SFH-13490 Stellungnahme der Generalprokuratur vom 31.3.2016 zur Nichtigkeitsbeschwerde von Dr. Lederbauer vom 11.2.2016 : " Zurück in die erste Instanz..."
Nach Ansicht der Generalprokuratur wäre 1./ aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten DI Dr. Wolfgang L e d e r b a u e r eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO geboten (§ 285e StPO iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO);2./ der Angeklagte mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde auf diese Entscheidung zu verweisen .
Hinterlegt am 07.04.2016 - 08:45
Generalprokuratur beim Obersten Gerichtshof Gs 106/16z, 107/16x, 108/16v – 14 Os 20/16x, 21/16x, 22/16s
DI Dr. Wolfgang L e d e r b a u e r
§§ 159 Abs 1, Abs 5 Z 3 und 4, 161 Abs 1 StGB und weitere strafbarer Handlungen Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht
I./ Urteil vom 16. Dezember 2015 GZ 13 Hv 44/15f-260
II./ Landesgericht für Strafsachen Wien Beschluss vom 30. September 2015 GZ 13 Hv 44/15f-241
III./ Oberlandesgericht Wien Beschluss vom 7. August 2015 AZ 21 Bs 211/15f (GZ 13 Hv 44/15f-220)
Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung (ad I./) Beschwerde vom 30. November 2015 (ON 252; ad II./) „Rekurs" vom 1. September 2015 (ON 229; ad III./) je des Angeklagten Hinterlegt am 07.04.2016 - 08:45 2 Nach Ansicht der Generalprokuratur wäre 1./aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde desAngeklagten DI Dr. Wolfgang L e d e r b a u e r eine Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO geboten (§ 285e StPO iVm § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO);
2./ der Angeklagte mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde auf diese Entscheidung zu verweisen
3./ die als „Rekurs" bezeichnete Beschwerde desAngeklagten vom 1. September 2015 als unzulässig zurückzuweisen (§ 89 Abs 6 StPO).
Mit dem angefochtenen – auch unbekämpft gebliebene Freisprüche enthaltenden – Urteil wurde der Angeklagte DI Dr. Wolfgang Lederbauer des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach den §§ 159 Abs 1, Abs 5 Z 3 und 4, 161 Abs 1 StGB (richtig: A./I./), des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach den §§ 159 Abs 2, Abs 5 Z 3 und 4, 161 Abs 1 StGB (richtig: A./II./)
und des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB (B./) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien A./ als leitender Angestellter „(§ 309 Abs 1 StGB [alt] bzw § 306a Abs 5 StGB [neu])" einer Personengesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, und zwar als persönlich haftender Gesellschafter des Unternehmens Dr. WolfgangLederbauer KEG,
Hinterlegt am 07.04.2016 - 08:45 3 I./ von Ende 2000 bis Mitte 2004 grob fahrlässig dadurch, dass er kridaträchtig handelte, dieZahlungsunfähigkeit der genannte Personengesellschaft herbeigeführt, indem er entgegen Grundsätzen ordentlichenWirtschaftens a./ übermäßigen Aufwand trieb, indem er der genannten Personengesellschaft laufend in Form von Privatdarlehen Mittel entzog, welche er zumindest teilweise für seine privaten Bedürfnisse verwendete, sodass eineunzureichende Ausstattung mit Eigenkapital vorlag;
b./ Geschäftsbücher oder geschäftlicheAufzeichnungen, insbesondere aussagekräftige Kontrollmaßnahmen zu führen unterließ, sodass ein
zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der genannten KEG erheblich erschwert wurde;
II./ „von Mitte April" (richtig: Mitte 2004 [US 14]) bis 20. Jänner 2005 in Kenntnis bzw fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der genannten Personengesellschaft grob fahrlässig die Befriedigung von Gläubigern vereitelt und geschmälert, indem er entgegen Grundsätzen
ordentlichen Wirtschaftens in der zu I./a./ (erg:) und I./b./ [vgl US 12 f] angeführten Weise kridaträchtig handelte;
B./ am 30. April 2001 Prof. Prim. Dr. Otto Rathkolb mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung überTatsachen, nämlich durch die Vorgabe bei Vertragsabschluss, er werde die Darlehensvaluta inklusive Zinsen bis zum 30. Juni 2001 zurückzahlen und benötige den
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Darlehensbetrag, um auslaufende Patente zu verlängern, zurGewährung eines Darlehens in Höhe von 100.000,-- ATSverleitet, was den Genannten in einem 3.000 € übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte.
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, „9a" und „9b" StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Mit Rechtsrüge (Z 9 lit b) behauptet der,Beschwerdeführer – im Ergebnis zutreffend – das Vorliegen von Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO, leitetdiese jedoch aus mit den Bestimmungen über die Verjährung der Strafbarkeit nicht vereinbaren Prämissen zu Verjährungsfristen (vgl § 57 Abs 3 dritter und vierter Fall StGB; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 588) und damit nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab. Demgemäß ist der angesprochene Nichtigkeitsgrund zu Gunsten desAngeklagten von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) wahrzunehmen:
Das Gericht sprach den Angeklagten des mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedrohten, bis Mitte 2004begangenen Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach den §§ 159 Abs 1, Abs 5 Z 3 und 4, 161 Abs 1 StGB (A./I./), des ebenfalls mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedrohten,zwischen Mitte 2004 und 20. Jänner 2005 begangenenVergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von
Hinterlegt am 07.04.2016 - 08:45 5 Gläubigerinteressen nach den §§ 159 Abs 2, Abs 5 Z 3 und 4, 161 Abs 1 StGB (A./II./), und des mit Freiheitsstrafe bis drei Jahren bedrohten, am 30. April 2001 begangenen Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB (B./) schuldig.
Nach § 57 Abs 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist der Strafbarkeit strafbarer Handlungen, die mit mehr als sechsmonatiger, aber höchstens einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, drei Jahre (vierte Alternative) und jener, die mit mehr als einjähriger, aber höchstens fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, fünf Jahre (dritte Alternative).
Die Verjährungsfrist beginnt zu laufen, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Begeht derTäter während der Verjährungsfrist neuerlich eine mit Strafe bedrohte Handlung, die – wie gegenständlich das Vergehen nach § 159 Abs 2 StGB - auf der gleichen schädlichen Neigung beruht, so tritt dieVerjährung nicht ein, bevor auch für diese Ta die Verjährungsfrist abgelaufen ist (§ 57 Abs 2 StGB). Daraus folgt, dass fallgegenständlich die Strafbarkeit sämtlicher dem Angeklagten zur Last liegenden strafbaren Handlungen am 20. Jänner 2008 verjährt wären.
Nach §58 Abs3 2 StGB werden in die Verjährungsfrist die Zeit, während der wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei Gericht anhängig ist (§ 58 Abs 3 Z 2 StGB in den von 1. Mai 2004 bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassungen BGBl I 2004/15 bzw BGBl I Hinterlegt am 07.04.2016 - 08:45 6 2006/56) sowie die Zeit ab Einbringung der Anklage nicht eingerechnet. Der Umstand, dass im Urteil – durchaus indizierte (vgl AV-Bogen S 2 f, ON 20, ON 63) – Feststellungen fehlen,wonach es zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist gekommen ist, macht die rechtliche Beurteilung, die Strafbarkeit der in Rede stehenden strafbaren Handlungen sei nicht verjährt, unschlüssig (RIS-Justiz RS0122332 [T1], Ratz , WK-StPO § 281 Rz 602). Da die Verjährungsfrage keine prozessuale Tatsache betrifft, sind dem Obersten Gerichtshof Feststellungen hiezu verwehrt. Aufgrund der zuerwartenden Feststellungen zu verjährungshemmendenTatsachen scheidet ein sofortiger Freispruch aus ( Ratz , WK- StPO § 288 Rz 24).
In amtswegiger Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO wäre daher das Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hätte, in seinem schuldig sprechenden Teil und demzufolge im Strafausspruch aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.
Der Beschwerdeführer wäre mit seinerNichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Eine Entscheidung über die Beschwerde des Angeklagten vom 30. November 2015 gegen die Abweisung eines Protokollberichtigungsantrages erübrigt sich damit.
Hinterlegt am 07.04.2016 - 08:45 7 Die als „Rekurs" bezeichnete Beschwerde des Angeklagten vom 1. September 2015 gegen den Beschlus des Oberlandesgerichtes Wien vom 7. August 2015,AZ 21 Bs 211/15f, wäre als unzulässig zurückzuweisen, weil die Strafprozessordnung eine Beschwerde gegen die Entscheidungeines Rechtsmittelgerichtes nicht vorsieht (§ 89 Abs 6 StPO)
Um Übermittlung einer Ausfertigung der Entscheidung wird ersucht.
Wien, am 21. März 2016 Der Generalprokurator: i.V. Dr. Christine Sperker Elektronische Ausfertigung gemäß § 79 GOG
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