. Die in der 1. Instanz verhängte Disziplinarstrafe erweist sich als exzessiv überhöht. Ich beantrage daher wie schriftlich, insbesondere der Beschwerde der DA nicht Folge zu geben.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person des Beschuldigten

 

Der 59-jährige Beschuldigte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.

 

Er hat 1992 ein Wirtschaftsstudium abgeschlossen und ist seit 1986 im RH ua. mit Gebarungsprüfungen der Länder befasst. Zuletzt war er Prüfungsleiter. Er führt den Amtstitel Ministerialrat und hat einen Bruttomonatsbezug (ungekürzt) von € 8.046,11.

 

Seit 15.01.2010 bis dato (5 Jahre) ist er suspendiert und sein Monatsbezug auf brutto € 5346,33 gekürzt. Bis zum Zeitpunkt der Suspendierung erhielt er wie die meisten anderen Bediensteten des RH eine sogenannte Weihnachtsbelohnung.

 

Er ist verheiratet und sorgepflichtig für 2 Töchter (17 und 20, Schülerin bzw. Studentin). Seine Frau ist in Teilzeit berufstätig.

 

Er besitzt das Eigentum an der Hälfte seines Wohnhauses für das er auch mtl. Kreditraten in Höhe von ca. € 500,- zurückzahlt.

 

Er hat weder disziplinarrechtlich noch strafgerichtliche Vorstrafen. Ein gerichtliches Strafverfahren (Mitteilung der Anhängigkeitsmachung vom 20.12.2011) im Gegenstand, wegen des Vorwurfs des Bruches des Amtsgeheimnisses (§ 310 StGB) wurde am 22.04.2013 (nach einem aufgehobenen Freispruch im erster Instanz) im zweiten Rechtsgang mit einer Diversion beendet.

 

1.2. Zum Sachverhalt

 

Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht und ist zulässig. Das Verfahren ist aufgrund der Anhängigkeitszeiten beim Strafgericht, bei der Berufungskommission (vgl. I.14.) und beim VfGH (vgl. I. 16 u. 17) noch nicht verjährt.

 

Im verfahrensgegenständlichen Fall war der Beschuldigte nicht Prüfungsleiter, sondern als Gastprüfer Mitglied des dreiköpfigen Prüfungsteams, dass neben ihm aus Dipl. Ing. M. und dem Prüfungsleiter Mag. HE. bestand.

 

Am 07.01.2010 übergab ihm der zuständige Prüfungsleiter Mag. HE. einen als Verschluss gekennzeichneten, noch nicht approbierten Entwurf eines Prüfungsergebnisses (Rohbericht), betreffend die Gebarungsprüfung eines Bundeslandes hinsichtlich des Veranlagungsmanagements der Erlöse aus der Verwertung der WBF-Darlehen und dem Verkauf der Beteiligungen des Landes an die GmbH F., zu Kontrolle und zum Korrekturlesen.

 

Der Beschuldigte war der Meinung einige Zahlen und Tabellen noch einmal überprüfen zu müssen und nahm mit der F. telefonischen Kontakt auf. Davor gab es bereits mehrere Urgenzen der F. (über deren Geschäftsführer Dkfm. H.), wann denn der Bericht fertig sei, weil das Prüfungsteam des RH bereits im Sommer 2009, nach einer Schlussbesprechung im Beisein des zuständigen Landesrates, die F. verlassen hatte. Bei dieser Besprechung wurden auch die Grundlinien der Empfehlungen bzw. Kritik des RH, jedoch noch keine detaillierten Formulierungen, bekanntgegeben. Aufgrund der politischen Situation wurde den Formulierungen im Rohbericht sowohl von H. als auch vom Beschuldigten eine gewisse politische Brisanz zugemessen, weil in der Vergangenheit Rohberichte regelmäßig, noch ohne dass darin die offiziellen Stellungnahmen der geprüften Stelle eingearbeitet worden wären, politisch und in der Öffentlichkeit verwendet worden waren.

 

Nachdem sich ein telefonischer Abgleich der 10 - 15 Tabellen mit Zahlen als zu umständlich erwies, ließ sich der Beschuldigte von einer der Sekretärinnen des H., Frau N. - die er von früheren Prüfungen schon kannte und mit der er auch diesmal bereits mehrfach telefoniert aber kein persönliches Naheverhältnis hatte - einen Termin bei H. in den Räumlichkeiten der F. geben.

 

Am 11.01.2010 am späten Vormittag (ca. 11.00 Uhr) begab sich der Beschuldigte mit diversen Unterlagen, insbesondere dem vollständigen Entwurf des fast fertigen aber noch nicht approbierten Rohberichtes (73 Seiten), der noch mehrere handschriftliche Anmerkungen des Prüfungsleiters sowie des Beschuldigten enthielt und zwar als "Verschluss" gekennzeichnet aber als solcher noch nicht mit Querstreifen versehen, individualisiert und kuvertiert war, zu dieser Besprechung.

 

Er nahm den ganzen Entwurf deshalb mit, weil ihm aufgrund der im Bericht verstreuten Zahlen und Tabellen ein herauskopieren zu mühsam erschien. Mit H. - den er ebenfalls aufgrund vorangegangener Prüfungen bereits kannte - pflegte er einen sachlichen und vertrauensvollen Umgang. Er kannte auch den Hausbrauch (Toiletten, Kaffeeküchen) in der F., weil er gemeinsam mit dem Hauptprüfer, seinem Kollegen M. - der dort mehrere Tage verbrachte und ein eigenes Prüfungszimmer zugewiesen bekommen hatte - mehrmals an Besprechungen teilgenommen hatte.

 

H. kam gleich zu Beginn der etwa einstündigen Besprechung zur Ansicht, dass er aufgrund des Umfanges des Berichtentwurfes, nicht in der Lage sein werde eine Detailüberprüfung der Zahlen durchzuführen und er dazu seinen ehemaligen Mitarbeiter Mag. L. benötigen würde, der einen Stock höher im selben Gebäude zum Tatzeitpunkt für eine Tochterfirma der F. arbeitete. Die Zahlen kamen zwar alle von der F., waren aber im Bericht in verschieden Tabellen, Grafiken und Charts neu zusammengestellt worden, sodass H. beschloss eine Kopie des Rohberichtsentwurfes anfertigen zu lassen und diese dem L. zur Überprüfung zu übergeben. Er nahm den Entwurf während der Besprechung an sich, begab sich damit in sein Vorzimmer und beauftragte seine Sekretärin Fr. P. mit der Erstellung einer Kopie; danach begab er sich zurück ins Besprechungszimmer.

 

Fr. P. führte den Auftrag aus, brachte den Entwurf und die Kopie in das Besprechungszimmer zurück - wo auch der Beschuldigte anwesend war - und übergab die Unterlagen dem H.

 

Die Besprechung endete mit der Zusicherung des H. sich die Zahlen anzusehen und wenn es etwas gäbe mit dem Beschuldigten Kontakt aufzunehmen.

 

Gegen Mittag - nachdem der Beschuldigte die F. wieder verlassen hatte, wurde Mag. L. zu H. beordert und dieser übergab ihm mit dem Hinweis der Vertraulichkeit die Kopie des Rohberichtsentwurfes zur raschen Überprüfung. Noch am selben Tag am Nachmittag nach ca. 3 Stunden, hatte der L. - der sich zwecks besserer Bearbeitung ebenfalls einige Teile (Zahlen, Tabellen) aus dem Rohberichtsentwurf kopierte - die Überprüfung abgeschlossen und brachte den Entwurf zurück ins Vorzimmer des H., wo er ihn auf das Pult legte.

 

Am nächsten Tag dem 12.01.2010 wurde er von H. zur Berichterstattung beordert und erhielt auch einen Anruf des RH-Prüfers M. der ebenfalls Zahlen überprüfen wollte. Beiden teilte er mit, dass er die Zahlen im Entwurf kontrolliert habe und alles in Ordnung sei. M. informierte daraufhin seine Vorgesetzten, dass sich bereits ein Entwurfsexemplar in den Händen der F. befände.

 

Am nächsten Tag (13.01.2010) fand die erste niederschriftliche Befragung des Beschuldigten statt und wurde Disziplinaranzeige erstattet, weil der Beschuldigte eingestanden hatte einer Mitarbeiterin der F. zu der er ein persönliches Naheverhältnis hatte, in deren Büro einen Blick in den Berichtsentwurf ermöglicht, danach das Büro kurz verlassen zu haben und womöglich der Berichtsentwurf in dieser Zeit kopiert worden wäre. Eine Verantwortung die er später widerrief bzw. in wesentlichen Punkten abänderte.

 

Ebenfalls am 13.01.2010 wurde der Rohbericht approbiert und als Verschlussdokument (erkennbar unter anderem an über jede Seite verlaufende individualisierte Querstreifen) am 14.01.2010 vom Prüfungsleiter des RH persönlich im verschlossenen Kuvert in Papierform der Landesregierung (Kanzleileiter Landesamtsdirektion) überbracht. Der F. wurde das Prüfungsergebnis mit Boten am 14.01.2010 am Nachmittag zugestellt.

 

Einer dieser offiziellen Berichtsentwürfe wurde wenige Tage später auf der Homepage einer Partei zum Download bereitgehalten und am 18.01.2010 erschienen diverse Medienberichte in der Causa. Am 29.07.2010 berichtete eine Tageszeitung in diesem Zusammenhang von einer undichten Stelle im RH sowie der Suspendierung und Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen einen RH-Beamten.

 

Es wird festgestellt, dass es sich bei dem in der Öffentlichkeit nach dem 14.01.2010 verfügbaren approbierten Exemplar des Rohberichtes nicht um jenes handelte, dass dem Beschuldigten zuzuordnen war.

 

Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte am 11.01.2010 den mit Verschluss bezeichneten und noch nicht approbierten Entwurf des Rohberichtes, der ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen enthielt, deren Geheimhaltung zur Vorbereitung einer Entscheidung geboten war, H. dem Geschäftsführer der geprüften Stelle, dem er über den gesamten Inhalt keine amtliche Mitteilung zu machen hatte, nicht nur Einsicht gewährte, sondern darüber hinaus zum Kopieren überließ, obwohl er zu diesem Zeitpunkt - mit Ausnahme der Zahlen und Tabellen - noch zur Verschwiegenheit gegenüber diesem verpflichtet gewesen wäre (Amtsverschwiegenheit).

 

Dass die Überlassung seiner Berichtsversion an die geprüfte Stelle, eine Entscheidung seiner Vorgesetzten hinsichtlich dessen endgültigen und detaillierten Inhalts wesentlich erschwert, war ihm dabei nicht bewusst.

 

Dem Beschuldigten war bewusst, dass das Kopieren der Unterlage verboten war, weil die Kopien möglicherweise an die Medien gehen oder sonst irgendwo unsachgemäß verwendet werden könnten. Er vertrauten jedoch darauf, dass der H. als Geschäftsführer der F. und damit der geprüften Stelle vertraulich damit umgehen würden und qualifizierte diesen nicht als Dritten iSd Bestimmung 13.2. des Qualitätshandbuches (Vertraulichkeit).

 

Aus diesem Grund war ihm auch nicht bewusst, dass er mit der Überlassung gegen Punkt 13.1. des Qualitätshandbuches verstieß (sichere Verwahrung von Unterlagen im Zusammenhang mit der Erstellung von Prüfungsergebnissen der Schutzwürdigkeit entsprechend), weil er die Schutzwürdigkeit des noch nicht approbierten Prüfungsergebnisses (Rohbericht) gegenüber dem H. falsch einschätzte und diesen vor ihm nicht sicher verwahrte, obwohl der Berichtsentwurf bereits als Verschlussstück gekennzeichnet war und im bewusst sein musste, dass der H. - aufgrund der politischen Brisanz - höchstes Interesse an der genauen Ausformulierung des Rohberichtes hatte.

 

Ob er den Entwurf im Besprechungszimmer bei H. unbeaufsichtigt hat liegen lassen und sich für mindestens 10 Minuten auf die Toilette begab und sich einen Kaffee holte (wie er eingesteht) oder ob er - ohne das Besprechungszimmer zu verlassen - dem Ersuchen des H., den er nicht als außenstehenden Dritten betrachtete, nachkam und ihn eine Kopie anfertigen ließ, damit dieser die Zahlen von L. überprüfen konnte, konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden.

 

Festgestellt wird, dass ohne das zumindest konkludente Einverständnis und Zutun des Beschuldigten die Herstellung einer Kopie nicht möglich gewesen wäre und die Tatsache, dass eine Kopie hergestellt wurde, dem Beschuldigten jedenfalls bewusst war, als er die F. wieder verließ.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des umfangreichen Aktes, insbesondere aus den Niederschriften der verschiedenen Vernehmungen des Beschuldigten, den Aussagen in den Verhandlungsschriften im Strafverfahren und dem Disziplinarverfahren vor der DK, sowie den Aussagen des Beschuldigten und der Zeugen in der Verhandlung vor dem BVwG. Von den örtlichen Gegebenheiten in der F. hat sich der vorsitzende Richter selbst vor Ort ein Bild gemacht; diese entsprechen den von den Zeugen und vom Beschuldigten gemachten Angaben.

 

Der gegenständliche Prüfungsergebnisentwurf (Rohberichtentwurf) befand sich zum Tatzeitpunkt noch in keinem Verschlusskuvert, dies ergibt sich aus den Vermerken am Verschlusskuvert auf dem sich weder der Name des Beschuldigten noch jener des Prüfungsleiters Mag. HE. befand. Dass er bereits den Vermerk "Verschluss" trug ist unbestritten.

 

Der gegenständliche Prüfungsergebnisentwurf (Rohberichtentwurf) enthält handschriftlichen Bemerkungen/Korrekturen auf den Aktenseiten (AS) 19, 20, 22, 29, 31, 37, 40 und Tabellen auf AS 55, 58, 59, 60). Auf dem Entwurf befinden sich die Geschäftszahl und der Vermerk VERSCHLUSS. Da der Berichtsentwurf keine Kennzeichnung mit Querstreifen auf jeder Seite aufweist, handelt es sich nicht um das Exemplar das später - nach der offiziellen Zustellung des approbierten und durchgehend so gekennzeichneten Berichts am 14.01.2010 - über die Homepage einer Partei in die Öffentlichkeit gelangte.

 

Am 21.01.2010 langte eine Resolutionsantrag eines Abgeordneten der Landesregierung im Landtag des betroffenen Bundeslandes ein, in dem sich dieser darüber beschwerte, dass immer wieder - und auch im vorliegenden Fall - Rohberichte, vor einer Stellungnahme der geprüften Stelle an die Medien und die Öffentlichkeit kommen würden. Er beantrage eine Untersuchung. Anlass waren offensichtlich diverse Medienmeldungen in der Causa, die allerdings ebenfalls erst mit 18.01.2010 und damit nach der Zustellung des approbierten Rohberichts begannen (AS 91 - 124, 148 - 157).

 

Dem Prüfungsergebnis der Landesregierung vom 29.06.2010 (AS 212 - 220) zur Causa "Frühzeitige Veröffentlichung des Rohberichtes (Prüfungsergebnisses)" ist zu entnehmen, dass das gegenständliche Prüfungsergebnis (datiert mit 13.01.2010) am 14.01.2010 vom Prüfungsleiter des RH persönlich im verschlossenen Kuvert in Papierform überbracht worden sei. Am 15.01.2014 sei es vom Kanzleileiter der Landesamtsdirektion eingescannt worden. Auch der Vorsitzende des Aufsichtsrates der F. sei in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben in einem verschlossenen Kuvert von der Übermittlung des Prüfungsergebnisses an die F. in Kenntnis gesetzt worden. Der F. selbst sei das Prüfungsergebnis mit Boten am 14.01.2010 am Nachmittag zugestellt worden.

 

In der Verhandlung vor dem BVwG haben sowohl der Zeuge L. als auch die Zeugin P. ausgesagt, dass es sich bei den Kopien um einen RH-Bericht gehandelt hat. L. war zwar etwas verwirrt weil er vermeinte, dass der Berichtsentwurf den er von H. erhalten habe, bereits Querstreifen gehabt habe. Da nach den Beweisergebnissen erst die offizielle approbierte Ausfertigung diese Querstreifen aufwies, musste er dann aber einräumen, dass er sich möglicherweise geirrt habe, weil er sich später den im Internet verfügbaren (mit Querstreifen versehenen) Rohbericht heruntergeladen haben, der nahezu ident mit der übergeben Ausfertigung gewesen sei. Der Zeuge konnte sich sogar an die Gliederung des Berichtsentwurfes erinnern, und dass er Teile herauskopiert hatte, um sie besser vergleichen zu können. Der von H. übergebene Kopie sei der RH-Rohbericht gewesen, weil er sich auch an handschriftliche Anmerkungen erinnern konnte.

 

P. gab an, aus der Dicke und dem RH-Logo habe sie darauf geschlossen, dass es ein RH-Bericht gewesen wäre.

 

Der Zeuge H. gestand unumwunden ein, dass er den RH-Berichtsentwurf habe kopieren lassen.

 

Aus dem oa. ergibt sich, dass die Berichtsversion, die der Beschuldigte in den Räumlichkeiten dem H. überließ, nicht jene ist die an die Öffentlichkeit gelangt ist und ohne jeden Zweifel, dass der H. den Entwurf des Beschuldigten kopieren hat lassen.

 

Der Beschuldigte hat mehrere Versionen bzw. verschieden Details des Sachverhaltes bei den verschiedensten Befragungen unterschiedlich angegeben und letztlich beteuert, dass der Berichtsentwurf ohne sein Wissen und Zutun von H. kopiert worden wäre. Diese Darstellungen ist aus folgenden Gründen nicht glaubwürdig.

 

Aus der ersten Niederschrift (13.01.2010, AS 86 - 87) mit dem Beschuldigten geht hervor, dass er sich mit einer Bediensteten der geprüften Stelle (F.) zu der er ein persönliches Naheverhältnis habe, in deren Büro getroffen habe. Vor diesem Treffen sei er von dieser gefragt worden, ob sie ein Exemplar des Prüfungsergebnisses haben könne. Er habe zuerst verneint und dann aber ihrem heftigen Drängen nachgegeben den Entwurf am 11.01. zu ihr mitgenommen zu haben und ihr einen kurzen Einblick gewährt zu haben. Danach habe er das Prüfungsergebnis für kurze Zeit unbeaufsichtigt in ihrem Büro liegen lassen.

 

Sowohl nach der glaubhafte Zeugenaussagen von Fr. N.- sie ist die Bedienstete zu der dieses Naheverhältnis bestanden haben soll - als jener ihrer Kollegin P. in der Verhandlung vor dem BVwG ergibt sich, dass es dieses Naheverhältnis nicht gab. Der Beschuldigte änderte später auch seine diesbezügliche Aussage und gab an aufgrund privater Probleme bei der Niederschrift verwirrt gewesen zu sein.

 

In seiner bereits nach anwaltlicher Beratung getätigten Stellungnahme zur vorläufigen Suspendierung vom 11.02.2010 (AS 158 - 162) war von der noch in der Niederschrift am 13.01.2010 angesprochenen Mitarbeiterin keine Rede mehr. Der Beschuldigte sprach von einer notwendigen Besprechung vor Ort mit dem Geschäftsführer, der anlassbezogen weitere Mitarbeiter beigezogen habe. Er selbst habe das WC aufsuchen müssen, sei dort ca. 5 Minuten gewesen, auf dem Rückweg seien ihm im Foyer Kaffee und Mineralwasser angeboten worden, sodass er nach insgesamt ca. 10 - 12 Minuten - samt Kaffeetasse - wieder im Besprechungszimmer gewesen sei. Offensichtlich sei während seiner Abwesenheit der Bericht gescannt oder kopiert worden. Er habe aufgrund des kooperativen Verhaltens keinerlei Misstrauen gehabt.

 

In der Verhandlung vor dem BVwG darauf angesprochen gab er an, es könne sein, dass im auf seinem Gang zum WC Kaffee angeboten worden sei, er jedoch gesagt habe - da er den Hausbrauch gekannt habe - sich selber einen zu holen. Die Zeugin N. gab an, dass ihr Kollege im Foyer normalerweise gleich beim Eintreffen Kaffee anbiete. Prüfer die tagelang da seien würden sich selber Kaffee holen, allerdings sei nicht der Beschuldigte, sondern seine Kollege M. tagelang da gewesen. Für das BVwG ist es nicht nachvollziehbar, dass sich ein Besucher bei einer Besprechung mit dem Geschäftsführer selber einen Kaffee holen muss, wenn zwei Sekretärinnen und ein eigener Bediensteter im Foyer für diese Aufgaben zur Verfügung stehen und er auf den Geschäftsführer sogar hat warten müssen. Im Übrigen war bei den folgenden Befragungen von einem "Angebot von Kaffee und Mineralwasser" nicht mehr die Rede. Auch eine Beiziehung von Mitarbeitern gab es während der Besprechung nicht - mit Ausnahme des Kopierauftrages an Fr. P.

 

In seiner ersten Vernehmung als Beschuldigter (16.02.2011, AS 44) hat er betont, noch vor dem 11.01.2010 sei er gefragt worden, ob die F. in das noch interne Arbeitspapier Einsicht nehmen könne, worauf er geantwortet habe, "grundsätzlich nicht, aber wenn es darum geht, Zahlen und Tabellen abzuklären, komme ich zu ihnen" (AS 31 in ON 13). Am 11.01.2010 um ca. 17:00 Uhr sei er mit dem internen Arbeitspapier zur F. gekommen und habe sich in das Besprechungszimmer, indem nur der Geschäftsführer H. anwesend gewesen sei, begeben. Er habe sein "Arbeitspapier" geöffnet und H. die zu klärenden relevanten Inhalte, insbesondere Tabellen und Zahlenwerke gezeigt. Während dieser Besprechung habe. H. gesagt, "er müsse sich das anschauen". Er (der Beschuldigte) habe sinngemäß gesagt, "ja, schauen sie sich das an, ich muss sowieso auf das WC und hole mir auch einen Kaffee".

 

Bei seiner zweiten Vernehmung (05.05.2011) hat er diese Äußerung wiederholt, wonach er H. mitgeteilt habe, dass er grundsätzlich nicht in das Arbeitspapier Einsicht nehmen könne, wenn es aber darum gehe, Zahlen und Tabellen abzuklären, komme er vorbei. Es sei nicht üblich, vorläufig nicht approbierte Prüfungsergebnisse der geprüften Stelle zukommen zu lassen. Dies sei auch so nicht gemacht worden (AS 27 in ON 15).

 

Aus diesen Aussagen geht einerseits hervor, dass dem Beschuldigten jedenfalls klar war, dass der H. ein massives Interesse an den Berichtsinhalten (nicht nur an den Zahlen) hatte - was dieser in der Verhandlung vor dem BVwG auch unterstrich - und andererseits, dass es der Beschuldigte nicht als "üblich" ansah ihm den approbierten Bericht zukommen zu lassen oder ihm auch nur Einsicht zu gwähren. In der Verhandlung vor dem BVwG relativierte der Beschuldigte diese Aussage indirekt, indem er anführte es seien in der Vergangenheit auch nicht approbierte Berichte geprüften Stellen zugänglich gemacht worden und es keinen Unterschied mache, ob man jemanden hineinschauen oder eine Kopie machen lasse. Der nicht approbierte Prüfbericht sei nur ein Arbeitspapier und könnte von der Hierarchie, unter Hinweis auf lediglich die Prüfermeinung, jederzeit geändert werden.

 

Dem nach der ersten Verhandlung am Strafgericht (28.02.2012) gefällten (später aufgehobenen) freisprechenden Urteil ist ua. zu entnehmen, dass der Beschuldigte dem Geschäftsführer der geprüften Stelle, vorsätzlich Einsicht in das noch nicht approbierte Prüfungsergebnis nehmen ließ und während der etwa eine Stunde dauernden Besprechung, einmal - etwa für 10 Minuten - den Besprechungsraum verlassen habe, um die Toilette aufzusuchen und sich einen Kaffee aus der Kaffeeküche zu holen.

 

In den im Jahr 2013 stattfindenden Tagsatzungen der Hauptverhandlung im wiederholten Strafprozess (08.01., 05.02. und 12.03.2013) erklärte der Beschuldigte, dass er seine Aussagen am 13.01.2010 in der Aufregung wahrscheinlich so getätigt habe, er wisse nicht mehr warum er das so gesagt habe. Er habe kein persönliches Naheverhältnis zur Sekretärin Fr. N., er habe lediglich oft mit ihr telefoniert. Das Drängen sei terminlicher Natur gewesen, weil der Geschäftsführer H. auf Urlaub habe gehen wollen. Dieser habe öfter urgiert, wann der Bericht endlich fertig sei. Er habe den ganzen Rohbericht mitgenommen, weil es um 10 - 15 Tabellen gegangen sei und diese herauszunehmen wäre unüblich gewesen. Verschluss sei auf dem Bericht gestanden (Verschlusskuvert habe es noch keines gegeben) und bedeute, dass die Inhalte nicht Dritten kommuniziert werden dürften, dies sei aber nicht der Geschäftsführer der geprüften Einrichtung. Er habe dem Geschäftsführer gesagt, dass er den approbierten Rohbericht nicht hergeben dürfe, nur den noch nicht approbierten. Die Herausgabe der Prüfungsergebnisse würde nicht den Verfahrensgrundsätzen entsprechen, wenn das Prüfungsergebnis approbiert sei, unterliege es im höheren Maß der Vertraulichkeit und Verschwiegenheit (S. 9 - Verh. 05.02.2013).

 

Das Parteien nicht Einsicht nehmen dürften und sich die Vertraulichkeit auch auf diese beziehe, sei ihm nicht bewusst gewesen. Er sei der Meinung, dass er zwar den Rohbericht nicht herzeigen dürfe, aber der eigentliche fertige Rohbericht dem Endbericht gleichzusetzen gewesen sei und die geprüfte Stelle die Ergebnisse ohnehin schon mündlich verkündet bekommen habe (Schlussbesprechung hatte schon stattgefunden). Das Kopieren der Unterlagen sei aber verboten, weil die Kopien möglicherweise an die Medien gehen und irgendwo unsachgemäß verwendet würden. Schlussfolgerungen bekäme die geprüfte Stelle bei der Schlussbesprechung mündlich präsentiert (S. 16 u. 17 - Verh. 05.02.2013). Er habe immer die Rohberichte mitgenommen aber nie liegen lassen und sei auch in diesem Fall nicht extra auf die Toilette gegangen, damit der Entwurf unbeaufsichtigt sei. Kopien/Ausdrucke der Tabellen und Zahlen habe er deshalb nicht angefertigt, weil er - so glaube er - den Bericht nicht elektronisch gehabt habe und diese über den ganzen Bericht verstreut gewesen seien. Auf die Toilette sei er vielleicht gegangen, weil er unter Druck (privat/dienstlich) gewesen sei. Auf Frage der StA wie die Besprechung geendet habe, gab er wörtlich an (S. 23): "Er hat die Punkte genannt, die er sich anschauen möchte. Ich habe gesagt: ‚Ok, schau dir an, ich gehe derweil auf die Toilette und hole mir dann draußen noch einen Kaffee.' Genauso ist es passiert. Wir haben dann noch ein, eineinhalb Stunden lang einzelne Teile der Zahlen und des Aufbaus besprochen. Er hat gesagt, wenn ihm etwas einfällt, meldet er sich."

 

Daraus und auch aus den Aussagen in der Verhandlung vor dem BVwG geht hervor, dass der Beschuldigte den H. nicht als Dritten sah, demgegenüber die Vertraulichkeit zu wahren wäre. Weiters, dass dem Beschuldigten die Gefahr von Kopien durchaus bewusst war. Die Aussage den nicht approbierten Prüfberichte könnte er der geprüften Stelle "hergeben", hat der Beschuldigte in der Verhandlung vor dem BVwG zwar abgeschwächt - er habe damit gemeint, dass die Inhalte besprochen werden könnten, nicht das eine Kopie angefertigt werden dürfe - doch steht dies im Widerspruch zu seinen vorhergehenden mehrfach wechselnden Aussagen zur Schutzwürdigkeit des nicht approbierten Rohberichtsentwurfs. Das BVwG geht daher davon aus, dass er diese Aussagen nur getätigt hat, um nicht wegen Verstoß gegen 13.1. des Qualitätshandbuches belangt werden zu können und der Beschuldigte von seiner inneren Einstellung her, weder mit der Einsicht noch mit der Anfertigung einer Kopie ein Problem gehabt hat.

 

In der Verhandlung vor der DK (28.10.2014) führte er im Wesentlichen aus, er habe einen Termin mit H. ausgemacht, um das aufwendige und astrukturell neu formierte Zahlenwerk (15 Tabellen) noch einmal zu besprechen. Er sei gegen 11:00 Uhr hingegangen und habe das Gesamtwerk (Entwurf, seine verfassten Berichtsbeitrag, die von der F. übermittelten Tabellen) mitgehabt, weil auch Fragen zur Herleitung der Zahlen in den Tabellen nachzuvollziehen gewesen seien und der Auftrag gelautet habe "schau dir alles an". Bei der F. müsse man sich unten anmelden. Bei der Besprechung sei nur H. anwesend gewesen. Er und H. hätten sich wechselseitig Tabellen gezeigt und die Zahlenwerke immer wieder mit Zwischenfragen abgeklärt. Er habe den Raum ein- oder zweimal verlassen, er wisse nicht mehr genau, es sei nicht unüblich, den Raum zum Zweck des Toilettenbesuches oder um sich einen Kaffee zu holen, zu verlassen. Er sei dann zurückgekommen und könne sich an keine Auffälligkeiten erinnern, wie etwa einen Durcheinander. Sie hätten ganz normal weitergesprochen. Die Möglichkeit, dass eine Kopie durchgeführt worden sei, sei ihm nicht in Erinnerung. Er erinnere sich, dass zwischendurch irgendwer in dem Besprechungsraum gekommen sei aber ob dies die Sekretärin P. oder etwa Frau N. oder Mag. L. gewesen seien, könne er weder ausschließen noch bestätigen. Er wisse nur, dass er und H. sicher nicht die volle Stunde oder 1,5 Stunden gänzlich alleine dort gesessen seien. Wann und wer sich dort im Besprechungsraum bewegt habe, könne er nicht mit Bestimmtheit sagen. Er sei dann gegangen, es habe die eine oder andere Anmerkung die sich auf formale Fragen bezogen habe, gegeben. Daran, dass die Sekretärin noch in die Besprechung gekommen sei und eine Kopie des Prüfungsergebnisses dem H. übergeben hätte, könne er sich nicht erinnern. Ihm habe sie definitiv nichts in die Hand gedrückt.

 

Diese Aussagen sind vor dem Hintergrund der Zeugenaussage in der Verhandlung vor dem BVwG nicht glaubhaft. H. hat gesagt, dass ihm von Anfang an klar war, dass er die Zahlen in dem für ihn überraschend umfangreichen Bericht nicht ohne seinen Experten L. prüfen könne. Nach dem von seiner Persönlichkeit gewonnen Bild ist nicht anzunehmen, dass er mit dieser Ansicht hinter dem Berg gehalten hat, weil er in früheren Einvernahmen auch sehr bestimmt gesagt hat, ein Recht darauf zu haben. Er hat sich in der Verhandlung vor dem BVwG auch diesbezüglich nicht festgelegt, er sagte es "könnte sein müsse aber nicht sein", dass er dies dem Beschuldigten mitgeteilt habe und er dabei anwesend gewesen sei.

 

Vor diesem Hintergrund wäre es völlig lebensfremd anzunehmen, dass die Anfertigung der Kopien ohne das zumindest mittelbare Einverständnis des Beschuldigten erfolgt ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beschuldigte während der Ansichnahme des Entwurfs zum Zweck der Kopie im Besprechungsraum anwesend war oder ob er, um diese zu ermöglichen 10 Minuten hinausgegangen ist. Die Zeugin P. hat den Beschuldigten während der Rückgabe der kopierten Unterlagen im Besprechungszimmer gesehen. Die Aussage des Beschuldigten er und H. hätten sich wechselseitig Tabellen gezeigt und die Zahlenwerke immer wieder mit Zwischenfragen abgeklärt, ist angesichts der Zeugenaussagen des H. - er habe gleich gesehen, dass er das nicht könne - und des L. der dafür drei Stunden gebraucht hat, nicht glaubhaft. Auch die Aussage des H., die Besprechung hätte damit geendet, dass er "das" prüfen lasse und sich melden werde, wenn es etwas gäbe, legt diesen Ablauf nahe. Grundlage der Prüfung können nur die Zahlen im komplett kopierten Berichtsentwurf gewesen sei, was auch dem Beschuldigten bewusst gewesen sein musste, dem ja selbst das herauskopieren der 10 - 15 Tabellen zu mühsam gewesen war.

 

Es würde vor diesem Hintergrund jeder Lebenserfahrung widerstreiten wenn, der Kopiervorgang heimlich oder gegen den Willen des Beschuldigten erfolgt wäre. Für den H. war es ein offener Vorgang, er habe niemanden überzeugen müssen.

 

Auch der Beschuldigte war ja überzeugt, den nicht approbierten Bericht weitergeben zu dürfen. Er betrachtete den Geschäftsführer der geprüften Stelle nicht als Dritten, demgegenüber keine Erörterung erfolgen dürfe.

 

Der Beschuldigte entlarvt sich selbst, wenn er hinsichtlich der Erlaubtheit einer Kopie des nicht approbierten Berichtes einmal aussagt, dass sei nicht üblich und nicht erfolgt und ein anderes Mal, dass es keinen Unterschied mache, ob man jemanden hineinsehen lasse oder ihm eine Kopie gäbe. Die Einschau sei jedenfalls zulässig gewesen.

 

Die Verantwortung des Beschuldigten er sei auf die Toilette gegangen sowie einen Kaffee holen und habe dabei den Berichtsentwurf für 10 - 12 Minuten unbeaufsichtigt gelassen, wird im Zweifel als glaubhaft angesehen, wenngleich die Besprechung nur rund eine Stunde gedauert und er sich in Details mehrfach widersprochen hat bzw. die Lebenserfahrung, dass bei Anwesenheit von sogar zwei Sekretärinnen und einem Mitarbeiter im Foyer sich ein Gast selber in einer fremden Firma einen Kaffee holt bzw. holen muss, dem entgegensteht.

 

Dass ihm dabei nicht bewusst war bzw. er nicht ohnehin von Vornherein sein Einverständnis dazu erklärte, dass der H. den Bericht kopieren lässt, wird dem Beschuldigten hingegen nicht geglaubt. Vor dem Hintergrund der oa. Beweisergebnisse (Urgenzen, Selbstverständnis des H., Widersprüche hinsichtlich der Herausgabeberechtigung des nicht approbierten Berichtsentwurfes, Überprüfungsdauer von drei Stunden, Verabschiedung) geht das BVwG davon aus, dass der Beschuldigte zumindest konkludent sein Einverständnis zur Anfertigung der Kopie gegeben hat.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

3.1. Allgemein

 

Art. 131 B-VG regelt die grundsätzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

 

Das Dienstrecht und damit auch das Disziplinarrecht der Beamten ist gem. Art. 10 Abs 1 Z 16 B-VG unmittelbar von Bundesbehörden zu vollziehen.

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gemäß § 135a BDG 1979 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch einen Senat zu erfolgen, wenn gegen ein Erkenntnis, von der Disziplinaranwaltschaft, Beschwerde erhoben wurde. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen. Im Übrigen war durch das Bundesverwaltungsgericht bei der gegenständlichen Entscheidung auch das im Verfahrensgang dargestellte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum vorliegenden Fall zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit erheblicher Kostenersparnis verbunden ist.

 

Zu A)

 

3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur

 

Die anzuwendenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG), BGBl. 333, idgF lauten:

 

"§ 43. Dienstpflichten

 

(1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

 

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

 

§ 46. Amtsverschwiegenheit

 

(1) Der Beamte ist über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist, gegenüber jedermann, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen hat, zur Verschwiegenheit verpflichtet (Amtsverschwiegenheit).

 

[...]

 

§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

 

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

 

1. der Verweis,

 

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges,

 

3. die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen,

 

4. die Entlassung.

 

(2) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

 

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

 

(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

 

§ 95 (2) Die Disziplinarbehörde ist an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines Verwaltungsgerichts oder eines unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (das Verwaltungsgericht oder der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat.

 

§ 101 (4) Der Vorsitzende jeder Kommission hat jeweils bis zum Jahresschluss für das folgende Kalenderjahr die Senate zu bilden und die Geschäfte unter diese zu verteilen. Gleichzeitig ist die Reihenfolge zu bestimmen, in der die weiteren Kommissionsmitglieder bei der Verhinderung eines Senatsmitgliedes als Ersatzmitglieder in die Senate eintreten. Die Zusammensetzung der Senate darf nur im Falle unbedingten Bedarfes abgeändert werden."

 

Die für die Strafbemessung maßgeblichen Bestimmungen des Strafgesetzbuch - (StGB) StF: BGBl. Nr. 60/1974 idF BGBl. I Nr. 134/2013 lauten:

 

"§ 32. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters.

 

(2) Bei Bemessung der Strafe hat das Gericht die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte.

 

(3) Im allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können.

 

§ 33. (1) Ein Erschwerungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

 

1. mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen oder die strafbare Handlung durch längere Zeit fortgesetzt hat;

 

2. schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist;

 

3. einen anderen zur strafbaren Handlung verführt hat;

 

4. der Urheber oder Anstifter einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung oder an einer solchen Tat führend beteiligt gewesen ist;

 

5. aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder anderen besonders verwerflichen Beweggründen gehandelt hat;

 

6. heimtückisch, grausam oder in einer für das Opfer qualvollen Weise gehandelt hat;

 

7. bei Begehung der Tat die Wehr- oder Hilflosigkeit eines anderen ausgenützt hat.

 

(2) Ein Erschwerungsgrund ist es außer in den Fällen des § 39a Abs. 1 auch, wenn ein volljähriger Täter die Tat unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung gegen eine unmündige Person begangen hat.

 

§ 34. (1) Ein Milderungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

 

1. die Tat nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres oder wenn er sie unter dem Einfluss eines abnormen Geisteszustands begangen hat, wenn er schwach an Verstand ist oder wenn seine Erziehung sehr vernachlässigt worden ist;

 

2. bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht;

 

3. die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen hat;

 

4. die Tat unter der Einwirkung eines Dritten oder aus Furcht oder Gehorsam verübt hat;

 

5. sich lediglich dadurch strafbar gemacht hat, dass er es in einem Fall, in dem das Gesetz die Herbeiführung eines Erfolges mit Strafe bedroht, unterlassen hat, den Erfolg abzuwenden;

 

6. an einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung nur in untergeordneter Weise beteiligt war;

 

7. die Tat nur aus Unbesonnenheit begangen hat;

 

8. sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen;

 

9. die Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorgefasster Absicht begangen hat;

 

10. durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden ist;

 

11. die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen;

 

12. die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 9) begangen hat, insbesondere wenn er wegen vorsätzlicher Begehung bestraft wird;

 

13. trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hat oder es beim Versuch geblieben ist;

 

14. sich der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offenstand, freiwillig enthalten hat oder wenn der Schaden vom Täter oder von einem Dritten für ihn gutgemacht worden ist;

 

15. sich ernstlich bemüht hat, den verursachten Schaden gutzumachen oder weitere nachteilige Folgen zu verhindern;

 

16. sich selbst gestellt hat, obwohl er leicht hätte entfliehen können oder es wahrscheinlich war, dass er unentdeckt bleiben werde;

 

17. ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat;

 

18. die Tat schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat;

 

19. dadurch betroffen ist, dass er oder eine ihm persönlich nahestehende Person durch die Tat oder als deren Folge eine beträchtliche Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung oder sonstige gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile erlitten hat.

 

(2) Ein Milderungsgrund ist es auch, wenn das gegen den Täter geführte Verfahren aus einem nicht von ihm oder seinem Verteidiger zu vertretenden Grund unverhältnismäßig lange gedauert hat."

 

Die relevanten Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes (B-VG) in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautete:

 

"Art. 20 (3) Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist (Amtsverschwiegenheit). Die Amtsverschwiegenheit besteht für die von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper, wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt.

 

Art. 127 (1) Der Rechnungshof hat die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallende Gebarung sowie die Gebarung von Stiftungen, Fonds und Anstalten zu überprüfen, die von Organen eines Landes oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen eines Landes bestellt sind. Die Überprüfung hat sich auf die ziffernmäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, ferner auf die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung zu erstrecken; sie umfasst jedoch nicht die für die Gebarung maßgebenden Beschlüsse der verfassungsmäßig zuständigen Vertretungskörper.

 

[...]

 

(5) Das Ergebnis seiner Überprüfung gibt der Rechnungshof der betreffenden Landesregierung bekannt. Diese hat hiezu Stellung zu nehmen und die auf Grund des Prüfungsergebnisses getroffenen Maßnahmen innerhalb von drei Monaten dem Rechnungshof mitzuteilen.

 

[...]"

 

In den ErläutRV 39 BlgNR 17.GP wird zur Neufassung des Art. 20 Abs. 3 B-VG ausgeführt:

 

"[...] Die Verschwiegenheit im Interesse der Vorbereitung einer Entscheidung wird dann und nur dann geboten sein, wenn ohne sie eine rechtmäßige bzw. zweckmäßige Entscheidung einer Behörde unmöglich oder wesentlich erschwert würde. Sinn dieser Regelung ist es einen Entscheidungsvorgang durch vorzeitiges Bekanntwerden nicht zu unterlaufen. Der Begriff der Entscheidung soll dabei nicht nur bescheidmäßige Erledigungen, sondern auch andere Akte der Willensbildung in Regierung und Verwaltung (z.B. Entscheidungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, Erlassung von Verordnungen, Erteilung von Weisungen, Festlegung nicht rechtsförmliche Art) erfassen. Der Tatbestand Vorbereitung einer Entscheidung kann eine Geheimhaltung ausschließlich bis zum Zeitpunkt der Fällung der Entscheidung rechtfertigen. Ist eine Entscheidung bereits gefällt, kann unter Berufung auf diesen Tatbestand keine Amtsverschwiegenheit mehr bestehen. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Berufung auf einen anderes Geheimhaltungsinteressen zum Tragen kommt."

 

Die relevanten Bestimmungen des Rechnungshofgesetzes 1948 (RHG) BGBl. Nr. 144/1948, in der zum Tatzeitpunkt gültigen Fassung lauteten:

 

"§ 5. Das Ergebnis seiner Überprüfung sowie allfällige aus diesem Anlasse sich ergebende Anträge hat der Rechnungshof den überprüften Stellen entweder unmittelbar oder im Wege der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörden bekanntzugeben. Die erwähnten Stellen haben zu den mitgeteilten Beanstandungen und Anträgen des Rechnungshofes längstens innerhalb dreier Monate unter Bekanntgabe der allenfalls getroffenen Maßnahmen Stellung zu nehmen. Das Ergebnis seiner Überprüfung hat der Rechnungshof auch den in Betracht kommenden Bundesministerien mitzuteilen.

 

§ 15.

 

[...]

 

(8) Der Rechnungshof teilt das Ergebnis seiner Überprüfung der Landesregierung mit. Diese hat hiezu längstens innerhalb dreier Monate unter Bekanntgabe der allenfalls getroffenen Maßnahmen Stellung zu nehmen."

 

Die relevante Bestimmung des Prüfungshandbuches des Rechnungshofes vom 01.01.2009, GZ 102.692/004-S5-3/08, des Qualitätsstandards für Gebarungsüberprüfungen - Prozessschritte zum Prüfungsergebnis, lautete zum Tatzeitpunkt (Auszug):

 

"5.3 Redaktion des Prüfungsergebnisses

 

Unter der Verantwortung der Leiterin bzw. des Leiters verarbeitet das Prüfungsteam die Beiträge hinsichtlich ihrer Reihenfolge ihrer inhaltlichen und sprachlichen Gestaltung zu einem einheitlichen, widerspruchs- und möglichst redundanzfreien Prüfungsergebnis. Das Prüfungsteam bespricht das redigierte Prüfungsergebnis. Die Prüferin bzw. der Prüfer trägt der Leiterin bzw. dem Leiter allfällige Bedenken gegen Änderungen mit. Die Leiterin bzw. der Leiter entscheidet über allfällige Änderungen. Bei fehlendem Einvernehmen zwischen Leiterin bzw. Leiter und Prüferin bzw. Prüfer ist die Vorname der Änderung nachvollziehbar darzustellen Änderungen des Prüfungsergebnisses im Approbationsweg sind nachvollziehbar vorzunehmen.

 

6.5 Wahrung des Parteiengehörs und eines fairen Verfahrens

 

Zur Wahrung des Parteiengehörs und eines fairen Verfahrens ist zu beachten:

 

Auf die bereits vorliegenden Äußerungen der Organe der überprüften Stellen ist Bedacht zu nehmen.

 

Die Argumente der überprüften werden nach Möglichkeit bereits eingearbeitet und deutlich als deren Standpunkt ausgewiesen.

 

Die Ergebnisse der Schlussinformation bzw. der Schlussbesprechung und allfälliger Schriftverkehr zu den Erhebungen sind zu berücksichtigen.

 

[...]

 

11.1 Zusammenarbeit mit der Administrativen Unterstützungsstelle

 

Die Prüfungsabteilung leitet den Entwurf zum Prüfungsergebnis (samt allen zugehörigen Daten, Grafiken und Originaltabellen) der administrativen Unterstützungsstelle elektronisch zu. Diese führt allfällige inhaltliche Korrekturen laut den Änderungen im Approbationsweg und formalen Korrekturen durch.

 

Ergebnisse von Gebarungsüberprüfungen wie auch Stellungnahmen und Gegenäußerungen werden als Verschluss behandelt.

 

[...]

 

13.1 Gesicherte Verwahrung der Unterlagen

 

Alle mit dem Prüfungsergebnis befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in ihrem jeweiligen Bereich verantwortlich, die Unterlagen im Zusammenhang mit der Erstellung des Prüfungsergebnisses der Schutzwürdigkeit entsprechend sicher zu verwahren.

 

Das Prüfungsergebnis und entsprechend vertrauliche Dokumente dazu sind als Verschlussstück laut den Verschlussbestimmungen und den Sicherungsmaßnahmen der Büroordnung (BO-RH 2008, §§ 19-26) zu behandeln.

 

13.2 Wahrung der Vertraulichkeit

 

In jedem Fall ist eine Erörterung von Prüfungsaussagen gegenüber Dritten zu unterlassen, solange das Prüfungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, d.h. solange der betreffende Bericht an den (die) allgemeinen Vertretungskörper noch nicht vorgelegt wurde.

 

Eine Veröffentlichung von Prüfungsergebnisses ist geeignet, die notwendige Vertrauensgrundlage zwischen RH und überprüfter Stelle zerstören.

 

Zu beachten sind weiters die Bestimmungen über die Kommunikation laut GO-RH 2008 TZ 17. [...]"

 

Die relevanten Bestimmungen der Büroordnung des Rechnungshofes (BO-RH 2008) lauteten:

 

"VERSCHLUSSBESTIMMUNGEN UND SICHERUNGSMASSNAHMEN

 

§ 19 Allgemeines

 

Verschlussstücke sind mit der Bezeichnung ‚Verschluss' zu kennzeichnen und in einem ‚Verschlusskuvert' zu verschließen. Der ordnungsgemäße Aktenlauf ist ohne Öffnung des Verschlusskuverts zu gewährleisten.

 

Alle Bediensteten sind für die sichere Verwahrung der ihnen anvertrauten Verschlussstücke verantwortlich.

 

§ 20 Eingangsstucke unter Verschluss

 

[...]

 

§ 21 Anordnung der Verschlussbehandlung

 

Wenn Geschäftsstücke nach Ansicht eines Abteilungsleiters oder seiner Vorgesetzten besonders reservat zu behandeln sind, ist die Kennzeichnung als Verschluss zu verfügen.

 

Ergebnisse von Gebarungsüberprüfungen (Berichts- und Stellungnahmeverfahren) sind ausnahmslos als Verschluss zu behandeln, ausgenommen Prüfungsergebnisse und Stellungnahmen gemäß § 9 RHG.

 

§ 22 Behandlung und Weitergabe von Verschlussstücken

 

Die Kennzeichnung als Verschluss hat im vorgesehenen Feld, auf dem Referatsbogen zu erfolgen. Der Inhalt des Geschäftsstückes ist im "Verschlusskuvert" mittels Verschlussmarke zu versiegeln. Jedes Öffnen und Verschließen ist auf dem Kuvert zu vermerken und durch einen eigenhändigen und lesbaren Namenszug sowie Datum zu bestätigen.

 

Sowohl der übergebende Berechtigte als auch der übernehmende Berechtigte eines Ver-schlussstückes sind für die ordnungsgemäße Verbuchung im Kanzleiinformationssystem als auch für die Einhaltung der sonstigen Vorschriften der Verschlussbestimmungen verantwortlich.

 

Nicht ordnungsgemäß versiegelte Verschlussstücke dürfen nur eigenhändig an Berechtigte weitergegeben werden. In diesem Fall zeichnet der Übergeber in der Spalte ‚verschlossen', der Übernehmer in der Spalte ‚geöffnet' mit dem Zusatz ‚p.Ü.' (persönliche Übergabe) ab. Die elektronische Verbuchung im Kanzleiinformationssystem ist jedenfalls durchzuführen.

 

§ 23 Bearbeitung von Verschlussstücken

 

Die Unterlagen zur Erstellung eines Prüfungsergebnisses bzw. einer Gegenäußerung sind im Verantwortungsbereich jedes Einzelnen und der Schutzwürdigkeit entsprechend sicher zu verwahren.

 

Bei elektronischer Bearbeitung von Verschlussstücken ist bei Arbeitsunterbrechung das EDV-Gerät vor Fremdzugriff zu sichern. Bei einem Einsatz von EDV-Geräten außer Haus sind die Daten zusätzlich mit den Schutzfunktionen der einzelnen Anwenderprogramme zu sichern bzw. mit dem serienmäßig installierten Verschlüsselungsprogramm zu verschlüsseln. Der Versand von Verschlussstücken und -inhalten über Internet ist nicht zulässig.

 

Spätestens zum Zeitpunkt der Weitergabe im Genehmigungsweg ist der Verschluss zu verfügen und auf dem Referatsbogen ersichtlich zu machen.

 

Zum Votum und den Erledigungsentwürfen ist jedenfalls ein Erledigungsauftrag zu verfassen, der Anweisungen für die Herstellung der Reinschriften enthält. Neben der Anwendung des Folienverfahrens können nach Rücksprache mit der jeweiligen Sektions-leitung oder der Kabinettsleitung weitere Sicherungsmaßnahmen verfügt werden.

 

§ 24 Reinschriften und Versand von Verschlussstücken

 

(1) Voraussetzungen und Sicherungsmaßnahmen für die Erstellung von Reinschriften

 

Der von der Prüfungsabteilung erarbeitete Entwurf zum Prüfungsergebnis bzw. der Gegenäußerung (samt allen zugehörigen Daten, Grafiken und Originaltabellen) ist der Administrativen Unterstützungsstelle elektronisch zuzuleiten. Diese hat einen Korrekturlauf vorzunehmen und ein aktuelles Inhaltsverzeichnis zu erstellen. Ein Ausdruck des Entwurfes samt Inhaltsverzeichnis ist von der Administrativen Unterstützungsstelle einem Verantwortlichen der zuständigen Abteilung zu übergeben. Dieser Ausdruck bildet die Grundlage für die aktenmäßige Einleitung des Genehmigungsweges. Bei allen elektronisch hergestellten Dokumenten sind die jeweils aktuellen Formatierungsregeln einzuhalten (siehe dazu "Corporate Wording").

 

[...]

 

Die Originalreinschriften (im versiegelten Kuvert) sind von der Kanzlei unter Verschluss gesondert zu verwahren.

 

[...]

 

§ 25 Aufbewahrung und Entlehnung von Verschlussstücken

 

Verschlussstücke und sämtliche zugehörige Aktenteile sind von den bearbeitenden Stellen versperrt aufzubewahren. Die Entlehnung von Verschlussstücken darf nur durch die zuständigen Organisationseinheiten, die Sektionsleiter oder die im Genehmigungsweg bereits befassten Organisationseinheiten erfolgen (Ausnahme: Innenrevision im Rahmen einer von ihr durchzuführenden Prüfung). Andere Entlehnungen bedürfen der Zustimmung des Leiters der zuständigen Organisationseinheit Beilagen zu Verschlussstücken werden nur gegen Empfangsbestätigung von der Kanzlei ausgehändigt.

 

§ 26 Aufhebung des Verschlusses

 

[...]"

 

Die Höchstgerichte haben dazu folgende einschlägige Aussagen getroffen:

 

"Es genügt für das Vorliegen der Amtsverschwiegenheit nicht, dass irgendeines der genannten Interessen an der Geheimhaltung überhaupt vorliegt, sondern es muss die Geheimhaltung aus diesem Interesse geboten sein. Letzteres wird nur dann der Fall sein, wenn dem Betreffenden aus der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht ein Nachteil erwachsen kann. ‚Gebotenheit' ist im Sinne einer ‚Erforderlichkeit' zu verstehen. Nicht schutzwürdige Interessen begründen keine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit. Bei der Beurteilung, ob ein Interesse schutzwürdig ist, sind die in Konflikt stehenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Es ist dabei insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dass die Auskunft geeignet sein kann, als Mittel zur Herbeiführung eines dem Gesetz entsprechenden Ergebnisses zu dienen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 92/05/0131). Überwiegt das Informationsinteresse, so kann eine Verpflichtung zur Auskunft bestehen. Das Interesse an der Wahrheitsfindung im Disziplinarverfahren überwiegt in der Regel - wie auch im gegenständlichen Fall - das Interesse des Beschwerdeführers an der Geheimhaltung der seine Dienstverrichtung betreffenden Tatsachen vor der Disziplinarbehörde. Die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 46 Abs. 1 BDG 1979 besteht nicht gegenüber den Personen, denen eine amtliche Mitteilung zu machen ist. Derartige Mitteilungspflichten bestehen im Rahmen der Unterstützungspflicht gegenüber den Vorgesetzten. (vgl. hiezu auch Kucsko/Stadlmayer, Das Disziplinarrrecht der Beamten2, 1996, Seite 186 f, mwN; VwGH 29.11.2000, 2000/09/0079).

 

Der Rechnungshof hat bei seiner Berichterstattung regelmäßig eine Interessenabwägung zwischen privaten Geheimhaltungsinteressen und dem öffentlichen Interesse der Bekanntgabe der Kontrollergebnisse vorzunehmen (VfSlg 17.065/2003).

 

Weisungen können individuelle oder generelle Normen sein. Die Dienstbehörde hat festzulegen, welche Aufgaben ein Beamter zu erfüllen hat. Ebenso darf die Dienstbehörde (zB durch Erlass) die Beamten anweisen, welche Tätigkeiten ihnen untersagt sind (Hinweis E 22. Februar 2006, 2005/09/0147). Hinsichtlich der Bezeichnung der Weisung ist jede Art (ua auch Erlass) erlaubt. Nur der normative Charakter und die Handlungs- und Unterlassungspflicht müssen klar zum Ausdruck kommen (VwGH 19.03.2014, Ro 2014/09/013).

 

Vorgesetzte haben wegen ihrer Vorbildfunktion besonderen Einsatz und Qualität der Dienstleistung zu erbringen. Das bezieht sich zunächst auf die eigene Arbeitsanforderung. Aus der Vorgesetztenstellung folgen besondere Aufgaben wie Dienstaufsicht (Kontrollbefugnis und Weisungsbefugnis) und Fürsorge für die Untergebenen. Vorgesetzte haben eine entsprechend hohe Verantwortung für ihre Sachentscheidungen wie auch für ihre persönliche Verhaltensweise (VwGH 04.09.2003, 2000/09/0166).

 

Sind dienstliche Weisungen erkennbar erteilt, so sind sie grundsätzlich bindend und können nicht aus eigener Beurteilung als ungerechtfertigt oder unzumutbar zurückgewiesen werden. Ungehorsam drückt sich normalerweise in der gezielten Ablehnung oder in der nachlässigen Außerachtlassung einer Anordnung auf Grund bedingten Vorsatzes oder Fahrlässigkeit aus. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen persönlichen oder sachlichen Gründen die Befolgung der Weisung unterlassen wird, ob aus Bequemlichkeit, Gleichgültigkeit, Vergesslichkeit, sachlicher Kritik an der Zweckmäßigkeit, Rechthaberei, wegen Unzumutbarkeit o ä. (VwGH 21.03.1991, 91/09/0002; 21.06.2000, 99/09/0028).

 

Der dienstliche Gehorsam ist eine der vornehmsten Pflichten des Beamten. Die Prüfung einer dienstlichen Anordnung, etwa auf ihre Zweckmäßigkeit, kommt dem nachgeordneten Organwalter nicht zu; er muss vielmehr jede ihm erteilte dienstliche Anordnung seines zuständigen Vorgesetzten ausführen, sofern diese nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstößt. Der nachgeordnete Organwalter handelt somit pflichtwidrig, wenn er einer dienstlichen Anordnung seines zuständigen Vorgesetzten, in welcher die Pflicht zum Handeln oder Unterlassen klar zum Ausdruck gebracht wurde, nicht nachkommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1980, Zl. 91/80, VwSlg. 10134 A/1980, VwGH 11.10.2006 2003/12/0177). Der Befolgung der Weisungen von Vorgesetzten kommt nicht nur ein bloß geringfügiger Stellenwert zu. Schon deshalb ist die Verhängung einer Geldbuße gerechtfertigt, um der Nichtbefolgung von Weisungen durch andere Beamte Sd § 93 ABs 1. BDG entgegenzuwirken (VwGH 26.06.2012, 2011/09/0032).

 

Der Hinweis auf eine langjährige und allgemein bekannte Übung kann das Erfordernis einer entsprechenden festen Geschäftsverteilung nach § 101 Abs 4 BDG 1979 nicht ersetzen. Wie aus den Worten "und die Geschäfte unter diese zu verteilen" (§ 101 Abs 4 BDG 1979) erhellt, setzt eine feste Geschäftsverteilung begrifflich voraus, dass der nach dem Anfall einer Rechtssache bei der Disziplinarkommission einsetzende Vorgang der Ermittlung des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senates und der Weiterleitung der Akten an diesen keines Willensaktes eines Organwalters bedürftig sein darf. Der Vorsitzende der Disziplinarkommission ist daher verhalten, die Zuständigkeit der einzelnen Senate in der Geschäftsverteilung, die ihrer Rechtsnatur nach als Verordnung zu qualifizieren ist, generell - abstrakt festzusetzen und diese ortsüblich kundzumachen (VwGH 16.07.1992, 92/09/0120).

 

Die Geschäftsverteilung knüpft für die Senatszuständigkeiten in bereits vor Inkrafttreten der Geschäftsverteilung anhängigen, aber noch nicht beschlossenen Rechtssachen, an die Geschäftsverteilungen der Vorjahre an. Die Geschäftsverteilungen für die - innerhalb der Funktionsperiode der DK von 2008 - 2012 gelegenen - Kalenderjahre 2011 und 2012 regelten wiederum ausschließlich die Verteilung der im betreffenden Kalenderjahr einlangenden Fälle und ließen die Zuständigkeit in dem bereits anhängigen Rechtssachen erkennbar unberührt. Für die Senatszuständigkeiten im vorliegenden Fall maßgeblich ist daher die Geschäftsverteilung für das Kalenderjahr 2010. Die Geschäftsverteilung wurde am 05.08.2010 kundgemacht. Für den VfGH besteht kein Zweifel, dass der erkennende Disziplinarsenat für die vorliegende Rechtssache spätestens mit dieser Kundmachung zuständig war (VfGH 26.02.2014, B 1058/2013; VfSlg. 13.606/1993; VfGH 07.06.2013, B 172/2013; 06.07.2014, B 164/2014).

 

Zu der nunmehr anzuwendenden Rechtslage ist zu bemerken, dass der erste Satz des § 93 Abs. 1 BDG 1979 durch die Dienstrechts-Novelle 2008 nicht verändert worden ist. Nach wie vor gilt als 'Maß für die Höhe der Strafe' die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der 'Strafbemessungsschuld' des Strafrechtes und für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend als auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 BlgNR 14. GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der 'Unrechtsgehalt') wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB - wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2008, Zl. 2007/09/0320, und vom 29. April 2011, Zl. 2009/09/0132, mwN). Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung oblag (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0021). Daran hat sich auch durch die Dienstrechts-Novelle 2008 nichts geändert. Unverändert ist durch die Dienstrechts-Novelle 2008 auch § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 geblieben, wonach bei der Strafbemessung die nach dem Strafgesetzbuch maßgebenden Gründe dem Sinne nach zu berücksichtigen sind und daher hinsichtlich des Grades des Verschuldens nach dem gemäß zu berücksichtigenden § 32 StGB darauf Bedacht zu nehmen ist, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte. Ferner sind weiterhin die Erschwerungs- und Milderungsgründe iS der §§ 33 ff StGB zu berücksichtigen, die nicht die Tatbegehungsschuld betreffen, also im Zeitpunkt der Tatausübung noch nicht vorhanden waren, wie etwa die seither verstrichene Zeit, eine Schadenswiedergutmachung oder das reumütige Geständnis. Durch die Dienstrechts-Novelle 2008 wurde im zweiten Satz des § 93 Abs. 1 BDG die Zielsetzung 'der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken', als zusätzliches Strafbemessungskriterium in das Gesetz eingefügt. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage kommt der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Strafe bei der Bemessung daher nicht mehr eine derart wesentliche Bedeutung wie bisher zu und sind Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen, die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten. Dementsprechend enthalten die oben wiedergegebenen Gesetzeserläuterungen die Aussage, es solle nach der Novelle möglich sein, dass 'bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen' sein werde (VwGH 15.12.2011, Zl. 2011/09/0105).

 

Generalpräventiven Gründen kann seit der Novelle BGBl. I Nr. 147/2008 ein höheres Gewicht zugemessen werden als spezialpräventiven und eine Entlassung bereits aus diesen Gründen erforderlich sein (VwGH 31.05.2012, 2012/09/0027).

 

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der gegen einen Beamten verhängten Strafe ist angesichts des § 93 Abs. 1 BDG 1979 idF BGBl. I Nr. 87/2002 von entscheidender Bedeutung, ob die Disziplinarstrafe der Entlassung ausgehend von der Schwere der Dienstpflichtverletzung notwendig ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten (VwGH 26.01.2012, 2009/09/0187).

 

Anders als beim gerichtlichen Strafrecht oder dem Verwaltungsstrafrecht handelt es sich beim Disziplinarrecht der Beamten nicht um ein vertyptes Strafrecht in dem Sinne, dass für jeden im Gesetz definierten Straftatbestand eine im Gesetz festgelegte Strafdrohung mit einem dem objektiven Unrechtsgehalt des Straftatbestandes angemessenen Strafrahmen festgelegt wäre. Im Disziplinarrecht ist es im Unterschied dazu vielmehr Aufgabe der Disziplinarkommission, eine solche Einschätzung des objektiven Unrechtsgehaltes der dem Beschuldigten vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung und damit des möglichen Rahmens einer in Betracht kommenden Strafe bei Ermittlung der ‚Schwere der Dienstpflichtverletzung' im Sinne des § 93 Abs. 1 BDG 1979 als Ausgangspunkt für die Bemessung der Strafe im konkreten Fall vorzunehmen. Die Schwere der Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist ‚wesentlich ... durch das objektive Gewicht, d. h. den Unrechtsgehalt der Tat als Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung konstituiert' (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 3. Auflage 2003, 79 f). Zwar darf das Maß der Strafe jenes der Schuld nicht übersteigen. Bei der Entlassung gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 handelt es sich um eine Strafe, und die Disziplinarkommission hat sich auch bei einer objektiv schwer wiegenden Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 an den nach dem StGB für die Strafbemessung maßgebenden Gründen zu orientieren (Hinweis E vom 7. Juli 1999, Zl. 99/09/0042). Im E VS vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass er dem entgegen stehende Aussagen in seiner früheren Rechtsprechung, wonach es im Fall der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung bloß auf die Untragbarkeit des Beamten in objektiver Hinsicht ankomme, nicht mehr aufrecht erhält. Dies hat aber nichts daran geändert, dass bei der Beurteilung des Ausmaßes der ‚Schwere der Dienstpflichtverletzung' im Sinne des § 93 Abs. 1 BDG 1979 vom objektiven Unrechtsgehalt der Dienstpflichtverletzung auszugehen ist. Bei dieser Beurteilung ist nicht nur auf die durch die Tat verletzten dienstrechtlichen oder strafrechtlichen Bestimmungen Bedacht zu nehmen, sondern auch auf den Unwert der Tat vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung (VwGH 12.07.2011, 2008/09/0355).

 

Das Disziplinarverfahren stellt ein eigenes, vom gerichtlichen Strafverfahren getrenntes Verfahren dar, das von den Disziplinarbehörden zu führen ist (VfGH 07.06.2013, B1303/2012).

 

Die Anwendung der Diversionsbestimmung durch die Organe der Strafrechtspflege begründet keine wie immer geartete Bindung der Disziplinarbehörden (sinngemäß dazu VwGH 30.4.1987, 86/09/0179).

 

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

 

3.3.1. Zur Zuständigkeit des DK-Senats

 

Bereits der VfGH hat in seinem Erkenntnis im Gegenstand (VfGH 06.07.2014, B 164/2014) festgestellt, dass die Geschäftsverteilungen für die - innerhalb der Funktionsperiode der DK von 2008 - 2012 gelegenen - Kalenderjahre 2011 und 2012, ausschließlich die Verteilung der im betreffenden Kalenderjahr einlangenden Fälle regelte und die Zuständigkeit in den bereits anhängigen Rechtssachen erkennbar unberührt ließ. Für die Senatszuständigkeiten im vorliegenden Fall maßgeblich sei daher die Geschäftsverteilung für das Kalenderjahr 2010.

 

Entgegen der Rechtsansicht des Beschuldigten ist dem BVwG vor dem Hintergrund des § 101 Abs. 4 BDG nicht erkennbar, warum das Ende des Geltungsbereiches dieser Geschäftsverteilung mit 31.12.2010 zu einer Unzuständigkeit des Senats führen sollte, weil im Gegensatz zur Geschäftsverteilung 2013 - bei der ausdrücklich angeführt war, dass hinsichtlich noch nicht abgeschlossener Fälle keine Änderung eintrete - in der Geschäftsverteilung 2014 dieser Hinweis fehlt und statt dessen nur angeordnet wurde, dass die einlangenden Geschäftsstücke in der zeitlichen Reihenfolge des Einlangens auf die Senate beginnend mit dem Senat 1 verteilt werden, wobei auf den Senat 1 der Senat 2 folge.

 

Der Zweck des § 101 Abs. 4 BDG liegt darin, dass bereits vor Anfall einer Rechtssache generell-abstrakt die Zuständigkeit der Senate so geregelt ist, dass die Zuteilung keines weiteren Willensaktes eines Organwalters mehr bedarf und der gesetzliche Richter feststeht. Die Zuständigkeit wird also bereits beim Anfall der Rechtssache festgelegt. Der noch in der Geschäftsverteilung 2013 befindliche Hinweis, dass sich hinsichtlich bereits anhängiger Fälle die Senatszuständigkeit nicht ändere, konnte daher entfallen, weil eine Änderung ohnehin (verfassungs)rechtswidrig wäre.

 

Mit Außerkrafttreten der Geschäftsverteilung 2013 ist diesbezüglich keine Regelungslücke eingetreten, wie der Beschuldigte vermeint, weil die Zuteilung bereits nach der Geschäftsverteilung 2010 völlig rechtskonform erfolgt ist.

 

Die Zuständigkeit des erkennenden Senats der DK war daher gegeben.

 

3.3.2. Zum Vorwurf der Dienstpflichtverletzung des § 46 Abs. 1 BDG

 

Nach § 46 (1) BDG ist der Beamte über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist, gegenüber jedermann, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen hat, zur Verschwiegenheit verpflichtet (Amtsverschwiegenheit).

 

Der RH-Rohberichtsentwurf enthält Tatsachen die ausschließlich aus der amtlichen Tätigkeit bekanntgeworden sind. Als Geheimnis sind alle Tatsachen anzusehen, die im Sinne eines materiellen Geheimnisbegriffes ohne Rücksicht auf ihre allfällige Bezeichnung durch die zuständigen Stellen zur Vorbereitung einer Entscheidung oder der Vermeidung der Verletzung öffentlicher oder berechtigter privater Interessen geheim gehalten werden müssen und daher nur einer beschränkten Personenzahl bekannt sind.

 

Der schriftliche Entwurf eines Prüfungsergebnisses des Rechnungshofes (Rohbericht) - sei es nun durch die Vorgesetzten bereits approbiert oder nicht - ist eine Tatsache, die im öffentlichen Interesse vor all jenen Personen geheimzuhalten ist, die in die Ausformulierung nicht eingebunden waren und denen darüber hinaus - auch trotz Einbindung - keine amtliche Mitteilung zu machen ist.

 

Eine amtliche Mitteilung iS einer Einbindung der geprüften Stelle in die Details der Berichte - außerhalb des Zahlenwerkes und der groben Grundrichtung der Kritik - also konkret in die detaillierte Ausformulierung der Empfehlungen, war dem Geschäftsführer der F. nicht zu machen.

 

Ein Bruch der Verschwiegenheit ist nicht nur durch mündliche Mitteilung möglich, sondern auch durch das sonstige Zugänglichmachen des Geheimnisses realisierbar, sodass grundsätzlich auch die Einsichtnahme oder Übergabe bzw. Ermöglichung einer Kopie in/von Schriftstücken, die diese zu schützenden Informationen beinhalten, in Frage kommt.

 

Die Geheimhaltung diente auch der Vorbereitung einer Entscheidung, wobei im vorliegenden Fall als Entscheidungszeitpunkt, die Approbation des Rohberichtes und Zustellung, sowohl an die geprüfte Stelle (§ 5 RHG) als auch an die Landesregierung (§ 15 Abs. 8 RHG iVm Art. 127 Abs. 5 B-VG) zur Stellungnahme zu sehen ist. Versionen die in der Öffentlichkeit oder auch bei der geprüften Stelle bekannt sind, haben die Eignung eine Entscheidung der Hierarchie des RH wesentlich zu beeinflussen, weil ein besonderer Begründungsaufwand erforderlich würde, sollte sie modifiziert werden. Gerade die erste Information muss nicht nur wegen der Geheimhaltungs- und Datenschutzinteressen, sondern auch aufgrund des politischen Gewichts von Aussagen in Rohberichten des RH, besonders sorgfältig abgewogen sein. Der Rohbericht ist das was in der Öffentlichkeit regelmäßig diskutiert und auch politisch verwertet wird.

 

Dem Argument der belangten Behörde und der DA, dass ansonsten im Zeitraum der Entscheidungsfindung hinsichtlich der endgültigen Formulierungen Beeinflussungen erfolgen könnten und in der Folge eine objektive Entscheidung erschwert wird, kann nicht erfolgreich entgegengetreten werden. Der Zeuge H. hat auch unumwunden zugegeben, dass die Formulierungen und Darstellungen des Rohberichtes die entscheidenden wären und für die geprüfte Stelle nur in dieser Phase eine Einflussmöglichkeit besteht, weil nach dem fertigen Rohbericht, die Stellungnahmen - zumindest in der (politischen) Öffentlichkeit - niemanden mehr interessieren würden.

 

Im vorliegenden Fall war der nahezu fertige Entwurf des Prüfungsergebnisses des RH (Rohbericht) zum Zeitpunkt der Tat nur dem Prüfungsteam bekannt und der Kreis der Geheimnisträger jedenfalls beschränkt. Dass die Zahlen und Tabellen von der geprüften Stelle stammten und dieser auch im Rahmen des Parteiengehörs (6.5 des Qualitätshandbuches) ein Äußerungsrecht zukam, ändert nichts daran, dass die detaillierten Endformulierungen bzw. der gesamte Bericht ein Geheimnis im materiellen Sinn darstellen, solange der F. der Bericht von den zuständigen Stellen (nach dem oben zitierten Bestimmungen des RHG bzw. B-VG) nicht zur offiziellen Stellungnahme übermittelt worden ist.

 

Das Argument des Beschuldigte, für ihn sei der Vertreter der geprüften Stelle kein "Dritter" demgegenüber der Prüfbericht geheim zu halten sei, weil diesem ohnehin im Rahmen des Parteiengehörs Kenntnis vom Inhalt zu geben sei, geht daher hinsichtlich § 46 Abs. 1 BDG ins Leere. Der objektive Tatbestand des § 46 Abs. 1 BDG ist mit der Ermöglichung einer Kopie erfüllt.

 

3.3.3. Zum Vorwurf der Dienstpflichtverletzung des § 44 Abs. 1 BDG

 

Vorauszuschicken ist, dass ein Verstoß gegen 13.2. des Qualitätsstandards für Gebarungsüberprüfungen - Prozessschritte zum Prüfungsergebnis, Kap. 5 des Prüfungshandbuches des Rechnungshofes vom 01.01.2009, GZ 102.692/004-S5-3/08, vom BVwG nicht festgestellt werden kann, weil diese Bestimmung auf die Erörterung von Prüfungsaussagen abzielt und das Verbot eindeutig auf die Erhaltung der Vertrauensgrundlage zwischen dem RH und der geprüften Stelle abzielt. Dass der Beschuldigte die geprüfte Stelle, diesbezüglich nicht als "Dritten" ansah, ist - nicht zuletzt mangels einer Definition, wer unter Dritte zu verstehen ist - nicht zu widerlegen und nachvollziehbar. Im Übrigen wandte die Verteidigung zu Recht ein, dass ein Verstoß gegen die Weisung des 13.2. nicht vom Verhandlungsbeschluss umfasst ist. Der von der DA ins Treffen geführte § 43 Abs. 1 und 2 BDG sind Auffangbestimmungen die durch die spezielleren Normen des § 46 Abs. 1 und § 44 Abs. 1 BDG verdrängt werden.

 

Anders verhält es sich mit der Anordnung des 13.1.

Qualitätsstandard, der die gesicherte Verwahrung von Verschluss-Unterlagen iVm den §§ 19 - 26 BO-RH fordert. Der Verhandlungsbeschluss umfasst diesen Vorwurf ausdrücklich und ist dieser wie die DA zu Recht anführt - als Verletzung des § 44 Abs. 1 BDG - auch für die Strafbemessung relevant.

 

In dieser Bestimmung ist nicht wie in 13.2. von "Dritten" die Rede, sondern generell von "... der sicheren Verwahrung von Unterlagen im Zusammenhang mit der Erstellung des Prüfungsergebnisses entsprechend deren Schutzwürdigkeit ...". Die Bestimmung spricht auch ganz allgemein vom "... Prüfungsergebnis und entsprechend vertraulicher Dokumente dazu ...".

 

Der noch nicht approbierte RH-Rohbericht war daher materiell als Geheimnis auch gegenüber der geprüften Stelle anzusehen und für den Beschuldigten erkennbar als VERSCHLUSS gekennzeichnet. Gerade hinsichtlich der Anfertigung von Kopien, hat der Beschuldigte - der angab die konkrete Bestimmung zu kennen - klar das Risiko der Weitergabe von Kopien genannt und damit auch erkannt.

 

Damit ist der vom Beschuldigten vertretenen Rechtfertigung, dass erst dass approbierte Prüfungsergebnis (für ihn) schutzwürdig gewesen sei, der Boden entzogen, weil auch Unterlagen dazu - wozu zweifellos Entwürfe gehören - ebenfalls als Verschluss zu behandeln und damit sicher, auch gegenüber der geprüften Stelle, zu verwahren sind. § 19 iVm § 21 der Verschlussbestimmungen auf die in 13.1. Qualitätsstandard verwiesen wird, spricht unmissverständlich davon, dass "... Ergebnisses von Gebarungsprüfungen (Berichts- und Stellungnahmeverfahren) ausnahmslos als Verschluss zu behandeln sind ..." und " ...alle Bediensteten für die sichere Verwahrung der anvertrauten Verschlussstücke verantwortlich sind." Daran ändert auch nichts, dass es im konkreten Fall noch kein Verschlusskuvert gab.

 

Da zum Zeitpunkt der - nach den Beweisergebnissen unstrittigen - Zugänglichmachung der Detailformulierungen (nicht nur die F., sondern auch das Bundesland betreffend), diese dem H. gegenüber noch geheimzuhalten (nicht amtliche Mitteilung zu machen war) und diese damit schutzwürdig waren, liegt der objektive Tatbestand eines Weisungsverstoßes gem. § 44 Abs. 1 BDG iVm 13.1. des Qualitätsstandards für Gebarungsüberprüfungen - Prozessschritte zum Prüfungsergebnis, Kap. 5 des Prüfungshandbuches des Rechnungshofes vom 01.01.2009, GZ 102.692/004-S5-3/08 "Gesicherte Verwahrung der Unterlagen" vor. Alle mit dem Prüfungsergebnis befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des RH - damit auch der Beschuldigte - waren in ihrem jeweiligen Bereich verantwortlich, die Unterlagen im Zusammenhang mit der Erstellung des Prüfungsergebnisses der Schutzwürdigkeit entsprechend sicher zu verwahren; sowie das Prüfungsergebnis und entsprechend vertrauliche Dokumente dazu als Verschlussstück laut den Verschlussbestimmungen und den Sicherungsmaßnahmen der Büroordnung (BO-RH 2008, §§ 19-26) zu behandeln. Durch die Ermöglichung des Zugriffs auf den Rohberichtsentwurf, hat der Beschuldigte dagegen verstoßen.

 

3.3.4. Zur Schuldform:

 

Der Beschuldigte bestreitet, entgegen der Ansicht des DA und der DK, vorsätzlich gehandelt zu haben. Dazu ist festzuhalten, dass bedingter Vorsatz grundsätzlich genügen würde. Der Vorsatz muss sich allerdings immer auf alle Merkmale des objektiven Tatbestandes erstrecken und im Zeitpunkt der Tat vorliegen (Fabrizy, StGB11, § 5 Rz 1).

 

Im Fall des § 46 Abs. 1 BDG (Amtsverschwiegenheit) muss sich der Vorsatz folglich darauf beziehen, gegen die Verschwiegenheitspflicht zu verstoßen und darauf, dass das Verhalten geeignet ist die Vorbereitung einer Entscheidung zu verunmöglichen oder wesentlich zu erschweren.

 

Dass der Beschuldigte die Notwendigkeit der Geheimhaltung zum Zweck der Vorbereitung einer Entscheidung und den bewussten Verstoß dagegen in seinen Vorsatz aufgenommen bzw. ernstlich für möglich hielt, hat sich jedoch nicht ergeben.

 

Die Beweisergebnisse sprechen vielmehr dafür, dass der Beschuldigte der Meinung war den H. einbinden zu dürfen bzw. diesem die Möglichkeit zu geben auf die Formulierungen Einfluss zu nehmen. Der Beschuldigte ging generell von einem fehlenden Geheimnischarakter diesem gegenüber aus, weil die Hauptlinien der Kritikpunkte in der Abschlussbesprechung ohnehin schon bekannt gegeben worden waren, die Zahlen und Tabellen von der geprüften Stelle stammten und dieser aufgrund der Anordnung zum Parteiengehör gem. Qualitätshandbuch Punkt 6.5. ein Stellungnahmerecht zukam. In der Verhandlung kam auch hervor, dass er in Wirklichkeit keinen Unterschied zwischen der Einsichtnahme und dem Anfertigen einer Kopie sah. Die Beteuerung, dass er dem H. vertraute und er ihn nicht als außenstehenden "Dritten" sah, unterstreicht, dass er kein Problem darin gesehen hat, diesen eine Kopie anfertigen zu lassen, damit die Zahlen vom Experten L. überprüft werden konnten. Dass er dagegen nicht davon ausgehen musste, dass der H. den Entwurf kopiert, wenn er den Besprechungsraum verlässt, wird vom BVwG vor dem Hintergrund der Aussagen des Beschuldigten selbst und der Zeugen als bloße Schutzbehauptung gesehen.

 

Auch das zweite Tatbestandselement des § 46 Abs. 1 BDG hat der Beschuldigte nicht in seinen Vorsatz aufgenommen. Er ging nicht davon aus die Vorbereitung einer Entscheidung zu unterlaufen, zu verunmöglichen oder wesentlich zu erschweren, wie die Erläuterungen zum gleichlautenden Art. 20 Abs. 3 B-VG, die zur Auslegung heranzuziehen sind, verlangen.

 

Das Gegenteil war nach den Beweisergebnissen der Fall. Er und auch der Geschäftsführer waren der Meinung, dass - so wie früher - die geprüfte Stelle sich äußern können müsse und so ein abgestimmter und materiell fehlerfreier Bericht im Interesse auch des Prüfers des RH erstellt werden kann. Er hielt eine Änderung im Wege der Vorgesetzten jederzeit für möglich. Er kannte zwar das Risiko verschiedener Versionen von Berichten, vertraute jedoch darauf, dass es sich nicht verwirklich würde, weil er dem H. vertraute und er diesen nicht als außenstehenden Dritten betrachtete. Dass die Entscheidung durch Interventionen beeinflusst werden könnte, schätzte er - obwohl ihm die politische Brisanz des Rohberichtes bewusst war - aufgrund seiner Erfahrungen in der Vergangenheit ebenfalls falsch ein. Er irrte daher über die Tatbildmäßigkeit seines Verhaltens sowohl im Hinblick auf § 46 Abs. 1 BDG als auch Pkt. 13.1. des Qualitätsstandard. Ein Tatbildirrtum schließt Vorsatz aus kann aber, wenn er verschuldet ist zur Strafbarkeit wegen Fahrlässigkeit führen (Fabrizy, StGB11, § 5 Rz 11, 12).

 

Dass er spätestens aufgrund der seit 2009 in Kraft befindlichen Qualitätsstandards (Weisung) hätte wissen müssen, dass auch der geprüften Stelle gegenüber der detaillierte Berichtsentwurf des Rohberichtes als Verschluss schutzwürdig und entsprechend zu behandeln ist, ist ihm als grobe Fahrlässigkeit aber nicht als Vorsatz anzulasten.

 

Wenn dem Beschuldigten unklar gewesen ist, ob die geprüfte Partei eine Kopie des Rohberichtes bzw. Detaileinsicht in die Formulierungen noch vor offizieller Zustellung bekommen durfte, hätte er rückfragen müssen. Die Weisung war ihm seit 2009 bekannt, er war auch Prüfungsleiter in anderen Fällen und war ihm der Hintergrund des Qualitätshandbuches und der damit verbundene Paradigmenwechsel hinsichtlich der Behandlung der geprüften Stellen bekannt. Stattdessen hat er so weiter gemacht wie bisher und seiner eigenen (falschen) Risikoeinschätzung und Auslegung leichtfertig vertraut, obwohl ihm ein rechtskonformes Verhalten durchaus zumutbar gewesen wäre. Da er selbst als Prüfungsleiter befähigt war, die Vorschriften, die Gefahr von verschiedenen Versionen und die politische Brisanz kannte, kann keinesfalls von einer nur leichten Fahrlässigkeit ausgegangen werden. Ein maßgerechter Beamter des RH hätte sich zu einer solchen Nachlässigkeit und Ignoranz nicht hinreißen lassen.

 

3.3.5. Zur Strafbemessung:

 

Sowohl der Beschuldigte als auch die DA rügten die Strafbemessung der belangten Behörde aus unterschiedlichen Gründen. Die DA sah die Strafe aufgrund des unterstellten Eventualvorsatzes und der Begehung mehrerer Delikte als zu niedrig an und verlangte die Entlassung oder zumindest die höchste Geldstrafe (5 MB). Der Beschuldigte wollte - wenn überhaupt von einem Amtsgeheimnis gegenüber dem F. auszugehen war, was bestritten wurde, allenfalls leichte Fahrlässigkeit durch das Liegenlassen und das nichtvorhersehbare Kopieren verwirklicht haben. Die Strafe sei demgegenüber auch unter Berücksichtigung der angeführten Milderungsgründe exzessiv.

 

Das BVwG hat hinsichtlich der Strafbemessung das Folgende erwogen:

 

Das durch das Verhalten des BF beeinträchtigte Rechtsgut ist die Amtsverschwiegenheit und im konkreten Fall, das Vertrauen in die unbeeinflusste objektive Entscheidungsfähigkeit der Vorgesetzten bzw. des Präsidenten des RH, die nicht durch verschieden ausformulierte vorzeitig bekannt gewordene Rohberichtsentwürfe in eine bestimmte Richtung gezwungen werden darf.

 

Der Beschuldigte hat mit seiner Vorgehensweise - das Hinausgeben bzw. sein Einverständnis eine Kopie eines Rohberichtsentwurfes zu ermöglichen, obwohl dieser Entwurf mit der Hierarchie im RH noch nicht abgestimmt und approbiert war - sich selbst, die anderen Mitarbeiter und den Präsidenten des RH (Art 123 B-VG) in der öffentlichen Wahrnehmung, wie mit vertraulichen Unterlagen des RH gegenüber der geprüften Stelle im RH umgegangen wird bzw. wie objektiv Prüfungsergebnisse zu Stande kommen, in Verruf gebracht. Der bloße Anschein, dass die geprüfte Stelle Einfluss auf die konkreten Formulierungen und damit auf die Entscheidung des RH, über das Parteiengehör hinaus, nehmen könnte, ist geeignet einen nicht wiedergutzumachenden schweren Imageschaden herbeizuführen.

 

Dass der offizielle Rohbericht, nur wenige Tage später der F. zur Stellungnahme zugestellt wurde, ändert daran nichts, dass deren Organen im Tatzeitpunkt - vor der Entscheidung über die endgültigen Formulierungen - keine Kopie ermöglicht werden durfte.

 

Die Ansicht, dass im konkreten Fall aufgrund des Verhaltens des Beschuldigten keine schwerwiegenden Folgen eingetreten sind, weil der Bericht nach drei Tagen der F. ohnehin offiziell zugegangen ist, es tatsächlich keine Intervention gegeben hat und erst dieser approbierte Rohbericht medial ausgeschlachtet wurde, wird vom BVwG nicht geteilt.

 

Wenn die geprüfte Stelle von den konkreten Formulierungen weiß, kann sie durch direkte Intervention über den Prüfer, den Prüfungsleiter oder auf noch höhere Entscheidungsebene im RH potentiell Einfluss nehmen. Bereits das Wissen der Entscheidungsträger, dass bereits eine Version des Prüfungsergebnisses beim Geprüften liegt und ein Abgehen von der Meinung und Formulierung des Prüfers einen besonderen Begründungsaufwand erfordern sowie in der (politischen) Öffentlichkeit hinterfragt würde, kann den Entscheidungsvorgang wesentlich erschweren.

 

Die Veröffentlichung des approbierten Rohberichts und mediale Ausschlachtung war von Beschuldigten nicht beeinflussbar, doch wurde auch sein Verhalten zum Anlass genommen, den RH bzw. die Integrität seine Mitarbeiter anzugreifen. Hätte er die Tat nicht gesetzt, hätte es weder ein Strafverfahren noch ein Disziplinarverfahren gegen einen "RH-Beamten" gegeben und der Reputationsverlust wäre nicht in der Schwere eingetreten. Er hat zumindest indirekt zu diesem Vertrauensschaden, der immer mit einer Verschwiegenheitsverletzung einhergeht, beigetragen.

 

Das Vertrauen in die Geheimhaltung (und der damit gewährleisteten Objektivität) ist ein hoher Wert, den der Beschuldigte in seiner Funktion als Prüfungsteammitglied im aktuellen Fall (und als Prüfungsleiter und damit Vorbild in anderen Prüfungsfällen) zu schützen hatte, weil dies eine Grundbedingung einer erfolgreichen und glaubwürdigen Aufgabenerfüllung und damit eine Kernpflicht eines jeden RH-Beamten ist.

 

Die grob fahrlässige Verletzung dieser Kernpflicht indiziert einen hohen Unrechtsgehalt, zumal - wie den Verschlussvorschriften zu entnehmen ist und auch die DA ausgeführt hat - ein hoher Aufwand betrieben wird, um die Vertraulichkeit zu gewährleisten. Ein Aufwand, der, wenn die Mitarbeiter ihrer Verantwortung nicht gerecht werden und leichtfertig mit den Vorschriften umgehen, frustriert wird.

 

Der Verstoß gegen die Amtsverschwiegenheit zur Vorbereitung einer Entscheidung (§ 46 Abs. 1 BDG) war daher als schwerste Dienstpflichtverletzung zu werten, wobei es unerheblich war, dass der dem H. vom Beschuldigten zum Kopieren überlassene Berichtsentwurf nicht jener war, der letztlich einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Entscheidend war, dass dem H. zum Tatzeitpunkt keine amtliche Mitteilung über die detaillierten Formulierungen zu machen gewesen ist und dieser genau davon durch die Kopie Kenntnis erlangte.

 

Erschwerend (gem. § 33 Abs. 1 Z 1 StGB) kommt hinzu, dass er mit seiner Tat gleichzeitig auch gegen die seit 2009 in Kraft befindliche ausdrückliche Weisung in 13.1. Qualitätsstandard und damit gegen § 44 Abs. 1 BDG verstoßen hat, Prüfungsunterlagen unter Verschluss zu halten bzw. sicher zu verwahren.

 

Die Vorgehensweise des Beschuldigten indiziert eine ablehnende bzw. gleichgültige Einstellung hinsichtlich des Erfordernisses der Befolgung von Weisungen zum Umgang mit Verschlussstücken bzw. der Amtsverschwiegenheit gegenüber der geprüften Stelle; nicht jedoch generell gegenüber rechtlich geschützten Werten.

 

Mildernd konnte der bis dahin ordentlicher Lebenswandel bzw. seine Unbescholtenheit (§ 34 Abs. 1 Z 2 StGB) sowie die lange Verfahrensdauer von über fünf Jahren (§ 34 Abs. 2 StGB) zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, die nicht ausschließlich von ihm und seinem Verteidiger zu vertreten war.

 

Dass der Beschuldigte eingestanden hat, mehr Sorgfalt hätte aufwenden sollen, kann ihm Kontext seiner als nicht glaubhaft entlarvten Verantwortung, er habe die Unterlagen unbeaufsichtigt liegen gelassen und nicht vorhersehen können, dass diese allenfalls kopiert werden sowie seiner wechselnden Darstellung der Ereignisse, nicht als reuiges Geständnis oder wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung - und damit als Milderungsgrund (§ 34 Abs. 1 Z 17 StGB) - gewertet werden.

 

Die berufliche Drucksituation (Zeitdruck zur Fertigstellung) und die angeführten private Probleme (Krebserkrankung der Ehefrau) sind keine Umstände die im Kontext des ihm vorgeworfen Verhaltens, einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekämen. Auch dieser Milderungsgrund (§ 34 Abs. 1 Z 11 StGB) lag daher nicht vor.

 

Die Obsorgepflichten stellen, entgegen der Ansicht der DK, ebenfalls keinen Milderungsgrund dar, sondern sind erst nach Zumessung der spezial- und generalpräventiv erforderlichen Strafe, bei der Bewertung der persönlichen und wirtschaftlichen Verkraftbarkeit der verhängten Strafe zu berücksichtigen (dazu unten).

 

Ausgehend von der von der DK, auf Basis der als vorsätzlich angenommenen Dienstpflichtverletzung, verhängten Strafe von ca. 2,5 Monatsbezügen, ist die Strafe aufgrund der nunmehr festgestellten ("nur") Fahrlässigkeit und der zwei dargestellten Milderungsgründe (die die DK ebenfalls berücksichtigt hatte) zu verringern.

 

Aufgrund der festgestellten grob fahrlässigen Verletzung einer Kernpflicht, der Verantwortung des Beschuldigten, der genannten zwei Milderungsgründe und eines Erschwerungsgrundes hält das BVwG aus spezialpräventiver Sicht eine spürbare Geldstrafe in Höhe von 2 Monatsbezügen für angemessen und erforderlich. Nur dank des Überwiegens der Milderungsgründe war die Geldstrafe nicht im obersten Bereich anzusiedeln.

 

Generalpräventiv ist diese Geldstrafe ebenso erforderlich aber auch ausreichend, um den Mitarbeitern des RH vor Augen zu führen, dass auch fahrlässige Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht im § 46 Abs. 1 BDG und der diese gewährleistenden Vorschriften zum Umgang mit Verschlussstücken - auch wenn diese aufgrund nicht erweisbarem Vorsatz zu keiner strafrechtlichen Verurteilung nach § 310 StGB führen - wegen des hohen Schadenspotentials für das Vertrauen in die objektive Entscheidungsfindung des RH, eine schwere Dienstpflichtverletzung darstellen.

 

Von einer exzessiven Strafe kann bei Ausschöpfung von nicht einmal der Hälfte des Strafrahmens von bis zu fünf Bruttomonatsbezügen nicht die Rede sein. Der Ausgang des gerichtlichen Strafverfahrens - Freispruch in erster Instanz und danach Diversion - ist gem. einem Umkehrschluss aus § 95 Abs. 2 BDG für das Disziplinarverfahren, das eine völlig andere Zielsetzung hat, in keinster Weise bindend.

 

Eine Entlassung oder noch höhere Geldstrafe ist weder aus spezialnoch aus generalpräventiven Gründen gerechtfertigt. Der Beschuldigte hat trotz der grob fahrlässigen Vorgehensweise objektiv nur ein einziges Fehlverhalten in seiner langen ansonsten unbeanstandeten Dienstzeit gesetzt. Die daraus resultierende Schädigung des Vertrauens - die vom Eintritt eines Schadens grundsätzlich unabhängig ist - wiegt zwar schwer; erreicht jedoch unter Heranziehung der oben angeführten weiteren Strafbemessungsgründe noch nicht jene "besondere Schwere" die seine Entfernung aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als letztes Mittel erfordern würde, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und das Vertrauen in die rechtskonforme Aufgabenerfüllung des RH aufrecht zu erhalten. Das Vertrauen der Allgemeinheit, aber auch jenes der Verwaltung in seine künftige Dienstführung ist vor dem Hintergrund dieser einmaligen Dienstpflichtverletzungen noch nicht gänzlich zerstört und geht das BVwG davon aus, dass die Verhängung einer empfindlichen Geldstrafe (verbunden mit den bereits vom Beschuldigten zu verantwortenden sonstigen Folgen der in diesem Zusammenhang geführten Verfahrens) als Warnung sowohl für ihn als auch für alle anderen Beamten ausreicht, die in sensiblen Bereichen arbeiten.

 

Wenn der Beschuldigte vermeint, dass aufgrund der über fünfjährigen Suspendierung und des damit - in seiner Gehaltsstufe - verbundenen empfindlichen Einkommensverlustes, auch ein geringere Strafe ausreichen würde, verkennt er, dass er in den vergangenen fünf Jahren auch keinerlei Dienstleistung erbringen musste und die Bezugskürzung lediglich die gesetzliche Konsequenz daraus war.

 

Die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit lassen trotz der - mit der berufstätigen Ehefrau ohnehin geteilten - Obsorgepflichten für die zum Teil schon erwachsenen beiden Kinder und der Kreditrückzahlung von €

500,-/Monat die als spezial- und generalpräventiv als erforderlich angesehene Geldstrafe von 2 Monatsbezügen (Bruttobezug: € 8.046,11) als angemessen und wirtschaftlich verkraftbar erscheinen. Eine Verringerung der als angemessen beurteilten Geldstrafe war daher aus diesem Grund nicht erforderlich und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

 

Der VwGH hatte sich - soweit ersichtlich - noch nicht mit einem fahrlässigen Verstoß gegen § 46 Abs. 1 BDG, insbesondere zur Verschwiegenheitspflicht zur Vorbereitung einer Entscheidung (im RH), zu beschäftigen.

Schlagworte

Amtsgeheimnis, Dienstpflichtverletzung, Entwurf, Geldstrafe, grobe
Fahrlässigkeit, Rechnungshofkontrolle, Weisungsverstoß

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2015:W208.2016899.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2015

Dokumentnummer

BVWGT_20150324_W208_2016899_1_00

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